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Krankentaggeld: Lohnt sich Einsprache?

Veröffentlicht:
02.11.2022
Kanton:
Luzern
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag

Im Rahmen der WSH-Prüfung möchte ich folgenden Sachverhalt abklären. Unser Klient führte eine GmbH, die nun in Liquidation steht. Er bezahlte für sich Beiträge KTG (VVG). Da er seit längerer Zeit an einer Erschöpfungsdepression litt, bezahlte er die Beiträge nur lückenhaft. Die Prämien wurden folgendermassen bezahlt, resp. nicht bezahlt:

2018 bestehen Lücken

2019 bestehen Lücken

2021-2022

bis 6.4.21 Prämien bezahlt

7.4.-9.8.21 Prämien nicht bezahlt

10.8.21-29.3.22 Prämien bezahlt

ab 30.3.22 keine Prämien mehr bezahlt

Sein Arzt schrieb in ab dem 01.07.2021 zu 100% krank (Erschöpfungsdepression). Die Versicherung bezahlte ihm keine Leistungen aus mit der Begründung, dass just zum Zeitpunkt des Krankheitsbeginns die KT-Prämien nicht gedeckt waren. Unser Klient erhielt eine Ablehnung mit folgenden Zeilen:

«Zum Zeitpunkt Ihrer Arbeitsunfähigkeit bestand, gestützt auf das Versicherungsvertragsgesetz (VVG), wegen Nicht­be­zah­lung der Prämie keine Deckung über Ihre Kranken-Taggeldversicherung.

 Gemäss Artikel 20, Absatz 3 VVG ruht die Leistungspflicht des Versicherers bei Nichtbezahlen der Prämien nach er­folg­ter Mahnung vom Ablauf der Mahnfrist an. Die Mahnung gemäss VVG Artikel 20, Absatz 1 haben wir am 20.03.2021 erlassen. Die Nachfrist verwirkte unbenützt am 07.04.2021.
Daher können wir auf diesen Krankenfall nicht eintreten.»

Die Police wurde mittlerweile gekündigt. Meine Frage ist nun, lohnt es sich in diesem Fall eine Einsprache gegen diesen Entscheid zu machen?

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag!

Die Information der Krankentaggeldversicherung zur gesetzlichen Folge der Prämiensäumnis ist korrekt und entspricht der gesetzlichen Regelung im Versicherungsvertragsgesetz in Art. 20 VVG. 

In Ihrem Fall wäre es aber ratsam zu prüfen, ob der Sachverhalt sich so darstellt, wie von der Versicherung behauptet. 

Zu prüfen ist, ob die Versicherung tatsächlich nachweisbar gemahnt hatte, und ob diese Mahnung auch beim Versicherten zugestellt wurde.

Im Weiteren könnte anhand der Police der Taggeldversicherung geprüft werden, ob sich daraus irgend eine Sondernorm ergibt, die doch eine Leistungspflicht begründen könnte.

Zur genauen Abklärung rate ich Ihnen, beim Klienten nachzufragen, ob er eine solche Mahnung erhalte hatte und ansonsten bei der Versicherung Akteneinsicht zu verlangen und eine Zustellung der Versicherungsbedingungen.

MIt dem Arzt ist zu prüfen, ob sich nicht der Gesundheitszustand des Betroffenen wesentlich verändert hat ab dem Zeitpunkt vom 10.8., wo er wieder Prämien bezahlt hat. Wenn ja könnte argumentiert werdne, dass das wesentliche versicherte Risiko entstanden ist in einem Zeitpunkt, wo die Prämien aktuell bezahlt wurden. 

Sollte dies nicht der Fall sein und sollte sich herausstellen, dass die Leistungspflicht in diesem Fall nicht besteht oder bestand (weil tatsächlich eine Mahnung und somit ein Leistungsstopp vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgte) so rate ich Ihnen zu einem Schreiben an die Versicherung, dass die Leistungspflicht immerhin zumindest kulanterweise anerkannt werden soll ab dem Zeitpunkt, wo die Prämie wieder bezahlt wurde. Eventualiter sollen ihm die Prämien für die Zeit ab 10.8.2021 zurückerstattet werden.

Schreiben Sie, dass im Falle, wo dies wider Erwarten abgelehnt würde, eine rechtliche Begründung erbeten wird.

Eventuell können Sie so noch Leistungen/Rückerstattungen bei der Taggeldversicherung erhältlich machen.

Für die Frage der Chancen einre Durchsetzung solcher Ansprüche, für welche eine Klage beim Gericht nötig wäre, müssten die Versicherungsbedingungen im Einzelnen analysiert werden. Dafür wäre eine juristische Beratung notwendig.

Ich hoffe, das dient Ihnen.

Prof. Peter Mösch Payot