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Kostenübernahme Transportkosten bei wechselnden Unterstützungswohnsitzen ? ?

Veröffentlicht:
02.09.2020
Kanton:
Zürich
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag,

Ich habe folgende Frage:

Klientin X. hatte vom 1.12.19 – 30.04.20 Wohnsitz in Gemeinde A, vom 1.05. – 30.06.2020 in der Gemeinde B und ab 1.07.2020 in der Gemeinde C.

Ich unterstütze die Klientin seit 1.04.2020 im Rahmen einer Vertretungsbeistandschaft.

 

Ab 1.05.2020 wurde sie von der Sozialhilfe unterstützt.

Im Mai 20 von der Gemeinde A, im Juni und Juli 20 von der Gemeinde B. und ab August 20 in der Gemeinde C.

Vor dem 1.05.2020 war ihr Vermögen noch über der Vermögensgrenze von Fr. 4'000.-, daher wurde sie noch nicht finanziell unterstützt.

 

In der Zeit von Dezember 19 und Januar 20 hatte sie 6 Transporte mit der Ambulanz in den Spital. Die Kosten beliefen sich auf knapp Fr. 4'000.-. Kenntnis der offenen Rechnungen habe ich als Beiständin erst mittels Zahlungsbefehl von der Rechnungsstellerin im Mai 2020 erhalten. Darauf wurden alle Rechnung bestellt und an die Krankenkasse eingereicht – diese übernahm – zu meiner Verwunderung - von allen Transporten 50 % der Kosten.

Die Abrechnungen der Krankenkasse für die Transportkosten sind im Mai und Juni 2020 eingetroffen und die Kostenanteile wurden auf das Konto, dass wir für die Klientin führen überwiesen.

 

Ist die Gemeinde A (Wohnsitz vom 1.12.19 – 30.04.2020 und Sohi Mai 2020) oder die Gemeinde B (Wohnsitz 1.05. – 30.06.2020 – Sohi Juni und Juli 2020) für die Rückerstattung der Krankheitskosten / Anteil der Transportkosten zuständig ?

Beide Gemeinden lehnen ihre Zuständigkeit für die Kostenübernahme ab. Sollte sich innert nützlicher Frist keine Lösung finden, gehen wir davon aus, dass die offene Anteile der Transportkosten (die Anteile der Krankenkassen haben wir bereits an die Rechnungsstellerin überwiesen) erneut über den betreibungsrechtlichen Weg eingefordert werden und dass es dann zu einem Verlustschein für die Klientin kommen würde.

 

Zu welchem Zeitpunkt könnte die Rechnungsstellerin an die Wohnsitzgemeinde gelangen mit dem Gesuch zur Übernahme der Transportkosten ?

Dafür käme unseres Erachtens nur die Gemeinde A in Frage, da sowohl die Transporte sowie auch die Zahlungsfrist für die Transportrechnungen in ihre Zuständigkeit fallen.

Weiter ist anzumerken, dass die Sozialhilfe der Gemeinde A früher finanziell hätte unterstützen müssen, wenn die Klientin die Transportrechnungen innert Zahlungsfrist beglichen hätte.

Wie ist Ihre rechtliche Einschätzung zum Sachverhalt ?

Zu welchem Vorgehen raten Sie uns ?

Besten Dank.

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag Frau Iten

Besten Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne beantworten werde. Vorab habe ich folgende Fragen dazu:

- Sind die Gemeinden A, B und C alles Zürcher Gemeinden?

- Welche Gründe führen die Gemeinden A und B an?

Besten Dank.

Ruth Schnyder

Guten Tag Frau Schnyder,

ja es sind alles Zürcher Gemeinden.

Gründe:

Gemeinde A teilt mit, dass die Krankentransporte vor der finanziellen Unterstützung waren. 

Gemeinde B hat mitgeteilt, dass ihres Erachtens Gemeinde A zuständig sei - auch weil meine Klientin zum Zeitpunkt der Krankentransporte in der Gemeinde A zivilrechtlichen Wohnsitz hatte.

Besten Dank.

