Die Elterliche Sorge eines Zweijährigen liegt bei beiden Eltern. Die faktische Obhut gemäss der elterlichen Vereinbarung vom 14.12.21 beim Vater.
Die Kindsschutzmassnahme wurde mit Urteil des Familiengerichts Lenzburg, Kanton Aargau, vom 24. November 2021 errichtet:
Verfügt wurde unter anderem, umgehend eine mindestens dreitätige externe Betreuung sicherzustellen.
Der Kindsvater hat sich per 1.12.21 gemeinsam mit dem betroffenen Kind in der Gemeinde O. (Kanton Solothurn), als neuen Wohnsitz angemeldet. Bis Ende November 2021 lag der Wohnsitz des Kindes in der Gemeinde B.(Kanton Aargau), am Wohnsitz der Mutter.
Mit der Elternvereinbarung, unterzeichnet von beiden Eltern vom 14.12.21, haben die Eltern die faktische Obhut beim Vater festgelegt.
Eine Kita in O. wurde per 14. Januar 2022 vertraglich bereits festgelegt, die Eingewöhnung läuft seit MItte Dezember 2021.
Ich habe die ehemalige Gemeinde B. um Kostenübernahme ersucht, gestützt auf den Entscheid des Familiengerichts sowie auf das Handbuch für Soziales Art. 15.
Mit Beschluss vom 3.1.22 lehnt die Gemeinde B. die Kostenübernahme aufgrund des Wegzugs des betroffenen Kindes per 30.11.21 ab.
Welche Gemeinde ist zur Kostenübernahme verpflichtet?
Ist es die vormalige Gemeinde B., welche im Zeitpunkt des Entscheides (jedoch nicht im Zeitpunkt der Vollstreckbarkeit) Wohnsitzgemeinde des betroffenen Kindes war oder ist es die Gemeinde O., an welcher der Vater gemeinsam mit dem Sohn seit dem 1.12.21 den Wohnsitz begründet?
Besten Dank für die Beantwortung dieser Fragestellung.
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Ich bedanke mich für Ihre Frage. Verstehe ich die Frage richtig? Gilt es für Sie rechtlich zu klären, welche Gemeinde bzw. welcher Kanton die Kindesschutzmassnahmen in der Form der Kita-Kosten übernehmen muss, weil die Eltern (auch die Mutter) finanziell nicht in der Lage sind, die Kosten zu tragen? Bezieht der Vater mit dem Kind ansonsten keine Unterstützungsleistungen der Sozialhilfe? Oder wird der Vater mit dem Kind von der Sozialhilfe unterstützt?
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach
Genau, das ist richtig. Die Eltern sind beide finanziell nicht in der Lage, die Kita-Kosten zu tragen.
Die KM wird materiell von der Gemeinde B. im Aargau unterstützt, der Vater von der neuen Wohnsitzgemeinde O. im Kanton Solothurn.
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Ich bedanke mich für Ihre Unterstützung und beantworte Ihre Frage gerne folgendermassen:
Nach Art. 1 Abs. 1 das Zuständigkeitsgesetz (ZUG, SR 851.1) bestimmt das Zuständigkeitsgesetz, welcher Kanton für die Unterstützung einer bedürftigen Person, die sich in der Schweiz aufhält, zuständig ist. Das minderjährige Kind teilt nach Art. 7 Abs. 1 ZUG unabhängig von seinem Aufenthaltsort, den Unterstützungswohnsitz der Eltern. Haben die Eltern keinen gemeinsamen zivilrechtlichen Wohnsitz, so hat das minderjährige Kind einen eigenständigen Unterstützungswohnsitz am Wohnsitz des Elternteils, bei dem es überwiegend wohnt.
Vorliegend leben die Eltern nicht (mehr) zusammen und haben damit keinen gemeinsamen zivilrechtlichen Wohnsitz. Die Obhut liegt vereinbarungsgemäss beim Vater. Damit hat das Kind einen eigenständigen Unterstützungswohnsitz bei seinem Vater im Kanton Solothurn (Gemeinde O.).
Der Vater ist mit dem Kind am 1. Dezember 2021 nach O. gezogen. Der Unterstützungswohnsitz des Vaters wie auch des Kindes wurde auf dieses Datum hin in den Kanton Solothurn (Gemeinde O.) verlegt. Damit ist seit diesem Zeitpunkt der Kanton Solothurn für die Unterstützung zuständig.
Kindesschutzmassnahmen nach Art. 307 des Zivilgesetzbuches (ZGB, SR 210) sind nach Art. 276 Abs. 2 ZGB von den Eltern zu tragen. Sind die Eltern dazu finanziell nicht in der Lage, hat das Gemeinwesen die Kosten - subsidiär – zu übernehmen. Die Sozialhilfe hat die Kosten – sind sie von einer Behörde angeordnet – dann zwingend als situationsbedingte Leistungen zu bezahlen.
Fazit: Vorliegend muss die Sozialhilfe der Gemeinde O. des Kantons Solothurn aufgrund des Unterstützungswohnsitzes des Kindes in diesem Kanton und mangels finanzieller Leistungsfähigkeit der Eltern die Kosten für die Kindesschutzmassnahmen ab 1. Dezember 2021 bezahlen, unbesehen davon, dass die Kindesschutzmassnahmen von einer Behörde des Kantons Aargau angeordnet worden sind.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weiterzuhelfen.
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach