Herr B. ist 19jährig. Von der KESB liegt en Schreiben vor, das bestätigt, dass Herr B. nicht bei seinen Eltern wohnen kann. Die Familiensituation ist zu stark angespannt. Mit seinen Eltern besteht wenig Kontakt und dieser ist mit grossen Spannungen behaftet. Im Frühling 2019 startete Herr B. im Jusemo, brach das Programm aber wieder ab. Er hat immer wieder Gelegenheitsarbeiten von zwei bis drei Wochen.
Herr B. wird seit 1. Juli 2019 von der Sozialhilfe unterstützt. Er lebte alleine in einer Wohnung, die nicht den Mietzinsrichtlinien der Gemeinde entsprach. Die Gemeinde verfügte am 12. Juli 2019, dass per 1. November 2019 nur noch die Miete gemäss Richtlinien übernommen wird. Dies bedeutete für Herrn B., dass er Fr. 230.00 aus dem Grundbedarf für die Wohnungsmiete aufwenden musste. Daraufhin beschloss er zusammen mit seiner Beiständin, dass er sich eine günstigere Wohnform suchen müsse, da die Fr. 230.00 aus dem Grundbedarf zu hoch ist.
Per 1. September 2019 zog Herr B. in ein WG-Zimmer. Er konnte aus seiner Wohnung nicht alle Möbel in das WG-Zimmer mitnehmen. Das Sofa passt z.Bsp. nicht in sein WG-Zimmer. Im Wohnzimmer, das er mitbenutzen darf, steht schon ein Sofa. So gibt es einige Dinge, die Herr B. einlagern musste. Die neuzuständige Gemeinde verfügte per 23. Oktober 2019, dass die Möbellagerung von Fr. 60.00 pro Monat übernommen wird. Dies bis Ende Jahr. Bis dahin muss Herr B. zusammen mit der Beiständin für den Verkauf oder die Entsorgung der Möbel besorgt sein. Die Möbellagerung wird ab 1. Januar 2020 nicht mehr finanziert.
Als Sozialarbeiter habe ich die Möbellagerung von der Gemeinde bewilligen lassen, da ich der Meinung bin, dass Herr B. nicht mehr in einer Wohnung, sondern in einem WG-Zimmer lebt und somit Anspruch darauf hat. In meinen Überlegungen stelle ich dies mit einem stationären Aufenthalt gleich. Auch da können nicht alle Möbel mitgenommen werde und die Möbellagerung wird befristet finanziert. Gleiches gilt für mich bei einem WG-Zimmer. Er hat für die Küche und das Wohnzimmer die Möglichkeit der Mitbenutzung, kann aber seine eigenen Möbel nicht im Wohnzimmer brauchen. Dies ist das gleiche, wie wenn jemand in eine stationäre Therapie geht. Aus diesem Grund habe ich die Möbellagerung beantragt. Die Gemeinde hat die Möbellagerung bis Ende 2020 bewilligt.
Die Dienststelle für Sozialwesen ist nicht gleicher Meinung und nicht bereit, die Möbellagerung zu bezahlen. Für mich stellt sich nun die Fragen, wie wird ein WG-Zimmer in der Weisung definiert. Es ist für mich keine Wohnung, sondern eben nur ein Zimmer. Was ist der Unterschied von der Nutzung der Räume, zu einem stationären Aufenthalt (Therapie…)? (Frage der Verhältnismässigkeit)
Des Weiteren stellt sich mir die Frage warum die Dienststelle für Sozialwesen uns einfach per Mail mitteilt, dass sie die Möbellagerung nicht bezahlen? Es bräuchte dazu eine Mitteilung mit Rechtsmittelbelehrung. Diese müsste an die Gemeinde gerichtet sein, da diese entscheidet und nicht wir als Sozialdienst. Weiter verstehe ich nicht, warum die Dienststelle für Sozialwesen für eine solche Verfügung noch Fr. 60.00 verlangt.
Ich bin der Ansicht, dass:
1. Gemäss meiner Auslegung der Weisung, die Möbellagerung befristet übernommen werden müssen, da Herr B. nicht mehr in einer Wohnung, sondern in einem WG-Zimmer wohnt
2. Sich die Dienststelle für Sozialwesen nicht an den rechtsgültigen Weg haltet. Es ist meiner Meinung nach eine Mitteilung mit Rechtsmittelbelehrung an die Gemeinde von Nöten und diese muss kostenlos sein.
Bei Fragen stehe ich gerne zur Verfügung und bin gespannt, was die Abklärungen ergeben.
