Mann mit psychisch schwerer Erkrankung wohnt stationär in betreutem Wohnen und arbeitet tagsüber an einem geschützten Arbeitsplatz der gleichen Institution. Zuweisung des Mannes via KESB, anfänglich als FU.
Wenn er in der Vergangenheit Ferien bezogen hat, hat sich dies sehr negativ auf seine Befindlichkeit ausgewirkt, seine Psychose zeigte sich stärker, er hatte vermehrt Suizidgedanken und war nachher deutlich instabiler .
Sein Arbeitgeber ist im Dilemma zwischen der Pflicht, ihm Ferien zu geben und gleichzeitig von ihm selbst zu hören, dass er gar keine Ferien nehmen möchte, damit er gesundheitlich stabil bleibt.
Eine Alternative für Tagesstruktur ohne Lohn während Ferientagen gibt es bei dieser Institution nicht, da diese Plätze voll belegt sind. Begleitete Ferien o.ä. seien aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich, Familie keine vorhanden, wo er hingehen könnte während Ferien.
Gibt es eine Möglichkeit, sich zum Beispiel mit einer schriftlichen Bestätigung des Arbeitnehmers abzusichern, dass der Verzicht auf Ferien so vom Mitarbeitenden gewünscht wurde (trotz OR Art. 341)? Darf er in seiner «Freizeit / Ferien» einfach bei seinem Team vor Ort sein, aber nicht arbeiten?
Vielen Dank für Eure Antwort.
Frage beantwortet am
Andreas Petrik
Expert*in Arbeitsrecht
Guten Tag
Die Rechtslage ist klar: Der Ferienanspruch ist zwingend und er unterliegt dem Verzichtsverbot. Eine Vereinbarung über den Verzicht auf die gesetzlichen Ferienansprüche wäre nichtig. Wenn die Ferien nicht bezogen werden, erfolgt eine Übertragung ins nächste Dienstjahr. Die Verjährung tritt nach fünf Jahren ein, wobei ein Übertrag auf das nächste Dienstjahr dazu führt, dass die Verjährungsfrist von neuem beginnt. Die Arbeitgeberin hat folglich das Risiko, die nicht bezogenen Ferien am Ende des Arbeitsverhältnisses abgelten zum müssen.
Vor dem Hintergrund der geschilderten Rechtslage ist von einer Vereinbarung über den Verzicht auf den Ferienbezug abzuraten. Da der Arbeitnehmer in der Gestaltung seiner Ferien frei ist, kann er diese auch im Betrieb beziehen. Ausschlaggebend ist, dass die Arbeitgeberin während dem Ferienbezug im Betrieb keine Arbeitsleistung empfängt. Aus Sicht der Arbeitnehmers muss der Erholungszweck gewährleistet sein, nur dann gelten die Ferien als bezogen. Soweit diese zwei Punkte erfüllt sind, liegt ein Ferienbezug vor und die Risiken seitens der Arbeitgeberin sind vernachlässigbar.
Am geeignetsten erscheint mir eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeberin und Arbeitnehmer mit folgenden Punkten:
«Zweck der Vereinbarung: Der Arbeitnehmer wünscht, seine Ferien im Betrieb beziehen zu dürfen. Mangels sozialen Umfelds hat sich die Abwesenheit vom Arbeitsplatz in der Vergangenheit negativ auf seinen Gesundheitszustand ausgewirkt. Um dem Arbeitnehmer die Anwesenheit an seinem Arbeitsplatz auch während dem Ferienbezug zu ermöglichen, wird folgendes vereinbart: 1. Die Arbeitgeber gestattet es dem Arbeitnehmer auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin, seine Ferien im Betrieb zu verbringen. 2. Während dem Ferienbezug wird dem Arbeitnehmer keine Arbeit zugewiesen. 3. Dem Arbeitgeber ist es untersagt, während dem Ferienbezug seine Arbeitsleistung zu erbringen.»
Freundliche Grüsse