Zum Inhalt oder zum Footer

Mietzinskaution

Veröffentlicht:
14.01.2022
Kanton:
Zug
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Ein Klient ist aus der Gemeinde weggezogen und wir haben ihm die Mietzinskaution für die neue Wohnung von Fr. 7'200.00 bezahlt. Dem Vermieter haben wir eine Zahlungsanweisung gesendet, dass er bei Auflösung des Mietverhältnisses uns den Betrag überweisen muss.

Der Klient ist am 1.11.2021 erneut umgezogen. Nach Rücksprache mit dem Vermieter hat er dem Mieter (Klient) bereits vor einem Jahr Fr. 4'490.00 aus der Mietzinskaution bezahlt, da der Mieter über finanzielle Schwierigkeiten geklagt hat.

Der restliche Betrag der Mietzinskaution wurde für die Wiederherstellung der Wohnung benötigt. Über diesen Betrag liegt uns eine Rechnung vor.

Unsere Frage ist nun, bei wem können wir die Fr. 4'490.00 einfordern. Beim Vermieter oder beim Mieter.

Vielen Dank für die Rückmeldung.

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Vielen Dank für Ihre Frage. Darf ich in einem ersten Schritt eine Ergänzungsfrage stellen? 

Hat der Klient die damalige Zahlungsanweisung an den Vermieter unterzeichnet?

Vielen Dank für Ihre Unterstützung.

Freundliche Grüsse

Anja Loosli Brendebach

Guten Tag Frau Loosli

Die Zahlungsanweisung hat der Mieter und wir unterschrieben. Diese Zahlungsanweisung haben wir dem Mieter eingeschrieben gesendet.

Freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Vielen Dank für Ihre Antwort. Ich beantworte Ihre Frage demnach wie folgt:

Die Frage der Rechtsfolge einer Zahlungsanweisung ist grundsätzlich eine privatrechtliche und keine sozialhilferechtliche Frage. Da es für die Sozialhilfe jedoch von grosser Bedeutung ist, wem gegenüber sie eine Forderung geltend machen muss, versuche ich ihre Frage zu beantworten.

Sie führen aus, dass eine schriftliche Zahlungsanweisung an den Schuldner gemacht worden sei. Handelt es sich rechtlich tatsächlich um eine solche, gelten untenstehende Ausführungen. Handelt es sich entgegen der Bezeichnung nicht um eine Zahlungsanweisung sondern um eine Abtretung, so gelten die Ausführungen nach dem Fazit.

Durch die Anweisung wird der Angewiesene ermächtigt, Geld, Wert­papiere oder andere vertretbare Sachen auf Rechnung des An­weisen­den an den Anweisungsempfänger zu leisten, und dieser, die Leistung von jenem in eigenem Namen zu erheben (Art. 466 des Obligationenrechts, OR). Zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen bewirkt die Anweisung an sich keine vertragliche Bindung, denn sie bedarf keiner Annahme durch den Angewiesenen. Der Angewiesene muss den angewiesenen Betrag somit nicht zwingend an den Anweiungsempfänger bezahlen. Der Angewiesene, der allerdings dem Anweisungsempfänger die Annahme ohne Vorbehalt erklärt, wird ihm zur Zahlung verpflichtet und kann ihm nur solche Einreden entgegensetzen, die sich aus ihrem persön­lichen Verhältnisse oder aus dem Inhalt der Anweisung selbst erge­ben, nicht aber solche aus seinem Verhältnis zum Anweisenden (Art. 468 Abs. 1 OR). Soweit der Angewiesene Schuldner des Anweisenden ist und seine Lage dadurch, dass er an den Anweisungsempfänger Zahlung leisten soll, in keiner Weise verschlimmert wird, ist er zur Zahlung an diesen verpflichtet (Art. 468 Abs. 2 OR). Vor der Zahlung die Annahme zu erklären, ist der Angewiesene selbst in diesem Falle nicht verpflichtet, es sei denn, dass er es mit dem Anweisenden vereinbart hätte (Art. 468 Abs. 3 OR).  Verweigert der Angewiesene die vom Anweisungsempfänger gefor­derte Zahlung oder erklärt er zum Voraus, an ihn nicht zahlen zu wol­len, so ist dieser bei Vermeidung von Schadenersatz verpflichtet, den Anweisenden sofort zu benachrichtigen (Art. 469 OR).

