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Krankheit - Stundenlohn

Veröffentlicht:
03.08.2021
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Guten Tag

Ich habe folgendes Anliegen.

Fall: Herr T. arbeite sei ca. 3 Jahren bei einer Firma im Stundenlohn. Er wurde mit einem 50% Pensum angestellt. Seit Mai 2020 arbeitet er jedoch mindesten 90-130%. Nun ist er seit Ende Mai 2021 100% Krankgeschrieben. Er hat seit Mai 2020 eine Woche Ferien bezogen.

Frage 1: Falls sein Betreib einen KTGV hat, bin ich richtig in der Annahme, dass er 80% von seinem durchschnittlichen Verdienstes der letzten zwölf Monate erhält? Falls sein Betrieb keine KTGV abgeschlossen hat, dann hat er Anspruch auf Lohnfortzahlung von zwei Monaten, da er im 3. Oder 4. Dienstjahr ist? Folgefrage, er war am Anfang einige Monate nur als Aushilfe ohne Arbeitsvertrag in diesem Betreib tätig. Wird diese Zeit angerechnet? Was ist, wenn er wegen derselben Krankheit in den letzten 12 Monaten schon einmal ausgefallen ist?

Frage 2: Was passiert mit den nicht bezogenen Ferien?

Frage 3: Falls Herr T. eine KTGV hat und ab September nur noch zu 50% krankgeschrieben ist, ist er dann 50% von den 50% Arbeitsunfähig oder vom effektiv geleisteten Arbeitspensum?

Frage beantwortet am

Andreas Petrik

Expert*in Arbeitsrecht

Guten Tag

Zu Frage 1:

Versicherter Lohn im Falle einer Krankentaggeldlösung: Der versicherte Lohn richtet sich nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen der Krankentaggeldversicherung. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, diese auf Verlangen des Arbeitnehmers auszuhändigen. Als Grundsatz ist in der Regel (bspw. AXA oder Generali) festgehalten, dass als Grundlage für die Bemessung des versicherten Verdienstes der letzte vor Krankheitsbeginn bezogene Lohn gilt. Bei starken Lohnschwankungen wird auf einen Durchschnittslohn der letzten 12 Monate abgestellt. In Ihrem Fall müsste damit gerechnet werden, dass die Versicherung auf einen Durchschnittslohn abstellt.

Lohnfortzahlung ohne Krankentaggeldversicherung: Besteht keine Krankentaggeldversicherung beträgt die Lohnfortzahlung gemäss Berner Skala im 3. und 4. Dienstjahr 2 Monate.

Anrechnung der Zeit als Aushilfe: Dass er ohne Arbeitsvertrag tätig war, spielt keine Rolle, denn der Abschluss eines Arbeitsvertrag ist nicht zwingend notwendig. Ob mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages ein neues Arbeitsverhältnis begründet wurde und die Zeit der Aushilfstätigkeit im Zusammenhang mit der Dauer der Lohnfortzahlung berücksichtigt wird, hängt gemäss Rechtsprechung vom Willen der Parteien ab. Gab es zwischen der Aushilfstätigkeit und der nachfolgenden Tätigkeit keinen Unterbruch, ist von einem einheitlichen Arbeitsverhältnis auszugehen und die Zeit der Aushilfstätigkeit ist ebenfalls zu berücksichtigen.

Auswirkungen einer früheren Arbeitsunfähigkeit: Die anhand der Dienstjahre festgelegte Dauer der Lohnfortzahlung steht dem Arbeitnehmer nur einmal pro Dienstjahr zu. Ist der Anspruch «aufgebraucht» besteht erst im neuen Dienstjahr wieder Anspruch auf Lohnfortzahlung. Dies gilt unabhängig davon, ob die Arbeitsunfähigkeit auf dieselbe oder eine neue Krankheit zurückgeht.

Höhe der Krankenlohnes ohne Krankentaggeldversicherung: Gemäss dem Lohnausfallprinzip muss der arbeitsunfähige Arbeitnehmer so gestellt werden, als hätte er gearbeitet. Wenn er im Gesundheitsfalle weiterhin das zuletzt ausgeübte Pensum geleistet hätte, hätte er entsprechend auch Anspruch auf eine Lohnfortzahlung in dieser Höhe.

Frage 2:

Ferienbezug und Arbeitsunfähigkeit schliessen sich gegenseitig aus. Denkbar ist jedoch, dass der Arbeitnehmer trotz einer gesundheitlichen Beeinträchtigung ferienfähig ist. Ob dies der Fall ist, hängt von der Art der Beeinträchtigung und dem Inhalt der ärztlichen Bescheinigung ab. Die Frage stellt sich oftmals, wenn die Ferienbezug bereits vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit vereinbart wurde. Ist dies nicht der Fall, kann der Arbeitgeber zwar einseitig den Bezug von Ferien anordnen. Die Anordnung muss aber so früh erfolgen, dass es der Arbeitnehmerin möglich ist, die Ferien sinnvoll zu planen. Als Faustregel gilt bei einem längeren Ferienbezug eine Ankündigungszeit von 3 Monaten.

Frage 3:

Im Zusammenhang mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen können sich verschiedenen Unklarheiten ergeben. Es liegt am das Zeugnis ausstellenden Arzt, dieses so abzufassen, dass die Tragweite klar wird. So hat er festzuhalten, ob sich die Arbeitsunfähigkeit auf die Leistung (Arbeitnehmerin kann die volle Zeit anwesend sein, die Arbeitsleistung ist jedoch reduziert) – oder die Arbeitszeit bezieht. Ebenfalls hat er festzuhalten, auf welches Pensum sich die Teilarbeitsunfähigkeit bezieht. Am einfachsten ist es, wenn der ausstellende Arzt – allenfalls auf Nachfrage hin – im Zeugnis festhält, auf welches Pensum sich der festgehaltene Grad der Arbeitsunfähigkeit bezieht.

Zu beachten ist ein allenfalls einschlägiger Gesamtarbeitsvertrag. Die hier behandelten Fragen sind mitunter ausdrücklich geregelt.

Freundliche Grüsse

Andreas Petrik