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Mehrere Fragen bez. Unterstützungswohnsitz, Heimfinanzierung

Veröffentlicht:
07.09.2020
Kanton:
Luzern
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag

Folgende Situation liegt vor:

Ein ca. 73-jähriger Patient lebte von seinem 20. bis zu seinem 67. Lebensjahr in der CH. Hat während dieser Zeit meistens gearbeitet und bezieht seit der Pensionierung eine AHV und PK-Rente (rund 2700.- Fr. / Mt.). Er ist ursprünglich aus einem EU-Staat und hat die Schweizer Staatsbürgerschaft erworben. Mit 67 ist er wieder in sein ursprüngliches Heimatland ausgewandert. Zuerst erhielt er EL, als er Vermögen erbte, wurden diese eingestellt. 2/3 des Erbes hat er an gemeinnützige Institutionen gespendet (noch vorhandenes Vermögen ca. 100'000 Fr.).

Anfangs August dieses Jahres ist er in Luzern aufgetaucht, hat drei Nächte im Hotel geschlafen, hat sich dann wegen Beschwerden in den Notfall des Spitales begeben (Aufenthaltsdauer ca. 6 Std.) und ist von dort in die Psychiatrie eingewiesen worden.

Der Patient kann nicht entlassen werden, da er behandlungsbedürftig ist. Er selbst möchte keinesfalls in sein Heimatland zurück, sondern in der Schweiz bleiben.

Die erste Frage, die sich stellt, ist: wer bezahlt seinen Aufenthalt in der Klinik (und später den Heimaufenthalt) bzw. wo kann er seinen Wohnsitz anmelden bzw. begründen (ohne dass er eine feste Bleibe hat), und somit auch eine KK-Versicherungspolice abschliessen?

Die zweite Frage, die sich stellt, ist: aufgrund dessen, dass er wahrscheinlich nicht in einer (Alters-)Wohnung, sondern in einem Altersheim wohnen möchte, wie wirken sich die vor ein paar Jahren grosszügig getätigten Spenden auf die Finanzierung des Heimplatzes (über EL) aus?

Besten Dank im Voraus für Ihre Antwort

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Abend Herr Maini

Gerne beantworte ich Ihre Anfrage. Zunächst zur zuständigkeitsrechtlichen Fragestellung:

Geht es um die Frage der Zuständigkeit zur Ausrichtung der wirtschaftlichen Hilfe, ist ZUG massgebend. Dabei gibt es zwei rechtliche Herangehensweisen, je nachdem mit welcher Absicht er nach Luzern gekommen ist. Nach Ihren Ausführungen gehe ich davon aus, dass er seinen Wohnsitz im Ausland aufgegeben hat, als er in die Schweiz eingereist ist. Falls dem anfänglich nicht so war, bitte ich Sie um entsprechende Mitteilung, da die Rechtslage sich dann etwas anders verhält.

Erste Möglichkeit: Er kam mit der Absicht, dauernd, oder zumindest längerfristig, in Luzern zu bleiben. In diesem Fall hat er nach Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 ZUG Unterstützungswohnsitz in Luzern begründet, auch wenn es nur um einen Hotelaufenthalt handelte. Die weiteren Entwicklungen mit Aufsuchen des Spitalnotfalls, anschliessender Hospitalisation in der Psyhiatrie und womöglich anschliessender Heimunterbringung vermag den Unterstützungswohnsitz nicht mehr zu verändern. Da das Luzerner SHG innerkantonal auf das ZUG verweist (§ 16 Abs. 1 Satz 1 SHG LU), spielt es keine Rolle, ob sich Spital und/oder Heim im Kanton Luzern oder ausserhalb befinden. D.h. die Stadt Luzern ist und bleibt zuständig, wenn er von der UPK in ein Heim wechselt. Anders würde es sich verhalten, wenn er die UPK verlassen würde und in einer anderen Gemeinde eine reguläre Wohnung, d.h. ohne Betreuungssetting, beziehen würde. Damit würde dann die Zuständigkeit der Stadt Luzern beendet werden (Art. 9 Abs. 1 und 3 ZUG).

Zweite Möglichkeit: Er hatte nicht die Absicht in Luzern zu bleiben bzw. betrachtete Luzern als vorübergehende Station. In diesem Fall hätte er nur Aufenthalt im Sinne von Art. 12 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 11 ZUG begründet. Durch die Einweisung in die Psychiatrie vermochte das Spital einen Aufenthalt am Spitalstandort (Ort von Ihnen nicht erwähnt) zu begründen. Denn sowohl nach Art. 11 ZUG im interkantonalen und Art. 16 Abs. 3 SHG LU im innerkantonalen Verhältnis gilt Folgendes:

Art. 16 Abs. 3 SHG LU:
Ist eine offensichtlich hilfebedürftige Person, insbesondere wegen einer Erkrankung oder eines Unfalls, auf ärztliche oder behördliche Anordnung in eine andere Einwohnergemeinde verbracht worden, gilt diejenige Gemeinde als Aufenthaltsgemeinde, von der aus die Zuweisung erfolgte.

