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Minderjährige Personen - Schweigepflichtentbindung

Veröffentlicht:
28.12.2021
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Datenschutz, Persönlichkeitsschutz und Haftung

Guten Tag

Können minderjährige Personen, die eine freiwillige Sozialberatung in Anspruch nehmen, mit ihrer Unterschrift das Einverständnis zur Entbindung der Schweigepflicht geben? Unseres Erachtens ist dies möglich, sofern kein Indiz für eine Urteilsunfähigkeit der Klientin oder des Klienten vorliegt. Ist das richtig?

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Datenschutz, Persönlichkeitsschutz und Haftung

Gutem Tag

Gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt:

Wie Sie richtig erwähnen, können Minderjährige bei für die konkrete Frage vorliegender Urteilsfähigkeit höchstpersönliche Rechte, und dazu ist auch die Entbindung der Schweigepflicht zu verstehen, wahrnehmen.

Nun ist indes zu beachten, dass die Einwilligung zur Entbindung der Schweigepflicht auch auf die Belange beschränkt sein müssen, die das Kind betreffen. Das Kind kann - auch bei vorhandener Urteilsfähigkeit - nicht in die Entbindung der Schweigepflicht einwilligen, die auch die Eltern umfasst. Dazu kommt, dass Eltern für die Erziehung und Betreuung sowie den Unterhalt ihrer Kinder veranwortlich sind, es kann also unter Umständen geboten sein, dass die Eltern von der Entbindung der Schweigepflicht durch das Kind Kenntnis haben.

Wichtig ist weiter Ihr Hinweis, dass es vorliegend um eine Entbindung von der Schweigepflicht im Rahmen einer freiwilligen Sozialberatung geht. Würde sich die Frage im Zusammenhang mit einem ärztlichen Eingriff oder mit einer Kindesschutzmassnahme stellen, wäre je einschlägige gesetzliche Bestimmungen zu prüfen. Weiterführende Informationen zu diesem Thema finden Sie (u.a.) hier:

 Handbuch Kinder im Verfahren, Stellung und Mitwirkung von Kindern in Straf-, Zivil-, Gesundheits-, Schul- und Asylverfahren, Zürich/St. Gallen 2020, S. 251.

Auszüge daraus:

Die Eltern sind für die Betreuung, die Erziehung und den Unterhalt ihres Kindes verantwortlich und haben deshalb ein berechtigtes Anliegen, in den Informationsprozess einbezogen zu werden. Dies kann aber in Konflikt zur ärztlichen Schweigepflicht stehen, die bei einem urteilsfähigen Kind auch gegenüber den Eltern besteht (bspw. betreffend Verschreibung eines Verhütungsmittels).

In sehr schwierigen Situationen, wie z.B. bei Suizidalität oder bei lebensgefährdenden Essstörungen von Minderjährigen, werden es ferner nicht die Kinder sein, die um ärztliche Beratung ersuchen, sondern die Eltern (evtl. auch Lehrpersonen). Zudem können bei psychischen Erkrankungen die Eltern oder manchmal auch die Lehrperson oder die Schule Teil des Konfliktes bzw. ein Mitgrund für die Krankheit sein. Es kommt auch vor, dass die Eltern eine stationäre Behandlung des Kindes in einer psychiatrischen Klinik als eigenes Versagen auffassen und sich deswegen dagegen sträuben. Oder umgekehrt: Eltern stimmen einer fürsorgerischen Unterbringung, die durch einen Arzt oder eine Ärztin empfohlen wird, rasch zu, weil sie sich vor dem Kontakt mit den Behörden und allfälligen Massnahmen fürchten.

Genügen Ihnen diese Auskünfte? Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen

Kurt Pärli