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Krankentaggeld bei Selbsständigkeit

Veröffentlicht:
17.07.2017
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Frau X. hat vor 2 Jahren erste Symptome einer seltenen Autoimmun-Erkrankung festgestellt. Zunächst ist man von einer "harmlosen" und vorübergehenden Einschränkung ausgegangen. In dieser Zeit hat Frau X. ihr Arbeitsverhältnis bei ihrem damaligen Arbeitgeber von 100% auf 20% reduziert und bei einem neuen Arbeitgeber eine 80%-Stelle angenommen. Die Diagnose wurde gestellt, als sie noch beim alten Arbeitgeber tätig war, erstmals arbeitsunfähig wurde sie, als sie bereits die neue Stelle angetreten hat. Allerdings ist diese Krankschreibung von einer Psychiaterin erfolgt, da Frau X. zusätzlich eine Depression attestiert wurde. Inzwischen ist Frau X. zu 50% arbeitsfähig; beide Arbeitsverhältnisse sind ungekündigt und es bezahlen beide Krankentaggeldversicherungen anteilsmässig. Im März 2018 wird der Leistungsanspruch von max. 720 Tagen ausgeschöpft sein. Frau X. ist bei der IV angemeldet; die Leistungen wurde gemäss Vorbescheid abgelehnt, hier läuft aber noch ein Einwand.
Frau S. überlegt, das kleinere Pensum aufzugeben und sich in diesem Rahmen selbständig zu machen, um die Arbeitszeit flexibler einteilen zu können.

  • Wie kann sich Frau X. weiter bei einer Krankentaggeldversicherung versichern, wenn sie sich selbständig macht?
  • Inwiefern ist bzgl. Krankentaggeldversicherung relevant, aufgrund welcher Diagnose die Krankschreibung erfolgt?
  • Kann sich Frau X. überhaupt noch bei den bestehenden Versicherungen "Weiterversicherung" (Übertritt in Einzelversicherung), wenn die Leistungen bereits ausgeschöpft sind?

Frage beantwortet am

Daniel Schilliger

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag Frau Kayser
Ich danke Ihnen für Ihre Frage.
Da Krankentaggeldversicherungen mehrheitlich nicht zu den Sozialversicherungen gehören, also zum Privatversicherungsrecht zählen, gibt es grosse Unterschiede zwischen den verschiedenen Anbietern. Es kommt also immer darauf an, was in der Police und den AVB’s steht. Dementsprechend ist eine konkrete Antwort nicht möglich ohne genaueres zu kennen.
Da bei einer selbständigen Erwerbstätigkeit auch die Unfallversicherung und das BVG freiwillig sind, lohnt sich für die Klientin wohl eine umfassendere Beratung bevor sie den Wechsel in die Selbständigkeit macht.
Nun zu Ihren Fragen:
• Frau X. kann Offerten einholen und die Angebote vergleichen. Oft werden bei selbstständig Erwerbenden fixe Summen vereinbart (Summenversicherung), die unabhängig von der Schadenshöhe (Lohnausfall) ausgerichtet werden, wenn eine Krankheit/Arbeitsunfähigkeit eintritt.
• Die Krankentaggeldversicherungen können Ausschlüsse oder Vorbehalte anbringen, die dazu führen, dass bei vorbestehenden Krankheiten / Arbeitsunfähigkeiten keine Leistungen erbracht werden. Ausschlussklauseln müssen aber bestimmt und unzweideutig sein. Bei VVG-Versicherungen (also Privatversicherungen) gilt zudem ein Rückwärtsversicherungsverbot. Dies bedeutet, dass die Übernahme der Versicherungsdeckung für ein Ereignis (z.B. Krankheit), das bei Vertragsschluss bereits eingetreten ist, nichtig ist. Und zwar unabhängig davon, ob die Folge der eingetretenen Gefahr (z.B. Lohnausfall) erst nach Vertragsschluss eintritt. Und ebenfalls unabhängig davon, ob die Parteien Kenntnis vom Eintritt des Ereignisses (z.B. Krankheit) hatten oder nicht. Dies bedeutet, dass die jetzt bestehenden Krankheiten/Arbeitsunfähigkeiten grundsätzlich nicht versicherbar sind. Neue, unabhängige Krankheiten sind hingegen schon versicherbar (auch hier gibt’s natürlich sehr viel Interpretationsspielraum, was heisst „versichertes Ereignis“ etc. im konkreten Fall).
• Der grosse Vorteil beim Übertritt vom Kollektiv- in die Einzeltaggeldversicherung, kann sein, dass keine neuen Vorbehalte angebracht werden. Zu prüfen ist hingegen, ob für andere Krankheiten tatsächlich wieder die vollen Leistungen zur Verfügung stehen oder die bereits bezogenen Taggelder abgezogen werden.
Leider lässt sich eine konkrete Antwort bei Krankentaggeldversicherungen nur aufgrund einer konkreten Beratung mit Analyse der bestehenden Verträge und Lebenssituation geben. Helfen könnte vielleicht das Vermögenszentrum oder ein anderer unabhängiger Versicherungsberater.
Freundlicher Gruss
Daniel Schilliger