Guten Tag
Meinem Klienten wurde per 1.01.2020 eine ganze Rente der IV zugesprochen. Beim Einkommensvergleich wurde beim Einkommen ohne gesundheitliche Beeinträchtigung der Lohn vor der Erkrankung und beim Einkommen mit gesundheitlicher Beeinträchtigung der Lohn aus einer zum Zeitpunkt der Rentensprechung bestehenden Teilzeitstelle eingerechnet (Fr. 20'000). Dies ergab einen Invaliditätsgrad von 70%. Die Pensionkasse übernahm den Entscheid der IV und verfügte auch eine ganze Rente (plus Kinderrenten). Das führte zu einer Überentschädigung und einer entsprechenden Kürzung der Pensionskassenrente.
Seit drei Monaten ist der Klient nun krank geschrieben und eine Rückkehr an die bestehende Teilzeitstelle ist ungewiss. Realistischer ist es, dass er in Zukunft an einer geschützten Arbeitsstelle arbeiten wird. Von der Pensionskasse habe ich nun die Auskunft erhalten, dass das Einkommen mit gesundheitlicher Beeinträchtigung auch eingrechnet wird, wenn dieses gar nicht erzielt werden kann. Sie würden sich da am Entscheid der IV orientieren und die Fr. 20'000 als hypothetisches Einkommen in die Berechnung der Überentschädigung einrechnen, auch wenn der Klient viel weniger Einkommen erziele. Von der IV habe ich die Auskunft erhalten, dass sie keine Rentenrevision durchführen würden, um das Einkommen mit gesundheitlicher Beeinträchtigung anzupassen, da der Kleint ja bereits eine ganz Rente der IV erhalte.
Wie könnte mein Klient hier vorgehen, um eine neue Berechnung des Einkommens mit gesundheitlicher Beeinträchtigung zu erhalten?
Vielen Dank für eine Einschätzung von Eurer Seite!
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Guten Tag!
Es ist nachzuvollziehen, dass im vorliegenden Fall die IV keine Rentenrevision vornehmen würde.
Reduziert sich das mögliche Invalideneinkommen aus gesundheitlichen Gründen hat das nämlich bei einem bereits bestehenden IV-Grad von mind. 70% keinen relevanten Einfluss auf die Höhe der IV-Rente: Es bleibt bei einer Vollrente.
Vor diesem Hintergrund kann die Pensionskasse vom Versicherten auch nicht verlangen, dass dieser ein Revisionsgesuch bzgl. des IV-Grades bei der IV einzureichen hat.
Im vorliegenden Fall geht es um die Überentschädigungsregeln des BVG. Dabei sind im Überobligatorium das Reglement der Pensionskasse zu beachten. Als Minimalbestimmung sind Artikel 34a Abs.1 BVG i. V.m. Art. 24 BVV2 zu beachten: Dasjenige Einkommen, das die versicherte Person zumutbarerweise noch erzielen könnte, sie tatsächlich jedoch nicht erzielt, zählt zu den anrechenbaren Einkünften im Sinne von Art. 24 Abs. 2 BVV 2.
Das Verfahren zu allfälligen Abänderungen wegen einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes ist primär dem Reglement der Kasse zu entnehmen. Die Auskunft, dass hier unabhängig von jeder Verschlechterung des Zustandes keine Anpassung vorgenommen werden, obwohl ein Einkommen nachweislich gar nicht mehr erreichbar ist, ist nicht korrekt.
Das Bundesgericht hat etwa schon in BGE 125 V 164 bestätigt, dass auf jeden Fall bei Änderungen von ca. 10% zugunsten oder zu Ungunsten des Versicherten eine Überentschädigungsberechnung neu vorzunehmen sei.
Zu beachten ist, dass es eine Beweisfrage ist, ob das Einkommen von CHF 20000 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erzielbar ist. Die Folgen, wenn dies nicht bewiesen werden kann, liegen bei der versicherten Person.
Vor diesem Hintergrund ist zu raten, dass primär klar und eindeutig bei einem Spezialarzt ein Kurzbericht eingeholt wird, der die medizinische Verschlechterung und die Unmöglichkeit funktional noch ein Invalideneinkommen wie im IV-Entscheid ausgewiesein zu erzielen, eindeutig belegt.
Damit ist dann schriftlich bei der Pensiosnkasse eine Anpassung der Überentschädigungsrechnung zu verlangen. Zu verweisen ist auch auf die Gründe, weswegen eine Revision der IVG-Rente nicht verlangt werden kann (Idealerweise mit schriftlicher Bestätigung der IV).
Die PK ist dabei aufzufordern, eine allfällige Ablehnung schriftlich zu begründen.
Sollte dann doch wider Erwarten eine Ablehnung erfolgen so rate ich Ihnen den Einbezug eines Rechtsdienstes (z.B. Procap, Inclusion Handicap etc.).
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Prof. Peter Mösch Payot