Freundlicher Gruss
Uli Truffer
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Sehr geehrter Herr Trulli
Vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworte. Sehr Gerne können Sie mir aber Rückfragen stellen oder Anmerkungen machen und wir erarbeiten eine gemeinsame Lösung.
1. Zu Ihrer Frage, ob die Finanzierung der Möbellagerung bis Ende Jahr übernommen werden muss
Gemäss Art. 10 Abs. 4 des Gesetzes über die Eingliederung und die Sozialhilfe im Kanton Wallis (GES, SGS 850.1) müssen die Art, das Ausmass und die Dauer der materiellen Leistungen der Situation des Hilfesuchenden Rechnung tragen. In der Weisung vom 01.07.2012 des Departements für Gesundheit, Soziales und Kultur betreffend die Berechnung des Soziahilfebudgets (Stand 01.01.2016) wird unter Ziff. 3 (Wohn- und Umzugskosten) festgehalten, dass im Kanton Wallis für Wohnkosten Kapitel B.3 der SKOS-Richtlinien anwendbar sei und der Mietzins angerechnet werde, insofern er den durch jede Gemeinde oder Region festgelegten Ansätze entspricht. Unter Ziff. 3.5 der Weisung vom 01.07.2012 wird zum Thema stationärer Aufenthalt ausgeführt, dass bei Personen in stationären Einrichtungen die Übernahme des Mietzinses von der Dauer der Platzierung abhänge. Wenn die Dauer der Platzierung 6 Monate übersteige, sei zu prüfen, ob die Kündigung des Mietvertrags angemessen sei. Gegebenenfalls sei zu prüfen, ob es angemessen ist, die Möbel in einer Möbelenlagerung aufzubewahren und die diesbezüglichen Kosten ins Budget zu integrieren. In Ziff. 5 der Weisung vom 01.07.2012 wird weiter das Thema situationsbedingte Leistungen geregelt. Diese haben ihre Ursache in der besonderen gesundheitlichen, wirtschaftlichen oder familiären Lage einer unterstützten Person. In der Folge werden diverse situationsbedingte Leistungen aufgeführt, nicht jedoch die Finanzierung eines Möbellagers. Dieses kann nach Kapitel C.1.8 der SKOS-Richtlinien nur als weitere situationsbedinte Leistung eingestuft werden, die stets in der Besonderheit der Situation der Betroffenen und der Zielsetzung des Hilfsprozesses begründet liegen müssen.
Der junge Erwachsene in Ihrem Fall befindet sich nicht in einer stationären Einrichtung. Er ist vielmehr in ein WG-Zimmer gezogen, weil der Mietzins der bisherigen Wohnung über dem Grenzwert lag. Seine Situation kann meiner Meinung nach deshalb nur schwer mit dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung verglichen werden. Dass er in absehbarer Zeit wieder in eine eigene Wohnung zurückkehrt, ist meiner Ansicht nach zudem eher unwahrscheinlich, weil er noch mehrere Jahre als junger Erwachsener (bis 25ig) gilt und die Grenzwerte entsprechend tief sind. Es ist entgegen eines Klienten in stationärer Einrichtung deshalb nicht von einem vorübergehenden Zustand auszugehen, weshalb meiner Ansicht nach die Übernahme der Einlagerungskosten - auch vorübergehend - tatsächlich nicht angezeigt ist (die Übrnahme der Möbellagerkosten ist auch bei Klienten in stationären Einrichtungen nicht verhältnismässig, wenn der Aufenhalt länger dauert und nicht in absehbarer Zeit mit einem Austritt gerechnet werden kann). Anders würde es sich meiner Ansicht nach nur verhalten und die Einlagerungskosten könnten allenfalls als situationsbedingte Leistungen übernommen werden, wenn bereits im heutigen Zeitpunkt absehbar ist, dass der Klient wieder in angemessener Frist in eine eigene Wohnung einzieht und die Finanzierung der Lagerung der Möbel günstiger kommt als die Finanzierung von neuen Möbeln im Zeitpunkt der Anmietung einer eigenen Wohnung.
2. Zu Ihrer Frage, ob die Dienststelle für Sozialwesen, die Ablehnung der Übernahme der Einlagerungskosten hätte verfügen müssen
Nach Art. 6 GES ist das zuständige Departement in seiner Eigenschaft als Kontrollbehörde durch seine Dienststelle für Sozialwesen unter anderem befugt, Ablehnungsentscheide bezüglich der Anerkennung von Sozialkosten zu erlassen, wenn diese nicht gerechtfertigt sind (Bst. c). Anerkennt die Dienststelle die Sozialhilfebeiträge nicht, kann beim Staatsrat Beschwerde eingereicht werden (Art. 40 Abs. 3 GES). Daraus folgt, dass die Dienststelle nicht formlos entscheiden kann, sondern eine anfechtbare Verfügung erlassen muss, wenn die Gemeinde nicht einverstanden ist mit dem Entscheid.
