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Kommen die Eltern in die Unterstützungspflicht?

Veröffentlicht:
24.01.2025
Kanton:
Solothurn
Status:
Neu
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Wir haben eine Neuanmeldung einer KL, welche 20-jährig ist. Sie absolviert seit dem Sommer 2024 ihre Ausbildung als Kauffrau. Sie hatte bereits eine Ausbildung begonnen, welche sie im dritten Lehrjahr abbrechen musste. 

Im Dezember 2024 heiratete sie ihren Partner aus Brasilien.

Die KL und der Ehepartner leben zusammen mit der KL ihren Eltern und Geschwistern in einem Haus. Die Eltern der KL zahlen dem Ehepartner die Krankenkassen und die beiden müssen keinen Mietzins bezahlen. Der Ehepartner kümmert sich um die anderen Geschwister und absolviert zurzeit einen Deutschkurs.

Die KL bezahlt mit ihrem Ausbildungslohn ihre Krankenkasse und den Lebensbedarf von sich und ihrem Ehemann.

Die KL beschreibt das Zusammenleben mit ihren Eltern als schwierig und möchte so rasch als möglich selbständig leben und ausziehen.

Bei der Anmeldung haben wir uns gefragt, ob die finanzielle Unterstützung hier massgebend ist oder gar nicht zum Zuge kommt? Die eheliche, finanzielle Unterstützung kommt nicht in Frage, da gar kein genügendes Einkommen von beiden erwirtschaftet wird. 

Besten Dank für die Rückmeldung.

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Sie haben Ihre Frage geschlossen. Die Antwort wäre nächstens für Sie parat gewesen. Hat sich Ihre Frage demnach zwischenzeitlich erledigt?

Besten Dank für Ihre Antwort.

Freundliche Grüsse, Ruth Schnyder

Nein, die Antwort würden wir gerne erhalten. Danke!

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Gerne beantworte ich Ihre Anfrage. Als finanzielle Unterstützung käme die Unterhaltspflicht der Eltern nach Art. 276 ZGB in Frage – ich gehe davon aus, dass Sie diese meinen. Falls nicht, lassen Sie es mich wissen. Die Unterhaltspflicht dauert gegenüber dem volljährigen Kind grundsätzlich bis zum Abschluss einer Erstausbildung ohne Altersbegrenzung (Art. 277 Abs. 2 ZGB). Sie bezieht sich anknüpfend an das Kindesverhältnis auf den Lebensbedarf des eigenen Kindes. Davon erfasst sind unter anderem die von Ihnen erwähnten Krankenkassenprämien der Tochter, ihre Wohnkosten als auch ihr Lebensbedarf. Nicht erfasst sind jedoch Leistungen, die das Kind gegenüber Dritten schuldet, so etwa die eheliche Unterhaltspflicht der Tochter gegenüber ihrem Ehemann. Das Kind hat sich auf der anderen Seite Eigenleistungen, wie vorliegend den Lehrlingslohn, anrechnen zu lassen. In welchem Umfang ist abhängig von den finanziellen Verhältnissen und vom Lebensstandard der Eltern sowie des Kindes als auch vom Alter des Kindes. Ob es angemessen ist, dass die Tochter ihren Lebensbedarf und ihre Krankenkassenprämien mit dem Lehrlingslohn als Eigenleistung bezahlen muss, kann vorliegend nicht beurteilt werden, ebensowenig inwieweit die Geldleistungen der Eltern an den Ehemann eine Rolle spielen können (dazu siehe aber nachstehend). Es wäre jedoch sinnvoll dies auf Grundlage der konkreten Verhältnisse und Gegebenheiten näher zu untersuchen bzw. abklären zu lassen. Es handelt sich hierbei um zivilrechtliche Grundsätze (vgl. zum Ganzen KUKO-ZGB-Margot Michel/Claudio Ludwig, 2. Auflage, 2018, Art. 276 N 4 ff.; vgl. auch das Zürcher Behördenhandbuch für die Sozialhilfe, Kapitel 17.2.01, Ziff. 10).  So auch die Solothurner «Praxis Sozialhilfe» zur elterlichen Unterhaltspflicht, welche sich auf Art. 276 ZGB bezieht und in Anwendung von § 152 SG / SO auch auf SKOS-RL D.4.2.

Indem die Eltern dem Ehepartner der Tochter die Krankenkasse bezahlen und keinen Mietbeitrag verlangen, tragen sie zu seinem Unterhalt bei. Inwieweit dies seine Arbeitsleistung als Betreuung der weiteren Kinder bzw. Geschwister seiner Ehefrau vergütet, kann nicht beurteilt werden. Jedoch könnte darin unter Umständen ein Ansatz gesehen werden (arbeitsrechtliche Leistung als Hausangestellter Betreuung), einen höheren finanziellen Beitrag der Eltern gegenüber dem Ehemann der Tochter zu rechtfertigen.

Ich hoffe, Ihnen damit Ihre Frage beantwortet zu haben.

Freundliche Grüsse

Ruth Schnyder