Art. 11 ZUG:
Ist eine offensichtlich hilfsbedürftige, insbesondere eine erkrankte oder verunfallte Person auf ärztliche oder behördliche Anordnung in einen andern Kanton verbracht worden, so gilt der Kanton als Aufenthaltskanton, von dem aus die Zuweisung erfolgte.

D.h. während des Psychiatrieaufenthaltes ist der Standortkanton bzw. die Standortgemeinde des Spitals zuständig, da die Zuweisung vom Spital aus erfolgte. Wie es sich anschliessend mit dem Heimaufenthalt verhält, hängt davon ab, ob der Klient selbständig die Wahl trifft oder wiederum auf ärztliche Anordnung eine Verbringung erfolgt. Im letzteren Fall leitet sich der Kanton bzw. die Gemeinde vom Ort bzw. Kanton der Zuweisung ab. Im ersteren Fall würde der vom Klienten gewählte (Heimstandort-)Kanton bzw. die vom ihm gewählte (Heimstandort-)Gemeinde zuständig werden.

Immerhin gilt im Fall, wo der Zuweisungskanton die Zuständigkeit trifft, dass dieser sich die Kosten vom Aufenthaltskanton ersetzen lassen kann, sofern Hinweise bestehen, dass der Klient beim Aufsuchen des Spitals den Aufenthaltskanton nicht aufgeben wollte (vgl. Urteil des Bundesgerichts 8C_852/08 vom 25.2.09 Erw. 3.3). Das Urteil lässt sich auch auf das innerkantonale Verhältnis übertragen.

Nach dem Gesagten fällt die sozialhilferechtlich Zuständigkeitsordnung im vorliegenden Fall unterschiedlich aus, da abhängig von der Absicht des Klienten am Anfang als er in der Stadt Luzern logierte.

Nun zur nächsten Frage zum Abschluss einer KK-Police. Für diese Frage ist nicht das ZUG bzw. SHG LU massgebend. Es handelt sich vielmehr um eine sozialversicherungsrechtliche Frage. Nach Art. 3 Abs. 1 KVG gilt Folgendes:

Jede Person mit Wohnsitz in der Schweiz muss sich innert drei Monaten nach der Wohnsitznahme oder der Geburt in der Schweiz für Krankenpflege versichern oder von ihrem gesetzlichen Vertreter beziehungsweise ihrer gesetzlichen Vertreterin versichern lassen.

Nach Art. 1 KVV ist für die Wohnsitznahme der zivilrechtliche Wohnsitz nach Art. 23 – 26 ZGB massgebend. Von der Versicherungspflicht ausgenommen, sind u.a. Personen, die sich ausschliesslich zur ärztlichen Behandlung oder Kur in der Schweiz aufhalten – wovon ich in Ihrem Fall aber nicht ausgehe (siehe am Anfang oben). Besondere Bestimmungen gibt es noch für ausländische Personen, die jedoch hier aufgrund der schweizerischen Staatsbürgerschaft nicht massgebend sind.

Wie sich der zivilrechtlicher Wohnsitz bestimmt, hängt es wiederum davon ab, mit welcher Absicht der Klient in die Schweiz gereist ist.

Bei der ersten Möglichkeit (s.o.) ist Art. 23 Abs. 1 ZGB massgebend, wodurch die Stadt Luzern zum zivilrechtlichen Wohnsitz wird und die anschliessende Entwicklung mit Spital- und Heimaufenthalt nach derselben Bestimmung i.d.R. keine Veränderung zu bringen vermag.

Bei der zweiten Möglichkeit (s.o.) ist aber Art. 24 Abs. 2 ZGB heranzuziehen. Danach gilt Folgendes:

Ist ein früher begründeter Wohnsitz nicht nachweisbar oder ist ein im Ausland begründeter Wohnsitz aufgegeben und in der Schweiz kein neuer begründet worden, so gilt der Aufenthaltsort als Wohnsitz.

Insoweit wird der jeweilige Aufenthaltsort massgebend für den zivilrechtlichen Wohnsitz. Im Unterschied zum ZUG und SHG LU kennt das ZGB keine Regelung bei Verbringung aufgrund ärztlicher Anordnung, so dass von diesem Umstand kein zivilrechtlicher Wohnsitz abgeleitet werden kann.

Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass im Zivilrecht (auch ein Unterschied zum ZUG und SHG LU) noch eine weitere Möglichkeit besteht, nämlich der Wohnsitz am Sitz der Erwachsenenschutzbehörde, wenn eine volljährige Person sich unter umfassender Beistandschaft befindet (Art. 26 ZGB).

Für die Krankenversicherung ist v.a. wichtig, dass die 3-monatige Frist (nach Wohnsitznahme) für die Anmeldung eingehalten wird, damit die Kosten rückwirkend übernommen werden. Übernimmt die Krankenkasse die Kosten, muss die Sozialhilfe Spitalbeitrag, Franchise, Selbstbehalt übernehmen.

Zu guter Letzt zur Frage der EL, dazu noch kurz. Es stellt sich die Frage, ob die EL die Spenden als Verzichtsvermögen im Sinne von Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG anrechnen. In diesem Fall würde das Vermögen so angerechnet, als wäre es noch vorhanden. D.h. es würde vom nach Abzug Vermögensfreibetrag verbleibenden Gesamtvermögen (vorhandenes Vermögen und Verzichtsvermögen) ein jährlicher Einkommensverzehr angerechnet (= Bruchteil des Vermögens vgl. dazu Art. 11 Abs. 1 lit. c ELG). Das Verzichtsvermögen wird aber nicht voll eingesetzt, sondern es wird vermindert, und zwar um 10'000 pro Jahr seit dem Verzichtsvorgang bzw. ein Jahr darauf ab 1.1. (Art. 17a ELG).

Damit die EL ein entäussertes Vermögen als Verzichtsvermögen einstufen dürfen, muss die Entäusserung ohne Rechtspflicht oder zwingenden Grund erfolgt sein, oder wenn keine gleichwertige Gegenleistung vereinbart wurde (Rz. 3481.02 Wegleitung über die Ergänzungsleistungen, WEL). Dies wäre bei der Spende zu untersuchen. Würden die Spenden als Verzichtsvermögen angerechnet und würde die EL die Heimkosten nicht mehr vollfinanzieren können, müsste die Sozialhilfe ergänzend unterstützen.

Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen ermöglicht zu haben, im vorliegenden Fall die richtigen Schlüsse zu den diversen Fragen zu ziehen.  

Freundliche Grüsse
Ruth Schnyder

P.S. Hier geht es zu einer Anschlussfrage und deren Beantwortung.

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Antwort auf die separat gestellte Anschlussfrage (siehe Link im P.S. vorstehend):

Guten Morgen Frau Wildrich

Bei Ihrer Anschlussfrage geht es um die Frage des zivilrechtlichen Wohnsitzes, welcher u.a. für die KVG-Unterstellung massgebend ist. Es geht darum zu entscheiden, ob der aktuelle Aufenthalt (Klinikaufenhalt) Grundlage für den zivilrechtlichen Wohnsitz bildet. Dabei ist in einem ersten Schritt auszuschliessen, dass zuvor kein zivilrechtlicher Wohnsitz bestand, andernfalls dieser als fiktiver Wohnsitz weiterbestehen würde (Art. 24 Abs. 1 ZGB). Für diesen Zweck ist die vorangehende Zeit anzuschauen. Dabei ist zu untersuchen, ob der Klient nach Einreise in die Schweiz in einer bestimmten Schweizer Gemeinde (gemäss Ihren Angaben in nur einer Gemeinde und dies nur wenige Tage) die Absicht dauernden Verbleibens manifestiert hat.  Die Absicht, an einem Ort dauernd zu verbleiben, ist zu bejahen, wenn der Ort, wo die Person verweilt, nach den gesamten Umständen als Mittel- oder Schwerpunkt ihrer Lebensbeziehungen erscheint. Dabei ist der Wille ein wichtiges Kriterium (an die Urteilfähigkeit sind geringe Anforderungen zu stellen, BGE 141 V 530 Erw. 5.2). Entscheidend ist aber, ob sich dieser anhand der äusseren Umstände validieren lässt bzw. auf welchen Ort die äusseren Umstände schliessen lassen. Nehmen wir die Stadt Luzern: Das Unterkommen im Hotel entspricht von aussen gesehen einer losen Beziehung zur Stadt und führt zur Annahme, dass jemand nicht bleiben will somit nur Aufenthalt hat. Wenn aber äussere Hinweise sichtbar sind, dass die Person in der Stadt Luzern Fuss fassen wollte, z.B. indem sie sich beim Einwohneramt zur Registrierung anmeldete, eine Wohnung in Luzern suchte, Beziehungen zu Verwandte, Freunde in Luzern pflegte, alle persönlichen Effekten bei sich hatte, dann hat sie zivilrechtlichen Wohnsitz in der Stadt Luzern begründet. Dieser würde dann solange fortdauern, als sie an einem neuen Ort zivilrechtlichen Wohnsitz begründet (Art. 24 Abs. 1 ZGB). Da aber in der Regel am Ort des Spital- und Heimaufenthalts kein Wohnsitz begründet werden kann, würde also Luzern weiterhin als (fiktiver) zivilrechtlichen Wohnsitz dienen, bis nach Art. 23 ZGB ein neuer zivilrechtlicher Wohnsitz begründet wird. Wie bereits oben erwähnt, unterscheidet sich das ZUG in diesem Punkt vom ZGB.  

