Guten Tag
Ein Patient ist bei uns in stationärer Behandlung und durch seinen ehemaligen Arbeitgeber gekündigt. Die Kollektivtaggeldversicherung zahlt ihm seit Sept. 2015 Taggelder aus. Der Patient war in dieser Zeit durchgehend wegen diesem Krankheitsfall zu 100 Prozent krankgeschrieben durch verschiedene Behandler. Die Taggeldversicherung hat nun dem Versicherten in einem Schreiben mittgeteilt, dass gestützt auf eine psychiatrische Begutachtung vom Dezember 2016, welche ihm aus psychiatrischer und neuropsychologischer Sicht eine 100% Arbeitsfähigkeit zusprechen, die Taggeldleistungen per Austritt aus unserer Klinik eingestellt werden.
Der Patient plant jedoch, als nächsten Rehabilitationsschritt den Eintritt in eine Tagesklinik.
Kann die Taggeldversicherung, vor Ablauf der 720 Tage innerhalb der 900 Tage die Leistungen einstellen, auch wenn der Versicherte von einem Arzt weiterhin ein ärztliches Arbeitsunfähigkeitszeugnis erhält?
Besten Dank für Ihre Rückmeldung.
mit freundlichen Grüssen, Dorothea Eich
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Frau Eich
Entscheidend ist in diesem Fall, ob und inwieweit aus medizinischer Sicht eine Arbeitsunfähigkeit besteht oder nicht. Dabei ist zu beachten, dass bei langdauernder Arbeitsunfähigkeit das nur dann der Fall ist, wenn der Versicherte nicht nur seine frühere Tätigkeit nicht mehr ausführen kann, sondern auch zu ähnlichen zumutbaren Verweistätigkeiten nicht mehr in der Lage ist (vgl. Art. 6 ATSG).
Die Frage, ob in Ihrem Fall aus medizinischen Gründen eine solche Arbeitsunfähigkeit besteht ist eine Beweisfrage.
Es ist zu raten, dass der Klient (oder Sie mit Vollmacht des Klienten) bei der Taggeldversicherung Akteneinsicht verlangt und die sofortige Weiterführung der Leistungen, weil die Arbeitsunfähigkeit weiterhin besteht. Im Weiteren ist eventuelle anzukündigen, dass weitere Beweismittel insoweit beigebracht werden.
Im Weiteren ist gleichzeitig beim behandelnden Spezialisten bzw. Klinikarzt unmittelbar ein detailliertes Arztzeugnis einzuholen, welches genau beantwortet, welche Tätigkeiten wie aufgrund der Krankheit möglich sind und welche nicht.
Bestätigt sich dadurch die fortdauernde Arbeitsunfähigkeit so ist dies bei der Taggeldversicherung schriftlich einzureichen und wiederum die Wiederaufnahme der Leistungen zu verlangen.
Je nach Ergebnis der weiteren Entscheidungen der Taggeldversicherung und je nach Ergebnis der Akteneinsicht können dann die weiteren Schritte geplant werden. Sollte dies nötig sein ist zu raten, dass der Klient Rechtsberatung, etwa seitens einer Gewerkschaft, einer Beratungsstelle für psychisch Kranke oder Inclusion Handicap (http://www.inclusion-handicap.ch/de/droit/rechtsberatung/assurances-sociales-76.html) oder via des Rechtsdienstes der Procap(http://www.procap.ch/Rechtsdienst.210.0.html)in Anspruch nimmt.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Peter Mösch
via Rechtsdienst