Sehr geehrter Herr Pärli
Einer Klientin wurde ihre Nebenanstellung in einer Kita gekündigt. Nun kommt es zu einer umstrittenen Lohnrückforderung. Konkret streiten sich die Parteien darüber, ob die Klientin im Monats- oder Stundenlohn angestellt sei. Faktisch wurde sie seit Anstellung mit einem fixen Monatlsohn (13x) entlöhnt. Im Zusammenhang mit der Kündigung und der Forderung der Klientin, nicht bezogene Ferientage ausbezahlt zu erhalten, hat der Arbeitgeber nun den Vertrag aber offenbar nochmals studiert und kam zum Schluss, dass die Klientin eigentlich im Stundenlohn angestellt sei und für zu wenig gearbeitete Stunden Lohn zurückzahlen müsste. Tatsächlich hat die Klientin monatliche Stundenrapporte abgegeben, die Stunden sind aber auf der monatlichen Lohnabrechnung nie erwähnt, der Lohn ist in der Abrechnung als "Monatslohn" deklariert.
Im Vertrag steht allerdings:
Arbeitspensum: 15%
Lohn: bei 100% CHF 5079.85 brutto x 13
Die Entlöhnung erfolgt im Stundenlohn. Die Entlöhnung des Ferien- und Feiertagsanspruchs beträgt 10,64%. Der 13. Monatslohn wird mit 8.33% ausbezahlt.
Gestützt darauf soll die Klientin nun für 2019 29 Minusstunden und für 2020 bis zum Ablaufen Kündigungfrist gemäss Arbeitsplanung 20 Minusstunden zurückerstatten, die Ferien seien abgegolten.
Dazu unsere Fragen:
1. Kann die Klientin allenfalls geltend machen, dass trotz anderlautender Klausel, die Entlöhung seit Vertragsbeginn immer im fixen Monatslohn erfolgte und sie damit bis zur Kündigung so ausbezahlt werden soll?
2. Falls nein: ist es rechtens, trotz bislang fehlender Abrechnungen, Minusstunden aus der Vergangenheit (insbesondere aus dem Vorjahr) vom Lohn abzuziehen, obwohl der Klientin nie mitgeteilt wurde, dass sie im Minus war, resp. sie auch seitens Betrieb nicht für mehr Stunden eingeplant war?
3. Der Arbeitgeber hat ihr angeboten: man verlange kein Geld von ihr zurück, wenn sie den Juni nun wie geplant arbeite, dafür keinen Lohn beziehe und die für Juli geplanten Ferien als vorgängig über Stundenlohnentschädigung bezahlt akzeptiert. Soll sie auf dieses Angebot einsteigen, oder hätte sie in einem arbeitsrechtlichen Verfahren gute Karten für eine für sie vorteilhaftere Lösung?
Herzlichen Dank für Ihre Antwort!
Freundliche Grüsse
Katrin Schenker
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Sehr geehrte Frau Schenker
Gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Ausgangspunkt bildet die vertragliche Vereinbarung: Vereinbart wurde ein Pensum von 15%. Daraus ergibt sich die wöchentliche Soll-StundenArbeitszeit, z.B. bei 42 Std. Woche = 6.3 Std. pro Woche. Im Vertrag steht nichts darüber, dass dass das Arbeitspensum flexibel sei. Der Hinweis auf die Abrechnung im Stundenlohn ist eine reine Abrechnungsmodalität.
Aufgrund des Vertrages ist deshalb klar, dass Ihre Klientin 6.3 Std./Woche arbeiten musste. Die Arbeitgeberin ist deshalb verpflichtet, der Arbeitnehmerin Arbeit für 6.3 Std./Woche zu geben (deshalb heisst sie ArbeitGEBERIN). Wenn die Arbeitgeberin weniger als die vereinarten Soll-Stunden an Arbeit anbietet, liegt ein sogenannter Arbeitgeberverzug vor (Art. 324 OR), das heisst, die Arbeitgeberin schuldet den Lohn, auch wenn die Arbeitnehmerin gar nicht die entpsrechende Anzahl an Soll-Stunden gearbeitet hat.
Weiter ist relevant: Gestützt Artikel 330b OR muss die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer, den er für länger als einen Monat angestellt hat, schriftlich unter anderem die wöchentliche Arbeitszeit mitteilen (Abs. 1 lit. e). Die Arbieitgeberin hätte dies mit einer klaren und unmissverständlichen Information gegenüber der Arbeitnehmer darlegen müssen, dass die wöchentliche Arbietszeit schwankend ist und auch nur die effektive Arbeitszeit entschädigt wird.
Dazu kommt: Durch die regelmässige Ausrichtung des Monatslohnes (15%) konnte die Arbeitnehmerin davon ausgehen, dass die Arbeitgeberin allfällige Minusstunden akzpetiert hat. Es wäre Aufgabe der Arbeitgeberin gewesen, die erforderlichen Soll-Stunden einzufordern.
Kurz und gut: Aufgrund der vorliegenden Angaben, ist für mich klar, dass Ihre Klientin nicht auf das Angebot der Arbeitgeberin einsteigen soll. Bis Ende Kündigungsfrist besteht ein Anspruch auf 15% Lohn
Genügen Ihnen diese Auskünfte? Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlilchen Grüssen
Kurt Pärli