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Kündigung zu Unzeit?

Veröffentlicht:
24.12.2018
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Guten Tag Herr Pärli
Wir haben eine MA in Beratung, welche bereits seit mehr als 10 Jahren für die Firma X arbeitet. Dieses Jahr war sie mehrmals 100% AUF; zusammengerechnet etc. 3 Monate, jeweils wegen körperlichen Beschwerden. Nun ist sie seit Oktober 18 erneut krankgeschrieben; diesmal aufgrund psychischen Problemen. Im Januar 2019 ist nun ein Gespräch geplant mit der MA und dem Arbeitgeber; dabei soll ihr die Kündigung übergeben werden. Gemäss der Anstelldauer ist eine Kündigung in den ersten 180 Tagen der Krankheit ja unzulässig. Unsere Frage nun an Sie: wann beginnen diese 180 Tage zu laufen? Ab Eintritt neuer Krankheit im Oktober 2018? Oder werden die Krankheitstage eines Kalenderjahres zusammengezählt?
Gerne höre ich von Ihnen.
Freundliche Grüsse, Andrea Aldous

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Sehr geehrte Frau Aldous
Gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt: Ihre Klientin kann die 180tägige Sperrfrist geniessen, wie sie richtig erwähnen. Entscheidend ist nun, ob die psychischen Probleme mit den körperlichen Beschwerden kausal zusammenhängen, etwa in dem eine Schmerzstörung vorlag, zu der nun auch eine Depression hinzukam. In einem solchen Fall würde das Geschehen von einem Gericht wohl als eine Krankheit erachtet und dies hätte die folgenden Konsequenzen: Ihre Klientin hat ab Beginn der Ausfälle, deren Ursache schlussendlich zur heutigen Arbeitsunfähigkeit geführt haben, einen Anspruch auf 180 Tage Sperrfrist, wenn z.B. Ihre Klientin im Februar 10 Tage, im Mai 20 Tage, im Juni/Juli total 30 Tage gefehlt hat, dann hat sie für den Krankheitsfall ab Oktober noch 120 Tage Sperrfrist zu gut. Anders verhält es sich, wenn die körperlichen Beschwerden z.B. eine Gallensteinproblematik betrafen oder einen Infekt und die im Zusammenhang mit der Arbeitsunfähigkeit davon losgelöst eine psychiatrische Diagnose vorliegt; in diesem Fall beginnt mit Auftreten der psychiatrischen Probleme erneut eine Sperrfrist von 180 Tagen zu laufen, erst nach deren Ablauf dürfte die Arbeitgeberin unter Êinhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist künden.
Genügen Ihnen diese Auskünfte? Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
Kurt Pärli

Sehr geehrter Herr Pärli
Danke für Ihre Antwort. Nun nochmals eine "Nach"-Frage: wie kann der Arbeitgeber die Kausalität der Beschwerden richtig einschätzen, sind doch die Diagnosen im Detail den meisten Arbeitgebern nicht bekannt? Danke bereits jetzt für Ihre Antwort.
Freundliche Grüsse, Andrea Aldous

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Sehr geehrte Frau Aldous
Die Arbeitgeberin hat selbstverständlich keinen Anspruch auf Kenntnis der medizinischen Diagnosen. Die Arbeitgeberin kann sich auf den STandpunkt stellen, dass die Sperrfrist abgelaufen ist (er weiss ja nicht, was medizinisch Sache ist und darf davon ausgehen, dass es sich um das gleiche Leiden handelt). Wenn die Arbeitnehmerin eine erneute Sperrfrist wegen eines neuen Sperrfristengrund geltend machen will, ist sie beweisbealstet, d.h., sie muss ein Arztzeugnis vorlegen, dass bestätigt, dass der Grund für die Abwesenheit nicht mehr der gleiche ist, wie bei der vorherigen Abwesenheit. Die Arbeitgeberin ihrerseits darf die ARbeitnehmerin vertrauensärztlich untersuchen lassen, um das von der Arbeitnehmerin eingebrachte Arztzeugnis zu widerlegen. Auch der Vertrauensarzt darf indes dem Arbeitgeber keine Diagnose bekannt geben sondern lediglich die Information "neues Leiden" oder "immer noch gleiches Leiden". Im Streitfall entscheidet das Gericht, ggf. unter Beizug eines zusätzlichen Gutachtens.
Genügen Ihnen diese Auskünfte?
Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
KUrt Pärli