Sehr geehrte Damen und Herren
Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) hat sechs begleitete Besuchstage (circa 2 Stunden) sowie anschliessend sechs begleitete Übergaben angeordnet. Die Fürsorgebehörde wird ersucht, Kostengutsprache subsidiär zur Unterhaltspflicht des Vaters, zu erteilen.
Im BGE 95 II 381 wird betreffend Besuchsrechtskosten festgehalten, dass die Kosten für den persönlichen Verkehr (Besuchsrecht) nach Lehre und Rechtsprechung zu Lasten des besuchsberechtigten Elternteils (BGE 95 II 381) gehen. Befindet sich der besuchsberechtigte Elternteil aber in ungünstigen Verhältnissen, so können die Kosten auch ganz oder teilweise dem obhutsberechtigten Elternteil überbunden werden. Sind beide Elternteile objektiv wirtschaftlich nicht in der Lage für die Besuchsrechtskosten aufzukommen, sind diese nach den Bestimmungen des kantonalen Sozialhilferechts vom unterstützungspflichtigen Gemeinwesen zu tragen, da die Ausübung des Besuchsrechts als Persönlichkeitsrecht nicht von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit abhängig gemacht werden darf.
Die Kindsmutter und der Kindsvater sind wirtschaftlich nicht in der Lage die Besuchsrechtskosten zu tragen. Der Kindsvater hatte vor dem Wegzug ins Ausland den Wohnsitz und den Aufenthalt in einem anderen Kanton. Für die Besuch kommt er jeweils mit dem Touristenvisum in die Schweiz und wohnt bei seinen Eltern, welche ebenfalls in einem anderen Kanton wohnen.
Welches Gemeinwesen hat für die begleitete Besuchstage (circa 2 Stunden) sowie anschliessend sechs begleitete Übergaben aufzukommen?
Herzlichen Dank für Ihre Antworten.
Philipp Schaller
Frage beantwortet am
Ruth Schnyder
Expert*in Sozialhilferecht
Lieber Philipp
Gerne beantworte ich deine Anfrage. Zum begleiten Besuchsrecht findet sich im Schwyzer Sozialhilferecht lediglich eine Empfehlung im Schwyzer Handbuch zur Sozialhilfe, 2018, welche die Anwendung der SKOS-RL konkretisieren, die nach § 4 ShV für den Kanton Schwyz wegleitend sind. Unter situationsbedingte Leistungen, Kapitel C.1.3 (S. 5), führt das Handbuch im Wesentlichen aus, dass derjenige Elternteil die Kosten des begleiteten Besuchsrechts zu tragen hat, welcher die Ursache dafür gesetzt hat. Haben beide Eltern das begleitete Besuchsrecht zu vertreten, sind die Kosten aufzuteilen. Massgebend ist grundsätzlich deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
Diese Regelung, welche dem Verursacherprinzip folgt, ist in der Praxis wohl häufig anzutreffen. Führt diese im geschilderten Fall dazu, dass der Vater für die Kosten aufkommen muss, fragt sich, wie zu verfahren ist, wenn er das begleitete Besuchsrecht wahrnimmt, in der Schweiz aber keinen Wohnsitz mehr hat und nicht über die Mittel verfügt, um die Kosten finanzieren zu können.
Eine Anknüpfung für diese Frage bietet Art. 21 ZUG (im innerkantonalen Verhältnis § 21 ShG). Danach hat eine ausländische Person – ohne langfristiges Bleiberecht -, wenn sie in Not gerät, Anspruch auf sofortige Hilfe des Aufenthaltskantons bzw. im innerkantonalen Verhältnis unaufschiebbare Hilfe der Aufenthaltsgemeinde (§ 21 ShG). Es handelt sich demnach um einen Anspruch, der auf das Notwendige beschränkt ist. Aus meiner Sicht ist sehr fraglich, ob Kosten des begleiteten Besuchsrechts darin enthalten sein können. Wohl ist das eher zu verneinen.
Damit das begleitete Besuchsrecht nicht an der Finanzierung scheitert, kann eine weitere Anknüpfung über dessen Rechtsnatur etabliert werden. Das begleitete Besuchsrecht stellt eine Kindesschutzmassnahme (Art. 307 ff.) im Sinne einer Besuchsrechtsbeistandschaft nach Art. 308 Abs. 2 ZGB dar (Margot MICHEL/Christine SCHLATTER, in: Kurzkommentar ZGB, Hrsg. Andrea Büchler, Dominique Jakob, Basel 2018, Rz. 21 zu Art. 273).
Die Finanzierung von Kindesschutzmassnahmen ist Teil der Unterhaltspflicht der Eltern nach Art. 276 Abs. 2 ZGB. D.h. sie müssen vorrangig diese Kosten tragen. Kann der betreffende Elternteil (oder die Eltern) die Kindesschutzmassnahme nicht finanzieren, kann im Grunde gleich verfahren werden, wie beim Ausbleiben des Unterhaltsbeitrages (oder wie in Fällen der dauerhaften Fremdplatzierung): In solchen Fällen kommt jenes Gemeinwesen dafür auf, das für die Unterstützung des Kindes zuständig ist (Art. 12 bzw.. 20 i.V.m. Art. 7 ZUG). Anschliessend kann es den säumigen Elternteil, soweit aussichtsreich, belangen.
Nachteil dieses Ergebnisses ist, dass in deinem Fall die Mutter, die wahrscheinlich mit dem Kind eine Unterstützungseinheit bildet, im Falle einer Rückerstattungspflicht diese Kosten ebenfalls zurückerstatten müsste (§ 25 Abs. 2 ShG), was stossend sein kann. Das betreffende Gemeinwesen sollte in diesem Fall prüfen, ob es auf die Rückerstattung dieser Kosten verzichten kann. Das Kind selber ist jedenfalls von einer Rückerstattungspflicht befreit (§ 25 Abs. 4 ShG).
Ich hoffe, meine Ausführungen konnten deine Frage beantworten.
Liebe Gruess, Ruth
Liebe Ruth
Herzlichen Dank für deine ausführliche Beantwortung.
Freundliche Grüsse
Philipp Schaller