Ist es aber so, dass seit Einreise in die Schweiz kein Ort ausgemacht werden kann, wo der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen festgemacht werden kann, und auch im Ausland kein zivilrechtlicher Wohnsitz mehr besteht, dann ist es in der Tat so, dass der aktuelle Aufenthalt Anknüpfung für den zivilrechtlichen Wohnsitz bildet. Befindet sich die betreffende Person im Spital, dann wäre der Standortkanton des Spitals zuständig, die betreffende Person nach KVG zu versichern. Wie bereits in meiner ersten Antwort erwähnt, gilt eine Frist für die Anmeldung der KVG-Versicherung. Zögern sie nicht für die Einreichung wegen der Wohnsitzfrage, da die Frist auch durch Einreichung bei der allenfalls unzuständigen Stelle gewahrt werden kann (Art. 29 Abs. 3 ATSG).

Bei dieser Gelegenheit möchte ich meine Ausführungen zur Zuständigkeit nach ZUG (Sozialhilfe), wenn kein Unterstützungswohnsitz, sondern nur Aufenthalt nach Art. 11 ZUG vorliegt, präzisieren. Meine Präzisierung betrifft die Situation, wo jemand neben dem Ort, von wo aus die Zuweisung erfolgte, noch einen effektiven Aufenthaltsort vorweisen kann. Ich habe daher folgende Ergänzung in Bezug auf die Ausführungen zum «Zuweisungskanton» vorgenommen und auch bei der ersten Antwort vom 15.9.20 in kursiver Schrift eingefügt:

Immerhin gilt im Fall, wo der Zuweisungskanton die Zuständigkeit trifft, dass dieser sich die Kosten vom Aufenthaltskanton ersetzen lassen kann, sofern Hinweise bestehen, dass der Klient beim Aufsuchen des Spitals den Aufenthaltskanton nicht aufgeben wollte (vgl. Urteil des Bundesgerichts 8C_852/08 vom 25.2.09 Erw. 3.3). Das Urteil lässt sich auch auf das innerkantonale Verhältnis übertragen.

Auch zu einem allfälligen Vermögensverzicht bei der EL möchte ich folgende Ergänzungen machen: Stuft die EL die Spende als Vermögensverzicht ein, müsste die EL dennoch von einer Anrechnung absehen, wenn die betreffende Person im Zeitpunkt der Spende nicht urteilsfähig war (Urteil Bundesgericht 9C_934/2009 vom 28.4.2010 E.5.1).

Ich hoffe, Ihnen helfen diese Ausführungen weiter, ansonsten dürfen Sie sich gerne wieder melden. In diesem Fall bitte ich Sie, mir zusätzlich eine E-Mail mit Ihren Kontaktdaten zu schicken (ruth.schnyder@hslu.ch), damit ich gegebenenfalls mit Ihnen Kontakt aufnehmen kann.

Freundliche Grüsse

Ruth Schnyder

Guten Abend Frau Schnyder

Gerne verweise ich auf unser Telefongespräch, um die weiteren Fragestellungen zu thematisieren.

Besten Dank und freundlicher Gruss

T. Maini

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Abend Herr Maini

Sie haben mir mitgeteilt, dass der Klient ursprünglich woandershin wollte, jedoch sich dagegen entschied und dann nach Luzern bzw. Stadt Luzern ging, wo er das Hotelzimmer bezog. Er hatte sehr wohl die Absicht, sich in der Stadt Luzern niederzulassen, jedoch war er aus psychischen Gründen nicht in der Lage seinen Willen sofort zu realisieren. Wegen der psychischen Gründe ging er denn auch nach wenigen Tagen in die Klinik. Die Erkennbarkeit, d.h. die äusseren Elemente die auf eine Wohnsitzbegründung schliessen lassen, ist in Ihrem Fall generell eine Schwierigkeit. Bei solchen Personen wie Ihrem Klienten dürfen aber nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden. Argumentieren Sie mit seinen ursprünglichen Absichten sowie der psychischen Erkrankung.

