Guten Tag
Frau X. ist als Beiständin für ihren erwachsenen Sohn eingesetzt (Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung). Der Sohn bezieht eine IV-Rente und Ergänzungsleistungen. Er hat ein Vermögen von rund 12'000.00. Frau X. hat bei der KESB angefragt, ob/welchen Betrag sie aus dem Vermögen für die gemeinsamen Familienferien aufwenden darf. Der Einfachheit halber hat sie eine Pauschale von Fr. 100.00 pro Tag vorgeschlagen (die Familie übernachtet in Ferienwohungen, kauft Lebensmittel ein, teilt sich die Rechnungen beim Restaurantbesuch, mietet gemeinsam ein Auto...).
Die KESB hat Frau X. mitgeteilt, dass dieser Betrag zu hoch sei und begründet dies damit, dass das Vermögen des Sohns unter Fr. 15'000.00 liegt. Somit muss der Kanton die Entschädigung für die Mandatsführungskosten übernehmen. Solche "nicht unbedingt nötigen Auslagen" seien erst wieder möglich, wenn sie für den Sohn ein Vermögen von über Fr. 15'000.00 angespart habe. Für einen Bezüger von Ergänzungsleistungen ist dies ein hochgestecktes Ziel...
Kann die KESB diese Forderung stellen? Falls dies nicht zuläsig wäre: Wie kann Frau X. gegen diese (mündliche) Bestimmung vorgehen? Muss Frau X. die KESB überhaupt um Zustimmung für solche Ausgaben wie Ferien etc. fragen?
Ich bin gespannt auf Ihre Rückmeldung! Vielen Dank und freundliche Grüsse
Kathrin Kayser
Frage beantwortet am
Karin Anderer
Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz
Sehr geehrte Frau Kayser
Der Beistand oder die Beiständin verwaltet, gemäss Art. 408 ZGB, die Vermögenswerte sorgfältig. Nach Art. 406 ZGB erfüllt der Beistand oder die Beiständin die Aufgaben im Interesse der betroffenen Person und nimmt, soweit tunlich, auf deren Meinung Rücksicht und achtet deren Willen, das Leben entsprechend ihren Fähigkeiten nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten. Und nach Art. 409 ZGB stellt der Beistand oder die Beiständin der betroffenen Person aus deren Vermögen angemessene Beträge zur freien Verfügung.
Die Beiständin hat, um ihrer Sorgfaltspflicht nachzukommen, die Finanzierung des gewöhnlichen Lebensunterhalts ihres Sohnes sicherzustellen; idR wird ein Budget erstellt. Ist Erspartes vorhanden, so kann der Sohn mit seiner Familie in die Ferien fahren, wenn ihm das (auch mutmasslich) Freude und Genuss bereitet. Die Höhe der Ausgabe darf die Finanzierung des gewöhnlichen Lebensunterhalts nicht gefährden und selbstredend sind nur die Kosten des Sohnes daraus zu zahlen. Gemäss Ihrer Schilderung scheint das Vorhaben aus finanzieller Sicht vertretbar.
Auch Personen die Ergänzungsleistungen beziehen, dürfen von ihrem bescheidenen Ersparten zehren. Die Ausssage der auskunfterteilenden Person von der KESB läuft darauf hinaus, dass Personen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen nicht über ihr Vermögen in angemessener Weise verfügen können, was bundesrechtswidrig ist. Die KESB hat keine Befugnis, inhaltlich zu bestimmen, was „nicht unbedingt nötige Auslagen“ sind, mit dem Ziel, die Grenzwerte für die Mandatsführungskosten zu erreichen. Das führt faktisch zu einem „Zwangssparen“.
Die Beiständin führt die Beistandschaft in eigener Regie. Sie hat sich dabei am Wohl des Sohnes zu orientieren und seine Selbstbestimmung zu achten. Sie benötigt für solche Ausgaben keine Zustimmung der KESB. Die KESB hat nur dann zu intervenieren, wenn die Beiständin ihre Sorgfaltspflicht verletzt oder die ihr vom Gesetz eingeräumten Ermessensspielräume verletzt (angemessen Beiträge zur freien Verfügung/Feriengeld). Das ist hier nicht der Fall.
Trotzdem empfehle ich der Beiständin, mit der vorgesetzten Person oder mit dem KESB-Präsidium das Gespräch zu suchen. So kann sie die Pauschale vereinbaren, was allen die Rechnung erleichtert, und die auskunfterteilende Person auf der der KESB kann geschult werden.
Ich hoffe, die Angaben sind nützlich und ich grüsse Sie freundlich.
Luzern, 7.9.2020
Karin Anderer