Wir haben ein Ehepaar aus Rumänien mit zwei Kindern (Jg. 2022 und 2023). Per 1. Dezember 2023 haben sie den Antrag auf wirtschaftliche Sozialhilfe gestellt. Die Frau hat eine B-Bewilligung, er hat eine L-Bewilligung. Der Ehemann hat per 15. September 2023 seine Stelle aufgrund sinkender Auftragslage verloren und hat sich beim RAV zur Stellenvermittlung angemeldet. Für uns stellt sich folgende Frage: Hat der Ehemann nur Anspruch auf Nothilfe oder auf ordentliche WSH? Und falls nur ein Anspruch auf Nothilfe besteht, wie lange muss diese bezahlt werden?
Besten Dank für die Beantwortung.
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Wenn die Erwerbstätigkeit der EU/EFTA-Staatsangehörigen mit einer Kurzaufenthaltsbewilligung EU/EFTA endet oder wenn das Arbeitsverhältnis unfreiwillig beendet wird, ist der weitere Verbleib in der Schweiz nach den in Art. 61a Abs. 1 und 2 AIG genannten Fristen zulässig. Im Zeitraum von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zum Erlöschen des Aufenthaltsrechts nach Art. 61a Abs. 1 und 2 AIG besteht aber grundsätzlich kein Anspruch auf Sozialhilfe (Art. 61a Abs. 3 AIG). Diese Bestimmung ist direkt anwendbar und bedarf keiner Umsetzung im kantonalen Recht.
Die betreffenden Personen gelten als Stellensuchende und sind ab dem Zeitpunkt der Beendigung der Erwerbstätigkeit von der Sozialhilfe ausgeschlossen (Art. 61a Abs. 1 AIG; Weisungen VEP, Kapitel 8.3.2.1). Sie haben aber einen Anspruch auf Hilfe in Notlagen nach Art. 12 BV in Verbindung mit Art. 21 ZUG. Nothilfe ist so lange auszurichten, wie nach Art. 61a Abs. 1 und 2 AIG ein Verbleiberecht besteht. Das sind bei einer Kurzaufenthaltsbewilligung 6 Monate. Danach ist die Nothilfe noch so lange auszurichten, bis eine Ausreise zumutbar ist (SKOS-RL A.5).
Es gibt nach Art. 61a Abs. 5 AIG Ausnahmen vom Ausschluss des Anspruches auf Sozialhilfe. Es gibt folgende Ausnahmen:
- Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund vorübergehender Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit, Unfall oder Invalidität
- Verbleiberecht nach Art. 4 Anhang I FZA (z.B. Aufgabe des Arbeitsverhältnisses wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit und mindestens 2jähriger Aufenthalt in der Schweiz oder schweizer Staatsbürgerschaft des Ehegatten)
Vorliegend hat der Ehemann seine Stelle wegen sinkender Auftragslage verloren. Er ist damit ohne Arbeit und hat für mindestens 6 Monate Anspruch auf Nothilfe nicht aber auf ordentliche Unterstützung, denn es scheint kein Ausnahmegrund vorzuliegen.
Sollten dennoch Ausnahmegründe in Frage kommen, verweise ich auf die Weisungen WEP, Kapitel 8.3.2.