Mit der vorliegenden vom Klienten unterzeichneten Zahlungsanweisung wurde der Vermieter als Angewiesener angehalten, die Mietkaution bei Beendigung des Mietvertrags an die Sozialhilfe als Anweisungsempfängerin statt an den Klienten (Anweisender) zu bezahlen. Grundsätzlich wurde der Vermieter damit nur ermächtigt und nicht verpflichtet, die Zahlung an die Sozialhilfe zu leisten. Hat der Vermieter sich ausdrücklich einverstanden erklärt, ist er der Sozialhilfe als Zahlungsempfängerin zur Zahlung verpflichtet. Die Sozialhilfe kann bei dieser Fallkonstellation die Zahlung vom Vermieter grundsätzlich verlangen. Hat der Vermieter gegenüber der Sozialhilfe nie die Annahme der Zahlungsanweisung erklärt, dann ist er trotz Zahlungsanweisung grundsätzlich nicht verpflichtet, die Zahlung an die Sozialhilfe zu leisten. Anders kann es nur dann sein, wenn der Vermieter Schuldner des /Klienten als Anweisendem ist und die Zahlung an die Sozialhilfe seine Lage in keiner Weise verschlimmert würde (Art. 488 Abs. 2 OR). Diese Einordnung ist meiner Meinung nach schwierig. Nach Art. 257e OR müssen Sicherheiten des Mieters von Wohnräumen bei einer Bank auf einem Sparkonto oder Depot auf den Namen des Mieters hinterlegt werden. Die Bank darf die Sicherheit nur mit Zustimmung beider Parteien oder gestützt auf einen rechtskräftigen Zahlungsbefehl oder ein rechtskräftiges Gerichtsurteil herausgeben. Hat der Vermieter innerhalt eines Jahres keinen Anspruch gegenüber dem Mieter geltend gemacht, so kann dieser von der Bank die Rückerstattung verlangen. Die Schuld auf Rückzahlung des Vermieters entsteht somit frühestens im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses und kann nicht zwingend umgehend durchgesetzt werden.

Vorliegend hat der Vermieter der teilweisen Auflösung des Kautionskontos aber offenbar vor Ende des Mietverhältnisses zugestimmt, in einem Zeitpunkt also, als er noch keine Rückzahlungsschuld gegenüber dem Mieter/Klienten hatte. Ob durch den teilweisen Verzicht auf die Kaution eine umgehende Schuld des Vermieters zur Rückzahlung entstand und damit zur Bezahlung an die Sozialhilfe, konnte ich nicht restlos klären. Demnach lässt sich für mich nicht abschliessend beurteilen, ob der Vermieter – wenn er gegenüber der Sozialhilfe nicht ausdrücklich die Zahlungsanweisung angenommen hat – zur Rückzahlung der Kaution an die Sozialhilfe rechtlich verpflichtet ist und ob die Bezahlung von ihm verlangt werden kann. Kann dies nicht mit Sicherheit geklärt werden, besteht ohne Weiteres die Möglichkeit, die hinterlegte Kautionssumme vom Mieter/Klienten zurückzuverlangen, ist er doch aufgrund der teilweisen Zahlung der Kaution an ihn in ungerechtfertigter Weise bereichert (Art. 62 OR). Zudem hat er der Sozialhilfe Einnahmen während der Unterstützung verschwiegen und ist auch deshalb rückerstattungspflichtig (§ 25 Abs. 3 Sozialhilfegesetz, SHG, BGS 861.4).

Fazit: Hat der Vermieter gegenüber der Sozialhilfe die Zahlungsanweisung angenommen, ist er nach Beendigung des Mietvertrages zur Rückzahlung der restlichen Mietkaution an die Sozialhilfe verpflichtet. Die Sozialhilfe kann dann die Zahlung an sie verlangen, auch wenn der Vermieter das Geld bereits an den Klienten ausbezahlt hat. Hat der Vermieter gegenüber der Sozialhilfe die Zahlungsanweisung nicht angenommen, so ist es aufgrund des Sachverhalts (teilweise Auszahlung der Mietkaution vor Beendigung des Mietvertrages) für mich nicht abschliessend einschätzbar, ob die Rückzahlung der Mietkaution rechtlich durchsetzbar vom Vermieter verlangt werden kann. In diesem Fall empfehle ich, das Geld vom (ehemaligen) Klienten zurückzuverlangen und allenfalls mittels Rückerstattungsverfügung durchzusetzen.

Hat der ehemalige Klient und die Sozialhilfe rechtlich keine Zahlungsanweisung sondern eine Abtretung der Forderung nach Art. 164 ff. OR vereinbart, so kann der Vermieter sich nur gültig von seiner Schuld befreien, in dem er an den Mieter die Kaution zurückbezahlt. In diesem Fall kann die Sozialhilfe die Bezahlung der Kautionssumme im Umfang, in dem sie nicht für Schäden verwendet wird, beim Vermieter verlangen.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben weiterhelfen zu können.

Freundliche Grüsse

Anja Loosli Brendebach