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Kinderzulagen für Geschwister

Veröffentlicht:
02.03.2017
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag Herr Mösch-Payot
Fallbeschreibung:
Ein 15-jähriger Junge aus Sri Lanka wohnt zusammen mit seiner volljährigen, erwerbstätigen Schwester sowie den nichterwerbstätigen Eltern. Die Schwester kommt mit ihren Einkommen für die ganze Familie auf, niemand bezieht Sozialhilfe.
Gemäss Art. 4 Abs. 1d FamZG sollte die Schwester für den schulpflichtigen Bruder Kinderzulagen über ihren Arbeitgeber beziehen können, da die Schwester auch für seinen Lebensunterhalt aufkommt.
Die Ausgleichskasse des Arbeitgebers der Schwester lehnen aber die Kinderzulagen ab mit der Begründung, die Eltern müssten diese als Nichterwerbstätige beziehen. Die angerufene Ausgleichskasse der Eltern lehnen die Kinderzulagen ebenfalls ab mit der Begründung, es können keine Nichterwerbstätigen-Kinderzulagen bezogen werden, wenn diese über eine anspruchsberechtigte erwerbstätige Person (also die Schwester) bezogen werden können.
Welche Ausgleichskasse hat nun recht?
Freundliche Grüsse
Gaudenz Heeb
Soziale Dienste Brügg

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrter Herr Heeb
Gerne beantworte ich Ihre Anfrage.
Gemäss Art. 4 Abs. 1 lit. d FamZG besteht ein Anspruch für Kinderzulagen für Geschwister und Enkelkinder der Bezugsberechtigten Person, wenn diese überwiegend für deren Unterhalt aufkommt. Gleichzeitig sagt Art. 4 Abs. 1 lit. a FamZG, dass ein Anspruch auf Familienzulagen bestehe für Kinder, zu denen ein Kindesverhältnis besteht.
Das heisst, das im vorliegenden Fll - wie nicht ganz selten - grundsätzlich aus unterschiedlichen Tatbeständen ein Anspruch auf Kinderzulagen bestehen kann. Insoweit besteht hier eine so genannte Anspruchskonkurrenz.
Im FamZG regelt Art. 7 FamZG dies Konkurrenz und schafft damit eine Koordination:
Art. 7 FamZG lautet:
"1 Haben mehrere Personen für das gleiche Kind Anspruch auf Familienzulagen nach eidgenössischem
oder kantonalem Recht, so steht der Anspruch in nachstehender Reihenfolge zu:
a. der erwerbstätigen Person;
b. der Person, welche die elterliche Sorge hat oder bis zur Mündigkeit des Kin- des hatte;
c. der Person, bei der das Kind überwiegend lebt oder bis zu seiner Mündigkeit lebte;
d. der Person, auf welche die Familienzulagenordnung im Wohnsitzkanton des Kindes anwendbar ist;
e. der Person mit dem höheren AHV-pflichtigen Einkommen aus unselbstständiger
Erwerbstätigkeit;
f. der Person mit dem höheren AHV-pflichtigen Einkommen aus selbst- ständiger
Erwerbstätigkeit.
2 Richten sich die Familienzulagenansprüche der erst- und der zweitanspruchsberechtigten Person
nach den Familienzulagenordnungen von zwei verschiedenen Kantonen, so hat die
zweitanspruchsberechtigte Person Anspruch auf den Betrag, um den der gesetzliche Mindestansatz in
ihrem Kanton höher ist als im anderen."
Gemäss dieser Regel geht also der Anspruch gegenüber der erwerbstätigen Person vor. Soweit also die Eltern des betroffenen Kindes nicht erwerbstätig sind, die Schwester aber sehr wohl, so besteht ein Primäranspruch gegenüber der Schwester.
Zu beachten ist, dass gemäss Art. 19 Familienzulagengesetz Art. 7 Abs. 2 FamZG hier NICHT gilt. Das heisst, dss die Eltern KEINEN Anspruch auf eine allfällige ergänzende Leistung gegenüber der kant. Ausgleichskasse im Wohnkanton haben.
Meines Erachtens ist in dieser Konstellation klarerweise ein Anspruch gegenüber der Ausgleichskasse des Arbeitgebers der Schwester gegeben.
Gut zu dokumentieren ist hier die Voraussetzung, dass die Schwester überwiegend für den Unterhalt des Kindes aufkommt. Das kann etwa mit der Dokumentation des ganzen Familieneinkommens und des überwiegenden Anteils des Einkommens der Schwester geschehen.
Im Zweifel ist eine einsprachefähige Verfügung zu verlangen.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Beste Grüsse
Peter Mösch