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Kindsvermögen und Kinderrente

Veröffentlicht:
27.08.2020
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Kindes- und Erwachsenenschutz

Guten Tag

Für mein Klient besteht eine Erziehungsbeistandschaft nach Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB i.V. mit einer Verwaltung des Kindsvermögens nach Art. 325 ZGB.

Für die KM besteht die Massnahme einer Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung nach Art. 394 Abs. 1 ZGB i.V.m. Art. 395 Abs. 1 ZGB.

Mein Klient bezieht eine Kinderrente und die Kinderzulagen laufen über sein verwaltetes Konto. Mein Klient lebt in einem Schulinternat und ist lediglich in den Ferien- und an den Wochenenden Zuhause bei der KM. Von seinem Konto werden der Selbstbehalt der Institution, die Krankheitskosten, Brille, Zahnarzt, die Tagesmutter (während den Ferien) und Kleidung bezahlt.

Die KM erhält eine IV Rente, EL und erhält die Unterhaltsbeiträge vom KV.

Für uns ergeben sich mehrere Fragen:

Was muss mein Klient aus seiner Kinderrente bezahlen?

Ist es richtig, dass die Kinderzulagen auf das verwaltete Konto des Kindes fliesst und die Unterhaltsbeiträge auf das Konto der KM?

Ist es sinnvoll eine getrennte Buchaltung zu führen oder kann die Verwaltung des Kindsvermögens aufgehoben werden? So das alles über das Verwaltungskonto der KM fliesst.

Herzlichen Dank bereits im Voraus.

Freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Urs Vogel

Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz

Erwägungen

Bezüglich des Kindes besteht eine Beistandschaft nach Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB sowie eine Kindesvermögensverwaltungsbeistandschaft nach Art. 325 ZGB. Unklar bleibt, für welche Aufgaben gestützt auf Art. 308 Abs. 2 ZGB der Beistand eingesetzt und damit allenfalls eine gesetzliche Vertretung des Kindes hat, ebenso unklar ist, ob die Beistandschaft nach Art. 325 die Abs. 1 und 3 oder lediglich Abs. 1 ZGB umfasst. Somit sind die nachfolgenden Ausführungen lediglich als allgemeine Hinweise und Aussagen unter bestimmten Annahmen des Sachverhaltes zu verstehen.

Die Einforderung der dem Kind zustehenden Leistungen und deren bestimmungsgemäss Verwendung gehören zur ordentlichen Verwaltung des Kindesvermögens durch die Eltern (Art. 318 Abs. 1, 319 Abs. 1 und 320 Abs. 1 ZGB; Cyril Hegnauer, Verwaltung der Einkünfte des Kindes, in: ZVW 1995, S. 48). Aus dem Sachverhalt lässt sich lesen, dass die Kinderrente sowie die Kinderzulagen über das Konto des Kindes laufen. Dies lässt darauf schliessen, dass mindestens Art. 325 Abs. 3 ZGB verfügt worden ist, der Mutter also in Bezug auf die Verwaltung der für den Unterhalt bestimmten Beträge die elterliche Sorge entzogen ist (BK Affolter/Vogel, Art. 324/325 N 56; CHK ZGB-Biderbost, Art. 324-325 N 6). In diesem Fall fällt auch die Verwaltung der Unterhaltsleistungen des pflichtigen Elternteils unter die Kompetenz und Verantwortung des Beistandes. In der Regel aber wird in diesem Fall eine Kombination mit Art. 325 Abs. 1 ZGB bestehen, sodass den Eltern jegliche Kompetenz im vermögensrechtlichen Bereich entzogen ist (BK Affolter/Vogel, Art. 324/325 N 57; BSK ZGB-Breitschmid, Art. 324/325 N 16; Cyril Hegnauer, Grundriss des Kindesrechts, Bern 1999, Rz 28.26).

Dass nun die Unterhaltsbeiträge des Kindsvaters auf das Konto der Mutter fliessen, das durch die  Beiständin der Mutter verwaltet wird, ist daher zu korrigieren. Wird dieses Geld von der Beiständin der Mutter verwaltet, so nimmt die Beiständin Vertretungsrechte der Mutter wahr, die der elterlichen Sorge zuzuordnen sind und ausschliesslich über eine Kindesschutzmassnahme (vorliegend die Kindesvermögensverwaltungsbeistandschaft) und nicht über die Erwachsenenschutzmassnahme wahrgenommen werden können.

Die Kindesvermögensverwaltung kann in vorliegender Situation nicht aufgehoben werden, sondern es sind alle dem Kind zustehenden finanziellen Mittel, also auch die Unterhaltsleistungen des Kindsvaters, durch den Kindsvermögensverwaltungsbeistand nach Art. 325 Abs. 3 oder Abs. 1 und 3 ZGB zu verwalten. Aus diesen Geldmitteln (Kinderrente, Unterhaltsleistungen des Vaters, Kinderzulagen, EL des Kindes) ist der gesamte Unterhalt des Kindes zu finanzieren, inkl. die Elternbeiträge an die Fremdplatzierung, da diese durch die Kinderrente und die Unterhaltsleistungen zu decken sind. Lebt ein Kind, für das eine Kinderrente der AHV oder IV ausgerichtet wird, in einem Heim, ist eine Heimberechnung nach den allgemeinen Regeln vorzunehmen (siehe dazu Wegleitung zu den Ergänzungsleistungen zur AHV und IV [WEL], Rz 3133.08) und die EL wird gesondert für das Kind berechnet (WEL Rz 3143.019).

Mit der Mutter (respektive der Beiständin der Mutter) ist sodann auszuhandeln, welche finanziellen Entgelte für die Wochenenden und die Ferien des Kindes aus den gesamten Einkünften auszurichten sind.

Davon zu unterscheiden ist, wenn das Kind nicht fremdplatziert ist und mit den Eltern oder einem Elternteil zusammenlebt. In dieser Situation wird in der Praxis die Verwaltung der Einkünfte des Kindes, wenn bezüglich der Eltern oder dem Elternteil, bei welchem das Kind lebt, eine Einkommens- und Vermögensverwaltungsbeistandschaft des Erwachsenenschutzes besteht, in der Regel durch den Erwachsenenbeistand besorgt, da das Kind Teil des gemeinsamen Haushaltes bildet und keine technische Aufteilung der Kosten stattfindet, vorbehalten bleibt eine Kindesvermögensverwaltungsbeistandschaft bei bestehendem Kindesvermögen.

Im Weiteren wäre eine behördlich verfügte Platzierung gestützt auf Art. 310 Abs. 1 oder 2 ZGB von der vorliegenden Situation zu unterscheiden. Die KESB wird zur Versorgerin und das Gemeinwesen schuldet gegenüber dem Dritten die Kosten der Unterbringung (Hegnauer, ZVW 1995, S. 50; BK Affolter/Vogel, Art. 310/314b N 147 ff.). Die dem Kind zustehenden Leistungen gehen kraft gesetzlicher Subrogation auf das Gemeinwesen über, dieses macht diese Leistungen direkt in eigenem Namen geltend (Art. 289 Abs. 2 ZGB), in der Regel erübrigt sich dann eine Kindesvermögensverwaltungsbeistandschaft.

Kulmerau, 1. September 2020

Urs Vogel