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Kündigung während Haft

Veröffentlicht:
23.03.2018
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Grüezi
Meine Frage betrifft das Arbeitsrecht sowie ein wenig das Sozialversicherungsrecht.
Der KL (60J) arbeitete seit über 20 Jahren für eine Firma. Am 4.12.2017 wurde er verhaftet (Untersuchungshaft) und ging ohne Abmeldung nicht mehr zur Arbeit. Auch auf die Ermahnung seines Arbeitgebers reagierte er nicht und blieb der Arbeit fern. Somit wurde ihm Ende Dezember 2017 fristgerecht auf den 31.03.2018 vom Arbeitgeber gekündigt.
Nun hat der KL eine Berechnung und einen Zahlungsauftrag von der Pensionskasse erhalten und sich eigentlich für eine frühzeitige Rente entschieden.
Nun zur Frage:
Auf diesem Zahlungsauftrag und der Berechnung steht, dass die Altersleistung per 30.11.2017 berechnet werden bzw. er per dann austrete. Wir sind uns nun unsicher, ob dieses Datum korrekt ist, oder ob es per 31.03.18 berechnet werden müsste, da ihm per dann gekündigt wurde? Bzw. gilt die Kündigung überhaupt oder gilt sein Nichterscheinen bereits als fristlose Kündigung?
Vielen Dank für eine Rückmeldung schon im Voraus.
Beste Grüsse

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Sehr geehrte Frau Gue
Gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt. Ihr Klient wurde am 4.12.2017 verhaftet und blieb daraufhin ohne Meldung an die Arbeitgeberin der Arbeit fern.
Es fragt sich hier schon einmal, ob Ihr Klient in der U-Haft überhaupt die Möglichkeit hatte, den Arbeitgeber zu informieren. Falls nein, wäre die Nichtmeldung entschuldbar. Das spielt aber im Zusammenhang mit der Kündigung eine untergeordnete Rolle, denn die Arbeitgeberin hat das Arbeitsverhältnis nicht etwa fristlos, was bei unentschuldigtem Fernbleiben von der Arbeit je nach Umständen auch zumutbar wäre, sondern ordentlich gekündigt, also per 31.3.2018.
Fraglich ist nun aber, ob Ihr Klient ab 4. 12.2018 noch Anspruch auf Lohn nach OR 324 hatte. Falls nämlich die U-Haft unberechtigt war, so blieb Ihr Klient der Arbeit ohne Verschulden fern und die Arbeitgeberin würde bei einer Person mit 20ig Dienstjahren je nach anwendbarer Skala (Berner, Basler, Zürcher) noch mehrere Monate den Lohn schulden (in jedem Fall bis Ende März 2018, immer unter der Voraussetzung, dass die U-Haft unverschuldet war). Das Bundesgericht geht aber davon aus, dass es sich bei Untersuchungshaft in der Regel um eine selbstverschuldete Arbeitsverhinderung des Arbeitnehmers handelt (BGE 138 V 140). Der Arbeitgeber kann somit vorläufig den Lohn sistieren, bis klar ist, weshalb die Untersuchungshaft erfolgte. Erweist sich die Inhaftierung im Nachhinein auf Grund eines Freispruchs oder einer Verfahrenseinstellung als ungerechtfertigt, hat der Arbeitgeber den Lohn für eine gewisse Dauer nachzuzahlen. Vorbehalten bleibt wiederum ein Selbstverschulden des Arbeitnehmers, weil dieser zum Beispiel mit falschen oder widersprüchlichen Angaben vor dem Untersuchungsrichter, selber zur Anklage oder Inhaftierung beitrug.
Als problematisch erweist sich im vorliegenden Fall jedoch die nicht erfolgte Meldung des Arbeitnehmers über die U-Haft und die so entstehende Unmöglichkeit der Arbeitsleistung. Sofern die U-Haft begründet war, ist die Arbeitsunfähigkeit ohnehin nicht unverschuldet.
Ich gehe davon aus, dass Ihrem Klienten ab Ende November kein Lohn mehr ausbezahlt wurde. Entsprechend ist es korrekt, wenn die Berechnung der Altersleistungen auf diesen Zeitpunkt vorgenommen wurde. Wenn indes die Lohnzahlung allenfalls zu Unrecht eingestellt wurde, dann ist die Altersleistung auf den Zeitpunkt des letzten Lohnanspruches vorzunehmen, spätestens per 31.3.2018.
Genügen Ihnen diese Auskünfte? Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
Kurt Pärli