Nimmt man unter diesen Umständen an, dass bei ihm die Absicht dauernden Verbleibens ursprünglich in der Stadt Luzern lag, was aus meiner Sicht vertretbar ist, bedeutet das Folgendes:

-          Zivilrechtlich (Art. 23 ZGB): Er hat Wohnsitz in der Stadt Luzern, da der Klinikaufenthalt nach Begründung des Wohnsitzes in Luzern den bisherigen nicht beenden lässt. D.h. der Wohnsitz bleibt in der Stadt Luzern.

-          Sozialhilferechtlich (Art. 4 ff. ZUG): Er hat den Unterstützungswohnsitz in der Stadt Luzern. Die Klinikaufenthalte ändern auch hier nichts.

-          Registerrechtlich/Einwohneramt (Bundesgesetz über die Registerharmonisierung [RHG] und Registergesetz Kanton Luzern):

Das Bundesrecht unterscheidet Niederlassungsgemeinde und Aufenthaltsgemeinde. Die Niederlassungsgemeinde ist nach Art. 3 Abs. 1 lit. a RHG folgendermassen definiert:

Die Gemeinde, in der sich eine Person in der Absicht dauernden Verbleibens aufhält, um dort den Mittelpunkt ihres Lebens zu begründen, welcher für Dritte erkennbar sein muss.

Das Luzerner Registerrecht spricht anstelle von der Niederlassungsgemeinde vom Hauptwohnsitz und definiert diesen wie folgt: Hauptwohnsitz im Sinn dieses Gesetzes hat eine Person in der Gemeinde, in der sie beabsichtigt, dauernd zu verbleiben, um dort den Mittelpunkt ihres Lebens zu begründen. D.h. es ist also eine vergleichbare Rechtslage wie Bundesrecht, das meiner Meinung nach vorgeht.

Eine Aufenthaltsgemeinde kann jedenfalls erst begründet werden, wenn jemand mehr als 3 Monate an einem Ort sich aufhalten will (Art. 3 Abs. 1 lit. c RHG), was vorliegend mir nicht der Fall scheint.         

Ohne weitere vertiefte Prüfung des Registerrechts sollte eine Anmeldung in Luzern möglich sein. Allenfalls könnte ein Problem darstellen, dass sich der Klientin nicht mehr tatsächlich in der Stadt Luzern aufhält. Falls diese verweigert wird, muss die Behörde dies rechtlich begründen und auch aufzeigen, was die Alternative wäre.

 

Falls die Absicht dauernden Verbleibens abgelehnt würde, dann bedeutet dies in Anlehnung an meine erste Antwort Folgendes:

-          Zivilrechtlicher Wohnsitz: Leitet sich von der Aufenthaltsgemeinde ab. Dafür ist eine registerrechtliche Anerkennung bzw. polizeiliche Anmeldung nicht erforderlich. Es gilt die tatsächliche Anwesenheit. Hinweis: Für die Anmeldung bei der Krankenkasse sollte also nicht zugewartet werden.

-          Sozialhilferechtlich: Grundsätzlich ist die Aufenthaltsgemeinde zuständig, ausser es kommt die Ausnahmebestimmung der ärztlichen Verbringung zur Anwendung. Ist die Zuständigkeit zwischen Luzerner Gemeinden streitig, dann muss jene Gemeinde vorleisten, bei welcher als Erstes das Unterstützungsgesuch gestellt wurde (§ 16 Abs. 5 SHG)

-          Registerrechtlich (polizeiliche Anmeldung): Nach 3 Monaten erfolgt der Eintrag als Aufenthaltsgemeinde, allenfalls sogar als Niederlassungsgemeinde.

Abschliessend möchte ich festhalten, dass für erwachsenenschutzrechtliche Massnahmen Art. 442 ZGB massgebend ist, wonach sich die Zuständigkeit der KESB nach dem zivilrechtlichen Wohnsitz richtet. Wobei aus der Sicht des Erwachsenenschutzes an die Begründung des Wohnsitzes am Standort der Einrichtung keine hohen Anforderungen gestellt werden (dazu Diana Wider zu Art. 442, Randziffer 6, im Kurzkommentar ZGB, Hrsg. Andrea Büchler, Dominique Jakob, 2. Auflage).

Ich hoffe, dass meine weiteren Ausführungen Ihnen im konkreten Fall weiterhelfen.

Freundliche Grüsse

Ruth Schnyder