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Lohnfortzahlung bei Krankheit ohne Arbeitsvertrag

Veröffentlicht:
30.03.2021
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Guten Tag

Eine Patientin von uns arbeitet seit über 20 Jahren bei verschiedenen Arbeitgebern im Stundenlohn als Haushaltshilfe. Die Patientin ist nun seit Januar 2021 arbeitsunfähig (AUF). Von den insgesamt acht Arbeitgebern, wurde nur von einem ein Arbeitsvertrag erstellt. In diesem Arbeitsvertrag (vom November 2017) ist geregelt, dass sich die Lohnfortzahlung be Krankheit nach dem OR richtet (Kanton SG > Berner Skala).  

In all diesen Arbeitsjahren war die Patientin kaum krank und hat die Lohnfortzahlung nie geltend gemacht. Einer der Arbeitgeber (ohne Vertrag) hat nun proaktiv für den ersten Monat der AUF Lohnfortzahlung entrichtet. Von den anderen kam bisher nichts. 

Nun meine Frage: 
- Sind alle Arbeitgeber, bis auf den einen mit Vertrag, von der Lohnfortzahlungspflicht befreit? Falls nein, wie könnte die Patientin ihren Anspruch geltend machen?

Freundliche Grüsse
Sarina Britt

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Sehr geehrte Frau Britt

Gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt: Ein Arbeitsvertrag kommt auch mündlich gültig zustande, d.h., alle Beschäftigungsverhältnisse Ihrer Klientin sind als ganz normale Arbeitsverträge nach Art. 319 ff OR zu behandeln.

Ich habe noch geprüft, ob allenfalls der Normalarbeitsvertrag NAV Hauswirtschaft für den Kanton SG anwendbar wäre. Diese sieht sogar eine Pflicht zum Abschluss einer Krankentaggeldversicherung vor, die 720 Tage Lohnfortzahlung garantiert. Meine Analye zeigt aber, dass der NAV Hauswirtschaft SG in casu nicht anwendbar ist, da Ihre Patientin viele Teilzeitstellen ausübt. Somit bleibt es bei der Anwendung der Regelungen des OR und diese sieht klar: Es besteht bei unverschuldeter krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ein Anspruch auf Lohnfortzahlung und fü die Dauer der Lohnfortzahlungspflicht wird in Sankt Gallen die Berner Skala angewendet.

Ihre Klientin kann ihre Lohnfortzahlung bei jedem einzelnen Arbeitgeber die Lohnfortzahlung von (bei 20 Dienstjahre) sechs Monaten einfordern (sofern die AUF solange dauert). Sollen sich die Arbeitgeber weigern, kann die Forderung via Arbeitsgericht geltend gemacht werden. Für Streitigkeiten in arbeitsrechtlichen Verhältnissen ist ein einfaches und kostenloses Verfahren mit einer obligatorischen Schlichtung vorgesehen. Einzelheiten entnehmen Sie hier:

https://www.sg.ch/recht/gerichte/organisation---standorte/schlichtungsstellen-und-vermittlungsaemter/schlichtungsstellen-fuer-arbeitsverhaeltnisse.html

Ein Hinweis noch: Sollte die Arbeitgeber angesichts der Forderung zum Mittel der Kündigung greifen wollen, ist auf Art. 336c OR hinzuweisen: Bei Arbeitsverhältnissen mit mehr als fünf Jahren Dauer gilt bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit während 180 Tagen eine Kündigungssperrfrist.

 

Genügen Ihnen diese Angaben? Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen

Kurt Pärli