Verena Iten

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Sehr geehrte Frau Iten

Ich schliesse mich Ihrer Auffassung an, dass wohl die Gemeinde A die Kosten für die Krankentransporte aus der Zeit vor der finanziellen Unterstützung durch A (sowie B und C) aufkommen muss. Dies aus folgenden Gründen:

Unbestritten ist, dass die ungedeckten Nottransportkosten im Rahmen der wirtschaftlichen Hilfe zu übernehmen sind (vgl. dazu § 15 SHG ZH sowie der Verweis § 17 SHV ZH auf die SKOS-Richtlinien und da die Empfehlungen gemäss Kapitel B.5).

In zeitlicher Hinsicht ist für die Übernahme der Gesundheitskosten primär das Fälligkeitsdatum massgebend. Dies kann dem Zürcher Sozialhilfe-Behördenhandbuch entnommen werden, und zwar dem Kapitel 18.1.03 der Verbuchungsgrundsätze im Zusammenhang mit der Kostenersatzpflicht .

Im 3. Abschnitt/3.1 Buchstabe f. wird auf die Rechtsfragen-Kommission der SKOS verwiesen, wonach für die Frage der Weiterverrechnung der Zeitpunkt der Fälligkeit der Rechnung massgebend ist. Mit diesem Kriterium wird insbesondere die Abgrenzung gegenüber Schulden vorgenommen, die gewöhnlich von der Sozialhilfe nicht übernommen werden. D.h. wenn das Fälligkeitsdatum in die Unterstützungsperiode fällt, gehört die Rechnung zum aktuellen Bedarf, der durch die wirtschaftliche Hilfe zu decken ist. Damit ist auch klargestellt - und ergibt sich auch aus dem Handbuch -, dass der Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht massgebend ist. Im Übrigen spricht sich das Bundesgericht in BGE 138 V 445 E. 6.4.2 auch dafür aus, dass das Fälligkeitsdatum massgebend ist.

Sie geben an, dass die Zahlungsfrist in die Zuständigkeit der Gemeinde A fällt. Wenn demnach die Fälligkeit in den Monat Mai gefallen ist, dann ist die Gemeinde A zuständig für die Begleichung dieses Bedarfs.

Nun verhält es sich aber so, dass die Klientin die Rechnung damals nicht eingereicht hat – womöglich war sie nicht in der Lage dazu. Sie möchte dies nun nachholen, da die Rechnung nur teilweise beglichen ist. Für diese Konstellation habe ich bei kurzer Durchsicht weder Hinweise im Handbuch, in der Literatur noch in Rechtsprechung gefunden. Grundsätzlich deckt die Sozialhilfe nur den aktuellen Bedarf ab (sogenanntes Bedarfsdeckungsprinzip, vgl. Kap. A.4 SKOS-RL), d.h. für Schulden vor der Unterstützung kommt die Sozialhilfe in der Regel nicht auf, wie bereits oben erwähnt. Dieses Prinzip verbietet meiner Meinung nach aber nicht, offene Rechnungsbeträge zu übernehmen, die in eine vergangene Unterstützungsperiode fallen, insbesondere wenn bei Auffinden der Rechnung oder - wie hier - bei Eingang des Zahlungsbefehls nach wie vor Bedürftigkeit vorliegt. Letztlich könnte der rückwirkenden Übernahme die Verjährung ein Riegel schieben, jedoch kann diese hier noch nicht Thema sein, da es sich nur um wenige Monate handelt. 

Insoweit stelle ich mich auf den Standpunkt, dass die Gemeinde A die Rechnung übernehmen muss, soweit die Fälligkeit in ihre Zuständigkeitsperiode fiel (d.h. Mai 2020). Wie bereits erwähnt ist aber die rückwirkende Übernahme von «vergessenen» Rechnungen während der Unterstützungszeit ein ungeklärter Punkt. Dem könnte auch das weitere Vorgehen Abhilfe schaffen.

Wie Sie schreiben, drängt die Zeit. Wenn die Gemeinde A nicht innert kurzer Frist die Übernahme positiv entscheiden kann, bin ich der Meinung dass die aktuelle Wohngemeinde einspringen muss und sich dann mit der Gemeinde A ins Vernehmen setzen muss. Dabei ist das Vorgehen bei innerkantonalen Zuständigkeitsstreitigkeiten einzuhalten, welches im Handbuch im Kapitel 3.3.01 beschrieben wird. Bei diesen Fragen ist das kantonale Sozialamt befugt, die Zuständigkeit festzulegen.   

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen Ihre Frage beantwortet zu haben.

Freundliche Grüsse

Ruth Schnyder