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Kinderunterhalt bei fehlender Beurkundung Personenstand

Veröffentlicht:
25.01.2021
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Kindes- und Erwachsenenschutz

Guten Tag
Herr F. ist anerkannter Flüchtling mit Aufenthaltsbewilligung B (Herkunft Eritrea) und hat zusammen mit Frau G. (gleicher aufenthaltsrechtlicher Status eine gemeinsame Tochter W, Jg. 2020. Die Vaterschaft von Herr F. ist im Schweizer Zivilstandsregiser eingetragen 

Aus früherer, religiös geschlossener Ehe im Herkunfsland, hat Herr F. drei weitere minderjährige Kinder. Diese leben zusammen mit deren Mutter ebenfalls in der Schweiz (Aufenthaltsstatus F). Diese Kinder sind im Schweizer Zivilstandsregister nicht eingetragen, resp. Herr F. nicht als deren Vater registriert. 

Herr F. hat ein Erwebseinkommen, welches ihm ermöglicht,  total ca. Fr. 1000.- Unterhalt für seine Kinder zu zahlen. Für keines der Kinder besteht aktuell ein Unterhaltsvertrag.

Herr F. bezieht für alle vier Kinder Familienzulagen, die Zulagen für die drei älteren Kinder konnten scheinbar aufgrund eines eritreischen Taufdokumentes geltend gemacht werden. Alle Kinder und deren Mütter werden sozialhilferechtlich unterstützt.

Nun wollen wir für das Kind W. einen Unterhaltsvertrag machen.  Herr F. zahlt für die drei älteren Kinder (diese leben in einer anderen Gemeinde ) keinen Unterhalt, es besteht auch keine Unterhaltsvereinbarung.

1) Ist  eine Anerkennung und Registrierung der Kinder nach CH-Recht eine Voraussetzung für eine  Unterhaltsvereinbarung? und falls ja 

2) Können wir bei der Unterhaltsvereinbarung für das Kind W. die anderen Kinder unberücksichtigt lassen?

3) Welches  Vorgehen würden Sie empfehlen?
    gemeinsame Klage auf Unterhalt gem. Art. 289 Abs. 2     ZGB oder ggf.
    Unterhaltsvereinbarung nach Art. 287 Abs. 1?

 

Besten Dank und freundliche Grüsse

Lilo Gruber
Soziale Dienste Stadt Solothurn
 

Frage beantwortet am

Karin Anderer

Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz

Sehr geehrte Frau Gruber

Ja, für den Abschluss eines Unterhaltsvertrags wird ein bestehendes Kindesverhältnis vorausgesetzt. Die Unterhaltspflicht der Eltern knüpft an das Kindesverhältnis an (KOKES-Praxisanleitung Kindesschutzrecht, N 14.1.)

Die Mutter G und die Tochter W beziehen Sozialhilfe und der Unterhalt zwischen Kind W und Vater F - das Kindesverhältnis besteht - ist noch nicht geregelt. Nach Art. 289 Abs. 2 ZGB ist der Unterhaltsanspruch auf das Sozialhilfeorgan übergegangen. Dieses ist nun zuständig für die Unterhaltsregelung.

Ein anderes Sozialhilfeorgan leistet für drei weitere Kinder des Vaters F und ihre Mutter Sozialhilfeleistungen. Offenbar wurden bisher noch keine Bemühungen unternommen, um das Kindesverhältnis zwischen Kinder und Vater hier in der Schweiz anerkennen oder herstellen zu lassen.

Wie in diesem international gelagerten Fall vorgegangen werden könnte, dazu müsste sich der andere Sozialdienst bei der Zivilstandbehörde erkundigen. Ggf. wäre die Errichtung einer Beistandschaft für die Herstellung des Kindesverhältnisses nötig.

Nach meinem Dafürhalten genügt es, wenn Sie den anderen Sozialdienst darauf hinweisen, dass Kindesunterhalt geregelt werden könnte. Sie müssen nicht zuwarten, bis er die notwendigen Abklärungen getätigt hat.

Sie können die Unterhaltsvereinbarung zwischen Vater und Tochter W mit den Eltern ausarbeiten (oder von einer Fachstelle ausarbeiten lassen) und der KESB zur Genehmigung einreichen. Den Eltern und der KESB würde ich aber die Mitteilung machen, dass drei weitere Kinder in der Schweiz leben, zu denen bisher (noch) kein Kindesverhältnis hergestellt wurde. Eine spätere Unterhaltsregelung kann nicht ausgeschlossen werden, das hätte auch Konsequenzen auf diesen Unterhaltsvertrag.

Nur wenn der Vater keine Hand für einen Unterhaltsvertrag bietet, ist eine Unterhaltsklage einzureichen. Achten Sie auf die Fristen, nach Art. 279 ZGB kann die Leistung des Unterhalts für die Zukunft und für ein Jahr vor Klageerhebung verlangt werden. Also nicht mehr allzulange mit einer Regelung zuwarten.

Eine Unterhaltsklage führt nur zum Ziel, wenn das Kindesverhältnis besteht, sonst muss sie mit einer Vaterschaftsklage kombiniert werden (KOKES-Praxisanleitung Kindesschutzrecht, N 14.47).

Ich hoffe, die Angaben helfen Ihnen weiter und ich grüsse Sie freundlich.

Luzern, 28.1.2021

Karin Anderer