Guten Tag
Meine Klientin (lebt im Kanton Schwyz) bezieht Ergänzungsleistungen zu ihrer IV-Rente. Ihr volljähriger Sohn lebt mit ihr zusammen und wird im Sommer 2018 seine Lehre abschliessen. Bis dahin besteht also Anspruch auf eine Kinderrente und der Sohn ist auch in der EL berücksichtig.
Nun plant der Sohn, im Anschluss an den Lehrabschluss während eines Jahres den Militärdienst zu absolvieren. Den zivilrechtlichen Wohnsitz wird er weiterhin bei meiner Klientin haben.
Daraus stellen sich mir folgende Fragen:
- Gilt während des Miltiärdiensts weiterhin Anspruch auf die Kinderrente?
- Inwiefern wird der Sohn künftig in der EL-Berechnung berücksichtigt (z.B. bei den Wohnkosten?).
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung.
Mit freundlichen Grüssen
Kathrin Kayser
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Frau Kayser
Gerne beantworte ich Ihre Anfrage.
a) Zunächst zur Frage des Anspruchs auf Kinderrente:
Männer und Frauen, denen eine Invalidenrente zusteht, haben für jedes Kind, das im Falle ihres Todes eine Waisenrente der AHV beanspruchen könnte, Anspruch auf eine Kinderrente (Art. 35 Abs. 1 IVG).
Grundsätzlich also bis zum Vollendung des 18. Altersjahres. Für Kinder, die danach noch in Ausbildung sind, dauert der Rentenanspruch bis zu deren Abschluss, längstens aber bis zum vollendeten 25. Altersjahr. In Art. 49bis AHVV ist festgelegt, was als Ausbildung gilt:
„1 In Ausbildung ist ein Kind, wenn es sich auf der Grundlage eines ordnungsgemässen, rechtlich oder zumindest faktisch anerkannten Bildungsganges systematisch und zeitlich überwiegend entweder auf einen Berufsabschluss vorbereitet oder sich eine Allgemeinausbildung erwirbt, die Grundlage bildet für den Erwerb verschiedener Berufe.
2 Als in Ausbildung gilt ein Kind auch, wenn es Brückenangebote wahrnimmt wie Motivationssemester und Vorlehren sowie Au-pair- und Sprachaufenthalte, sofern sie einen Anteil Schulunterricht enthalten.
3 Nicht als in Ausbildung gilt ein Kind, wenn es ein durchschnittliches monatliches Erwerbseinkommen erzielt, das höher ist als die maximale volle Altersrente der AHV.“ Die maximale AHV-Rente beträgt zurzeit CHF 2‘350.- pro Monat.
Mit einem Berufsabschluss ist die Ausbildung grundsätzlich beendet (Art. 49ter AHVV). Im vorliegenden Fall erfolgt ein Militärdienst nach dem Lehrabschluss. Während eines solchen Militärdienstes kann gemäss Art. 49ter AHVV eine Kinderrente (oder auch eine Waisenrente bzw. die Ausbildungszulage) nur weiter gewährt werden, wenn der Militärdienst längstens fünf Monate dauert (Art. 49ter Abs. 3 lit. b AHVV) UND wenn die Ausbildung nach dem Lehrabschluss unmittelbar fortgesetzt würde. Dafür wäre es also notwendig, dass der Betroffene UNMITTELBAR eine Weiterausbildung macht, z.B. eine höhere Fachschule etc., welche nach seinem Plan direkt mit der Lehre verbunden ist.
Dabei gilt, dass eine solche Ausbildung auch wieder aufgenommen werden kann. Als Beginn der Ausbildung gilt gemäss den Weisungen des BSV (vgl. Rentenwegleitung (RWL, Stand 1.1.2018; Rz. 3368 ) der Zeitpunkt, ab dem die Person den erforderlichen Ausbildungsaufwand erbringt, zum Beispiel Vorlesungen und Kurse besucht. Es ist daher nicht auf den formellen Semesterbeginn (Immatrikulationsbestätigung) abzustellen, sondern auf die effektive Aufnahme des Studiums (BGE 141 V 473). Von einer Ausbildung kann dabei nur ausgegangen werden, wenn die Voraussetzungen für eine systematische und zeitlich überwiegende Ausbildung gegeben sind.
