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Mitwirkungspflicht Arbeitgeber?!

Veröffentlicht:
03.05.2022
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Liebes Expertenteam

Mein Klient hatte im Sommer 2021 einen Arbeitsunfall. Er ist seither zu 100% arbeitsunfähig. 

Für das RAV benötige ich vom Arbeitgeber eine ausgefüllte Arbeitgeberbescheinigung sowie den Arbeitsvertrag und die Lohnabrechnungen. Der Arbeitgeber sendet mir keine Unterlagen zu und reagiert auch nicht auf meine Kontaktversuche (Brief/Mail/Telefon).

Das Gleiche geschieht bei der Zusammenarbeit mit der IV-Stelle. Die IV-Stelle hat beim Arbeitgeber Unterlagen einverlangt - keine Reaktion. 

Was kann ich tun? Welche rechtlichen Schritte kann ich einleiten?

Besten Dank für Ihre Rückmeldung. 

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Guten Tag

Gerne beantworte ich Ihre Frage.

Nach Art. 7c Invalidenversicherungsgesetz  (IVG) wirkt die Arbeitgeberin beim IV-Abklärungsprozess mit. Das IVG hält jedoch nicht fest, welche Konsequenzen die fehlende Kooperation des Arbeitgebers hat.

Ebenfalls eine Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers ist im Arbeitslosenversicherungsrecht vorgesehen. Art. 88  Arbeitslosenversicherungsgesetz (AVIG) in Verbindung mit Art. 28 ATSG verpflichtet die Arbeitgeberin ebenfalls zur Koopoeration mit den zuständigen Behörden des AVIG.

Die beiden genannten Bestimmungen aus dem Sozialversicherungsrecht wirken sich auch auf das Arbeitsvertragsrecht aus. Die Arbeitgeberin ist gestützt auf ihre Fürsorgepflicht (Grundlage u.a. in Art. 328 OR) verpflichtet, den Arbeitnehmer, inbesondere auch den verunfallten Arbeitnehmer zu unterstützen. Das bezieht sich auch auf die Zusammenarbeit mit den Sozialversichderungen (siehe oben). Nun gilt die Fürsorgepflicht grundsätzlich während des Arbeitsverhältnisses. Ihrer Schilderungen entnehme ich, dass Ihr Klient nicht mehr angestellt ist (Arbeitslosenversicherung ist involviert). Nach einer jüngst ergangenen bundesgerichtlichen Entscheidung wirkt die Fürsorgepflicht jedoch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus, d.h. die Arbeitgeberin muss sich auch gestützt auf Art. 328 OR um die fraglichen Dokumente kümmern. Soweit der ARbeitnehmer wegen des Fehlverhaltens der Arbeitgeberin einen Schaden erleidet, wäre eine Schadenersatzklage gestützt auf ARt. 328 in Verb. mit Art. 97 OR möglich.

Zielführender ist, die IV und das RAV aufzufordern, beim Arbeitgeber gehörig Druck auszuüben, damit er seinen Verpflichtungen nachkommt. Der Arbeitnehmer selbst kann den Arbeitgeber ebenfalls entsprechend unter Druck setzen und ihm auch rechtliche Mittel für den Fall verweigerter Kooperation androhen. 

 

Genügen IHnen diese Auskünfte? Mit Dank für die Kenntnisanhme und freundlichen Grüssen

Kurt Pärli