Bei uns befindet sich eine Patientin in stationärer psychiatrischer Behandlung. Die Patientin führt seit einigen Jahren als Selbständigerwerbende eine kleine Bar (Einzelunternehmen, keine Angestellte). Hierfür zahlt sie Miete, Steuern, Gebühren, Warenkosten usw. Monatlich kann sie sich einen Lohn von CHF 2'000 bis 2'500 auf ihr Privatkonto überweisen.
Mit ihrem Lebenspartner lebt sie in einem gemäss Sozialhilfe gefestigtem Konkubinat. Zusammen teilen sie sich eine Wohnung. Der Partner bezieht nach einem Unfall seit ca. 3.5 Jahren Sozialhilfe und wartet auf den IV-Entscheid. Bisher wurde anhand eines erweiterten Budgets der Konkubinatsbeitrag der Patientin berechnet, ausgehend vom monatlich überwiesenem Lohn. Entsprechend erhielt der Partner nur reduzierte Sozialhilfeleistungen. Seit der vollumfänglichen Krankschreibung der Patientin erhält sie nun nach einer Wartezeit von 30 Tagen ein Krankentaggeld (ca. CHF 3’300/Monat) auf das Geschäftskonto. Nun hat das Sozialamt eine Neuberechnung des erweiterten Budgets vorgenommen und hat als Einkommen die volle Krankentaggeldleistung der Patientin einberechnet. Demnach erhält der Partner nun keine Sozialhilfeleistungen mehr. Unseres Erachtens wurde dabei aber nicht berücksichtigt, dass bei der Bar weiterhin Fixkosten (Miete, Strom, Versicherungen usw.) entstehen, welche die Patientin mittels ausbezahltem Krankentaggeld bezahlen müsste. Zwar wird die Bar dank einer Aushilfsperson reduziert weiterbetrieben, es entstehen nun aber Lohnkosten. Ob die Aufrechterhaltung des Barbetriebes wirtschaftlich ist, scheint fraglich.
Unsere Frage ist deshalb, ob das Sozialamt die Taggeldleistung der Patientin tatsächlich 1:1 als Einkommen ins erweiterte Budget einrechnen darf, also ohne die Geschäftskosten zu berücksichtigen. Zusätzlich würde es uns interessieren, ob generell im erweiterten Budget bei der Patientin nicht auch eine Art «Einkommensfreibetrag» oder zumindest eine Integrationszulage berücksichtigt werden könnte.
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Ich bedanke mich für Ihre Frage und beantworte diese gerne wie folgt:
Im Sozialhilfehandbuch des Kantons Luzern, Anhang 14 wird zur Berechnung des Konkubinatsbeitrags auf die Praxishilfen der SKOS-Richtlinien (SKOS-RL) zum Thema Konkubinatsbeitrag verwiesen.
In der Praxishilfe "erweitertes SKOS-Budget" macht die SKOS Empfehlungen, wie der Konkubinatsbeitrag zu berechnen ist. Danach ist neben dem anteilsmässigen Grundbedarf, den anteilsmässigen Wohnkosten, der medizinischen Grundversorgung und den situationsbedingten Leistungen (SIL) auch der Einkommensfreibetrag zu gewähren, der bei einer unterstützten Person gewährt würde. Nach SKOS-RL D.2 ist ein Einkommensfreibetrag nur auf Einkommen aus dem ersten Arbeitsmarkt zu gewähren. Kein Einkommensfreibetrag ist nach SKOS-RL D.2 Erläuterungen lit. b auf Ersatzeinkommen wie Taggeldern von Sozialversicherungen zu gewähren.
Zwischenfazit: Da die Einnahmen der Konkubinatspartnerin aktuell in Krankentaggelder von der Sozialversicherung bestehen, muss kein Einkommensfreibetrag gewährt werden.
Ergänzend sei ausgeführt, dass als Aufwandpositionen auch Unterhaltszahlungen, Steuern, Schuldentilgung und Einzahlung in die Säule 3a zu berücksichtigen sind.
Ist die Konkubinatspartnerin rechtlich selbständig und hat als Selbständige eine Krankentaggeldversicherung abgeschlossen, so kommt es auf den Versicherungsvertrag an. Die meisten Krankentaggeldversicherungen versichern für Selbständigerwerbende den Erwerbsausfall d.h. die Bruttoeinnahmen. In diesem Fall müssen bei der Berechnung des Konkubinatsbeitrags die Ausgaben für die selbständige Tätigkeit auch während der Krankheit abgezogen werden.
Fazit: Bei Krankentaggeldern von Selbständigen empfehle ich, den Vertrag mit der Krankentaggeldversicherung zu lesen. Wurde der Erwerbsausfall d.h. die Bruttoeinnahmen (z.B. mit einer bestimmten Summe) versichert, dann sind die während der Krankheit laufenden Ausgaben vom Krankentaggeld in Abzug zu bringen bei der Berechnung des Konkubinatsbeitrags.
Ergänzend sei ausgeführt, dass wenn die Konkubinatspartnerin sich selbst mit einem Arbeitsvertrag in ihrem Unternehmen angestellt und für sich eine Krankentaggeldversicherung als Angestellte abgeschlossen hat, von den Krankentaggeldern die Ausgaben für die selbständige Tätigkeit bei der Berechnung des Konkubinatsbeitrags nicht abgezogen werden können, da sie dann Krankentaggelder als Unselbständige erhält.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort helfen zu können.