Die aktuelle RWL besagt hierzu (RWL (Stand 1.1.2018 ), Rz. 3358ff:
(3358 ) Die Ausbildung muss mindestens 4 Wochen dauern und systematisch auf ein Bildungsziel ausgerichtet sein. Das angestrebte Bildungsziel führt entweder zu einem bestimmten Berufsabschluss oder ermöglicht eine berufliche Tätigkeit ohne speziellen Berufsabschluss, oder, falls die Ausbildung nicht zum vornherein auf einen bestimmten Beruf ausgerichtet ist, muss sie eine allgemeine Grundlage für eine Mehrzahl von Berufen bilden bzw. eine Allgemeinausbildung beinhalten.
Die Ausbildung muss auf einem strukturierten Bildungsgang beruhen, der rechtlich oder zumindest faktisch anerkannt ist. Keine Rolle spielt es, ob es eine erstmalige Ausbildung, eine Zusatz- oder Zweitausbildung ist.
(3359) Die systematische Vorbereitung erfordert, dass das Kind die Ausbildung mit dem objektiv zumutbaren Einsatz betreibt, um sie innert nützlicher Frist abschliessen zu können. Während der Ausbildung muss sich das Kind zeitlich überwiegend dem Ausbildungsziel widmen. Dies gilt nur dann als erfüllt, wenn der gesamte Ausbildungsaufwand (Lehre im Betrieb, Schulunterricht, Vorlesungen, Kurse, Vor- und Nachbereitung, Prüfungsvorbereitung, Selbststudium, Verfassen einer Diplomarbeit, Fernstudium etc.) mindestens 20 Stunden pro Woche ausmacht.
Fazit: Da im vorliegenden Fall der Militärdienst ein Jahr dauern soll, und somit mehr als fünf Monate, ist nicht von einem Unterbruch auszugehen. Währen des Militärdienstes ist also keine Kinderrente zu erwarten. Danach nur dann und nur für den Zeitraum, wenn das Kind eine systematische Ausbildung im Sinne der obigen Ausführungen wahrnimmt.
b) Bezüglich des EL-Anspruchs für die Mutter erfolgt mit dem Wegfall der Kinderrente für das Kind keine gemeinsame Berechnung mehr bzgl. der EL. Das heisst, dass für ihren allgemeinen Lebensbedarf nur noch der Betrag für Alleinstehende zur Anwendung kommt. Hinsichtlich der Wohnkosten ist als Höchstpauschale diejenige von Alleinstehenden zu beachten (aktuell: CHF 13200).
Im Weiteren gilt im Prinzip Art. 16c ELV: der Mietzins ist aufzuteilen zwischen Personen, die in der Rechnung verbleiben (Ihre Klientin) und Dritten (dazu gehört auch der Sohn, wenn er keine Kinderrente mehr erhält). Bei EL-beziehenden Personen, die mit unterhaltspflichtigen Kindern zusammenleben, welche keinen Anspruch auf eine Kinderrente begründen, ist grundsätzlich keine Mietzinsaufteilung vorzunehmen (vgl. Urteil des EVG P 56/00 vom 5.7.2001 E. 2b); siehe auch WEL (Stand 1.1.2018 ), Rz. 3231.04.
Es ist im vorliegenden Fall fraglich, ob und inwieweit für die Mutter noch Unterhaltspflichten im Sinne von Art. 276 Abs. 2 ZGB bestehen, zumal ja mit dem Lehrabschluss die Erstausbildung im Prinzip abgeschlossen ist und auch, weil während des Militärdienstes über Erwerbsersatz im Prinzip der Unterhalt gedeckt sein dürfte. Das wäre aber hier konkreter abzuklären.
Ansonsten ist im Prinzip der Mietzins hälftig aufzuteilen (Art. 16c Abs. 2 ELG). Abzuweichen hiervon ist dann, wenn besondere Umstände vorliegen. Von solchen kann etwa dann ausgegangen werden, wenn der Sohn nur am Wochenende ein Zimmer benutzt. Aus der Rechtsprechung bestehen etwa Entscheide, die bei einem 18jährigen Sohn, der gerade die Lehre abgeschlossen hatte und noch zu Hause wohnte, den Abzug von einem Drittel der Miete als angemessen betrachtet wurde (BGE 130 V 269). Soweit wie hier im Fall gar eine weitgehende Abwesenheit besteht kann argumentiert werden gegenüber der Ausgleichskasse, dass für dieses Jahr gar keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht, weil sich diese auf Besuche beschränkt oder eventualiter, dass nur sehr sporadisch ein Zimmer benutzt werde und deswegen ein nur kleiner Abzug (1/4 oder 1/5 der Miete) gerechtfertigt sei.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Peter Mösch Payot