Sie können somit von der Dienststelle für Sozialwesen eine anfechtbare Verfügung betreffend Möbellagerkosten verlangen oder sonst einen Entscheid, den Sie als Gemeinde anfechten können.
Ich hoffe, Ihnen vorerst mit meiner Antwort weiterhelfen zu können.
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach
Guten Tag Frau Loosli Brendebach
Ich danke Ihnen für Ihre Rückmeldungen. Aus diesen stellen sich mir nach wie vor noch Fragen hinsichtlich einer juristischen Präzisierung der Situation.
- Wie in meiner Fragestellung erwähnt, wurden meinerseits die Einlagerungskosten der Möbel befristet auf 2 Monate beantragt mit der Auflage, dass mein Klient gemeinsam mit seiner Beiständin diese Zeit nutzen muss, um sich nach einer anderen Wohnung umzuschauen, die den Mietzinsrichtlinien entspricht. Es drängt sich aus meiner Sicht die Frage der Verhältnismässigkeit auf hinsichtlich wirtschaftlicher Argumente: die Aufforderung der prompten Möbelentsorgung könnte dazu führen, dass bei einem allfälligen Zügeln in den nächsten Monaten erneut ein Antrag auf neue Möbel gestellt werden muss - dies würde dann ja um einiges mehr Kosten verursachen.
- In wieweit spielt hier der Umstand eine zentrale Rolle, dass mein Klient verbeiständet ist und diese Anordnung unter anderem aufzeigt, dass Erkenntisse hinsichtlich einer Rückkehr ins Elternhaus vorliegen und die darüber Auskunft geben, dass eine Rückkehr aus Sicht des Klienten nicht zumutbar ist. Diesem Umstand leite ich eine Dringlichkeitsnote ab, die meiner Ansicht seitens der Dienststelle nicht entsprechend gewürdigt wird in der Entscheidungsfindung. Wie beurteilen Sie dies aus Ihrer Sicht als Juristin?
Besten Dank für eine Rückmeldung.
Freundlicher Gruss
Uli Truffer
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Sehr geehrter Herr Truffer
Vielen Dank für Ihre ergänzenden Fragen.
1. Zur Frage der Verhältnismässigkeit
Ja. Behördliches Handeln muss selbstverständlich verhältnismässig sein. Nur ist es unverhältnismässig, Möbellagerkosten auch vorübergehend nicht zu übernehmen, wenn nicht absehbar ist, wann der Klient wieder eine eigene Wohnung findet? Oder mit anderen Worten: ist es denn nicht teurer, die Kosten für 2 Monate zu übernehmen und danach muss der Klient die Möbel entsorgen und später Neue kaufen, weil er keine Wohnung gefunden hat? Hätten Sie in diesem Fall verlängern wollen? Wie lange hätten Sie verlängern wollen? So lange, als es noch billiger ist einzulagern als neu zu kaufen? Und was, wenn die Zeit abgelaufen ist, in der die Einlagerung noch billiger ist?
Ich bin aber durchaus der Meinung, dass sie einen anfechtbaren Entscheid verlangen und mittels Rechtsmittel geltend machen können, aus welchen Gründen es wahrscheinlich ist, dass der Klient sobald eine eigene Wohnung findet, dass die Einlagerung günstiger als die Neuanschaffung ist. So können Sie z.B. geltend machen, dass der Klient in der Zwischenzeit tatsächlich eine Wohnung gefunden hat (falls dem so ist) und die Einlagerung damit die günstigste Variante ist. Wenn Sie nicht begründen können, dass die Einlagerung die günstigste Variante ist, sehe ich einen Erfolg als schwierig.
2. Zum Thema der Verbeiständung
Dass der Klient nicht zu seinen Eltern zurück kann, sehe ich nicht als Argument, die Lagerkosten zu übernehmen. Er hat ja eine Unterkunft. Der Beistand kann höchstens diesbezüglich ein Argument sein, als dass mit seiner Hilfe schneller eine eigene Wohnung im Grenzwert gefunden werden kann. Dafür müssten aber Hinweise wie die intensive Wohnungssuche durch diesen gegeben sein.
Zusammengefasst: ich verstehe Sie und den Klienten, wenn Sie die Möbel erhalten möchten. Ausschlaggebend für einen Erfolg scheint mir der Nachweis der bisherigen Bemühungen um eine Wohnung und ein entsprechender Erfolg bei der Suche zu sein, die die Lagerung als die günstigste Variante erscheinen lassen.
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach