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Kollektiv-Krankentaggeldversicherung bei Insolvenz

Veröffentlicht:
23.08.2018
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag, Herr Mösch,
Meinem Klienten wurde das Arbeitsverhältnis per 30.4.2017 gekündigt, sein Arbeitgeber wurde insolvent. Im Arbeitsvertrag (2012) ist keine Krankentaggeldversicherung erwähnt, jedoch hat er auf der Lohnabrechnung ein Abzug für eine KTG-Prämie von 1 % des Lohnes verzeichnet. Bei der Kündigung wurde weder auf das Übertrittsrecht in die Einzeltaggeldversicherung hingewiesen noch wurde ihm eine Offerte für die Einzelversicherung zugestellt. Mein Klient hat keine Kenntnis darüber, wer der Kollektiv-Krankentaggeldversicherer ist.
Ich gehe davon aus, dass er im Normalfall weiterhin in der Kollektivkrankentaggeldversicherung eingeschlossen wäre. Zwischenzeitlich, nach Erhalt der Kündigung ist er erkrankt. Wie kann er seinen Leistungsanspruch gegenüber einer unbekannten Versicherung eines nicht mehr existierenden Arbeitgebers geltend machen?
Nach der Kündigung hat er zuerst Arbeitslosen-Taggeld bezogen, wurde aber am 31. Tag der Erkrankung dort ausgesteuert.
Besten Dank für Ihre Rückantwort & freundliche Grüsse
Anja Keller

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrte Frau Keller
Tatsächlich könnte es gemäss dem Sachverhalt sein, dass im vorliegenden Fall ein nachträgliches Recht zum Übertritt in die Einzelversicherung besteht. Soweit tatsächlich der Klient nicht auf die Möglichkeit zum Übertritt hingewiesen wurde.
Bei Krankentaggeldversicherungen nach VVG (Privatversicherungsrecht) wie bei denen nach KVG (selten) gilt nämlich, dass bei Arbeitslosigkeit nach der Kündigung die Versicherung die arbeitslose Person schriftlich über die Möglichkeit zum Übertritt in die Einzelversicherung informieren muss. Ansonsten bleibt der Versicherte bis zur ordnungsgemässen Information in der Kollektiversicherung. Das gilt auch dann, wenn in der Zwischen die Versicherung ihren Vertrag mit dem Arbeitgeber aufgehoben hat (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 4A_416/2011 vom 30.1.2012 E. 6.1 und Urteil des Bundesgerichts K 67/01 vom 15.10.2002 E. 4.2 (analog). Siehe dazu Art. 100 Abs. 2 VVG i.V.m Art. 71 KVG.
Selbstverständlich kann dies aber weiter nur geprüft werden, wenn bekannt ist, ob tatsächlich eine Versicherung bestand und wo diese Versicherung bestand.
Primär bleibt hier wohl nur in einem ersten Schritt der Versuch über den früheren Arbeitgeber bzw. dessen frühere Mitarbeitende im HR nachzufragen. Oder dann über frühere ArbeitskollegInnen, die eventuell entsprechende Informationen noch in ihren Unterlagen haben.
In einem nächsten Schritt könnte über ein Schreiben bei den üblichen grossen Taggeldversicherern (Krankenkassen und private Versicherer) nachgefragt werden. Aus Datenschutzgründen ist im Schreiben das besondere Interesse an der Information aufzuzeigen (z.B. mit der Formulierung «zur Klärung allfälliger Ansprüche als versicherte Person bzw. gegenüber dem Arbeitgeber»).
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Peter Mösch Payot

Sehr geehrter Herr Mösch,
ja das ist eine hilfreiche Antwort. Nun hoffe ich, mein Klient findet Kollegen, die ihn informieren können.
Besten Dank & freundliche Grüsse
Anja Keller