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Konkubinatsbeitrag bei stationärem Aufenthalt?

Veröffentlicht:
27.09.2024
Kanton:
Luzern
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag 

Ein Klient möchte in eine stationäre Suchttherapie. Es handelt sich dabei um eine sozialtherapeutische Einrichtung, die grösstenteils über den Kanton finanziert wird. Für den Selbstkostenbeitrag (Fr. 900.-) hat der Klient Sozialhilfe beantragt. Jedoch besteht aufgrund des Konkubinatsbeitrages seiner Partnerin keinen Anspruch.

Es handelt sich bei der Therapie um eine stationäre Langzeit-Suchttherapie. Der Kanton finanziert die Therapie i.d.R. bis zu zwei Jahre. Ein Wohnortwechsel ist nicht möglich, da der Aufenthalt in der Institution keinen Wohnsitz begründet. Gemeldet bleibt der Klient also weiterhin am letzten Wohnort.

Faktisch lebt das Konkubinatspaar während des Aufenthalts also getrennt. Sie bleibt in der gemeinsamen Wohnung, wo er sie an den Wochenenden besucht. 

Ist der Konkubinatsbeitrag in dieser Situation zulässig?

Allgm. ist ja der Konkubinatsbeitrag umstritten: (https://sozialhilfeberatung.ch/entry/ein-gravierende-luecke-im-gesetz) Wie schätzen sie diese Rechtslage ein? 

Viele Dank für Ihre Antwort

Freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Ich bedanke mich für Ihre Frage. Die von Ihnen gestellte Frage erscheint mir nicht eindeutig beantwortbar. Dies hat folgende Gründe:

Nach § 30 Abs. 2 SHG LU sind die SKOS-RL massgebend für die Bemessung der Unterstützung. Nach SKOS-RL D.4.4 gilt ein Konkubinat grundsätzlich dann als stabil, wenn die Partner seit mindestens zwei Jahren in einer Beziehung zusammenleben oder wenn sie weniger als zwei Jahre zusammenleben aber ein gemeinsames Kind haben. Auch im Sozialhilfehandbuch des Kantons Luzern ist in Lit. a zu SKOS-RL D.4.4 ausdrücklich festgehalten, dass ein stabiles/gefestigtes Konkubinat dann zu vermuten ist, wenn ein Paar seit über zwei Jahren einen gemeinsamen Haushalt bildet.

Befindet sich einer der Konkubinatspartner in einem stationären Aufenthalt, so stellt sich für mich deshalb die Frage, ob das Paar in dieser Zeit zusammenlebt oder – wie es im Sozialhilfehandbuch des Kantons Luzern steht – einen gemeinsamen Haushalt bildet.

Diese Frage scheint mir nicht einfach und auch nicht allgemein gültig beantwortbar. Befindet sich die unterstützte Person durchgehend in der stationären Einrichtung – also auch am Wochenende – scheint es mir schwierig, noch von einem Zusammenleben bzw. einem gemeinsamen Haushalt zu sprechen. Kommt die Person, die sich in stationärem Aufenthalt befindet, am Wochenende in die gemeinsame Wohnung zurück und lebt mit der Partnerin/dem Partner zusammen, kann allenfalls dennoch von einem Zusammenleben bzw. von einem gemeinsamen Haushalt gesprochen werden. In diesem Fall könnten die Voraussetzungen für einen Konkubinatsbeitrag nach wie vor gegeben sein. Ob dies so ist, kann ich aber nicht abschliessend beurteilen, denn ich habe keine entsprechende Rechtsprechung gefunden.

Kann man während des stationären Aufenthalts nicht mehr von einem Zusammenleben sprechen – z.B. weil die Person, die im stationären Aufenthalt ist, auch am Wochenende nicht nach Hause kommt – müsste man nach dem Formulierung von SKOS-RL D.4.4 davon ausgehen, dass die zentraVoraussetzung für ein Konkubinat – das Zusammenleben – fehlt und deshalb während dem stationären Aufenthalt kein Konkubinatsbeitrag geschuldet ist.

Allerdings stellt sich für mich die Frage, wie diesbezüglich die Rechtsprechung des Bundesgerichts zu interpretieren ist, dass das stabile Konkubinat rechtsgleich wie die Ehe zu behandeln ist (z.B. BGE 141 I 153 E.5.2). So würde bei einer Ehe bei einem stationären Aufenthalt das Einkommen des Ehegatten auch bei der Person, die sich stationär aufhält, anteilsmässig berücksichtigt werden. Man könnte deshalb zum Schluss kommen, dass in den Fällen, in denen das Zusammenleben nach der Beendigung des stationären Aufenthalts wieder aufgenommen werden soll, ein Konkubinatsbeitrag rechtsgleich zur Ehe auch während dem stationären Aufenthalt berücksichtigt werden darf, auch wenn in dieser Zeit des stationären Aufenthalts das Zusammenleben nicht besteht. Dies sind aber theoretische Überlegungen. Wie ein Gericht entscheiden würde, kann ich nicht beurteilen, zumal ich keinen entsprechenden Entscheid gefunden haben.

Zusammenfassend kann ich deshalb festhalten, dass meiner Ansicht nach bei einem stationären Aufenthalt eines Konkubinatspartners/einer Konkubinatspartnerin einerseits die konkrete Situation zu beachten ist und zudem ein gewisser Ermessensspielraum der Gemeinden besteht, solange die Rechtsprechung diesen noch nicht geschlossen hat

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort helfen zu können.

Freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag 


Ich habe mir noch folgende ergänzende Überlegungen gemacht: Man könnte bei einem vorübergehenden stationären Aufenthalt auch bei allen Konstellationen  sagen, das Zusammenleben höre damit nicht auf, denn die meisten persönlichen Gegenstände bleiben in der gemeinsamen Wohnung, der Mietvertrag und die entsprechendeb kosten bleiben bestehen und nach dem Aufenthalt kehrt die Person in die gemeinsame Wohnung zurück. 
 

Mit dieser Argumentation könnte ein Konkubinatsbeitrag auch dann während dem stationären Aufenthalt geschuldet sein, auch wenn jemand am Wochenende nicht nach Hause kommt.
 

Da ich keine Rechtsprechung gefunden habe, wäre es tatsächlich interessant zu sehen, was ein Gericht zu dieser Argumentation sagt.

 

Freundliche Grüsse

Vielen Dank für Ihre Ausführungen. 

Nachtrag: Die Gemeinde hat zwar den Anspruch auf Sozialhilfe abgelehnt, wird jedoch die Monatspauschale, sowie volle Prämienverbilligung im Rahmen der situationsbedingten Leistunge (SIL) für ein halbes Jahr übernehmen. 

Liebe Grüsse

Vielen Dank für Ihre Ausführungen. 

Nachtrag: Die Gemeinde hat zwar den Anspruch auf Sozialhilfe abgelehnt, wird jedoch die Monatspauschale, sowie volle Prämienverbilligung im Rahmen der situationsbedingten Leistunge (SIL) für ein halbes Jahr übernehmen. 

Liebe Grüsse