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Klient mit EL kann Unterhalt nicht zahlen

Veröffentlicht:
17.05.2017
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag
ich mache momentan mein Praktikum in der Sozialberatung für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen und sehe mich mit folgender Situation aus der Beratung konfrontiert:
Klient, halbe IV Rente plus BVG plus Ergänzungsleistungen hat 2 minderjährige Kinder. Er und seine Ehefrau befinden sich momentan in der Scheidung, sind jedoch noch nicht geschieden nur gerichtlich getrennt. Die Kinder wohnen vorwiegend bei der Mutter, doch an den Wochenenden teilweise beim Vater.
Der Klient berichtet, dass ihm vom Gericht aus 1700.- Miete im Monat zugesprochen wurden, da er mehr Räume braucht, für wenn die Kinder bei ihm sind. Die EL hat in der Berechnung jedoch maximal 1'100 Miete pro Monat verrechnet (Kinder sind nicht auf der EL-Berechnung).
Dadurch hat er ein monatliches Budgetdefizit von 600.-.
Erste Frage: Kann der Klient einen höheren Mietwert bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen verlangen? Wie kann er sonst das Defizit ausgleichen?
Weiter berichtet der Klient, dass er die monatlichen Unterhaltszahlungen (ca. 900.-) nicht begleichen kann (ich nehme an aufgrund des Defizites aus der zu hohen Miete) und dass momentan die Gemeine diese Unterhaltszahlungen bevorschusse. Nun habe er eine Klage von der Gemeinde erhalten in der ihm eine Gefängnishaft angedroht wird, leider hatte der Klient das Schreiben nicht dabei. In der Ergänzungsleiszung-Berechnung sind die Alimente unter Ausgaben einberechnet.
Zweite Frage: Ich möchte dem Klienten seine Rechte, aber auch Pflichten aufzeigen. Wie sind diese in Bezug auf die Unterhaltszahlungen?
Besten Dank und herzliche Grüsse!

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrte Frau Schoedler
Tatsächlich sind die Mietzinsansätze in den Ergänzungsleistungen plafoniert in einer Weise, dass viele EL-Bezüger aus dem Grundbedarf auch für einen Teil der Miete aufkommen müssen. Es besteht für eine Einzelperson das Mietzinsmaximum von CHF 1100/Monat.
Bei getrennt lebenden Eltern gilt gemäss den Weisungen zur EL (WEL, Stand 1.1.2017) Folgendes:
3.1.4.4 Kinder getrennter oder geschiedener Eltern, die bei beiden Elternteilen leben
3144.01 Lebt das Kind bei beiden Elternteilen, ist sein EL-Anteil gesondert zu berechnen.
3144.02 Der Betrag für den allgemeinen Lebensbedarf für Kinder und Waisen ist für jedes Kind nur
einmal zu berücksichtigen.
3144.03 Für die Ermittlung der Mietkosten werden beide durch das Kind mitbewohnten Wohnungen
berücksichtigt. Für die Berechnung muss das Kind sowohl bei der Wohnung des Vaters als auch bei der
Wohnung der Mutter eingesetzt werden (…).
3144.04 Die Mietkosten für das Kind können höchstens bis zum Mietzinsmaximum für alleinstehende
Personen (vgl. Kap. 3.2.3.2 und Anhang 1.2) als Ausgabe anerkannt werden. Sind mehrere Kinder in
die EL-Berechnung ein- geschlossen, erhöht sich das Mietzinsmaximum nicht,
d.h. die Summe der Mietzinsanteile aller Kinder darf das Mietzinsmaximum für alleinstehende
Personen nicht übersteigen (vgl. Beispiel im Anhang 6). Gegebenenfalls sind die anerkannten
Mietkosten für jedes Kind anteilmässig zu kürzen.
Ein Zusammenleben der Kinder mit beiden Eltern wäre nur anzunehmen, wenn eine gemeinsame/geteilte Obhut vererinbart wäre. Ein blosses Wahrnehmen des Besuchsrechts wie hier stellt keinen solchen Fall dar.
Auch dass das Gericht im Rahmen der Berechnung des Unterhalts dem Vater eine Wohnung für CHF 1700 zugestanden hat, hat keinen Einfluss auf den EL-Anspruch.
Falls er aufgrund dieser Berechnungsregeln der EL bedürftig ist verbleibt nur die Möglichkeit Sozialhilfe zu beantragen. Diese muss Besuchsrechtskosten angemessen berücksichtigen.
Im Weiteren wäre hier zu prüfen, ob sich die Situation seit dem Unterhaltsurteil finanziell erheblich verändert hat. Dann wäre eine Abänderungsklage einzureichen. Auch gegenüber der Gemeinde, welche ihren Vorschuss geltend macht, bzw. mit einer Strafanzeige droht, sind dringlich schriftlich der Sacherhalt darzulegen, der dazu führt, dass der Unterhalt nicht bezahlt werden kann.
Der Fall bietet einige rechtliche Schwierigkeiten, so dass ich rate eine Rechtsberatung einzuschalten oder den Klienten daran zu verweisen.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Peter Mösch