Guten Tag
Ich begleite einen Jugendlichen (2004, volljährig) im Rahmen einer Vertretungsbeistandschaft. Die IV hat den Anspruch auf berufliche Massnahmen geprüft und die Voraussetzung für eine KoGu sind erfüllt. Konkret steht in der Mitteilung (keine Verfügung): Es ist eine vertiefte Klärung der beruflichen Möglichkeit vorgesehen. Wir klären Ihre möglichen Tätigkeiten und berücksichtigen Ihre gesundheitliche Beeinträchtigung sowie Ihre Fähigkeiten und Neigungen. Wir übernehmen die Kosten der Massnahme." Die Abklärung wird durch eine externe Stelle durchgeführt.
Im Kreisschreiben steht geschrieben: (Abklärung vor erstmaliger Ausbildung) Die Abklärungszeiten, die der erstmaligen beruflichen Ausbildung nach Art. 16 IVG vorangehen, begründen keinen Anspruch auf Taggelder. Galt die versicherte Person hingegen bereits zuvor als erwerbstätig nach Art. 20sexies Abs. 1 IVV, hat sie einen Anspruch auf Taggelder.
Mein Klient hat zuvor ein Sozialjahr bei JUVESO (1 Tag Schule, 4 Tage Praktikum) besucht und dort ein Jahr lang ein Praktikum gemacht und hat Lohn erhalten.
Meine Frage ist demnach: Gilt ein Praktikum als Erwerbstätigkeit? Hätte mein Klient Anspruch auf ein IV Taggeld während der Abklärungsmassnahme?
Herzlichen Dank bereits im Voraus.
Ps. Die Mitteilung habe ich am 21. Juli 22 erhalten. Es wird daraufhingeweisen, dass eine Verfügung verlangt werden kann, wenn wir mit dem Entscheid nicht einverstanden sind.
Frage beantwortet am
Daniel Schilliger
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Guten Tag
Während der Abklärungszeiten vor der Gewährung einer erstmalige berufliche Ausbildung besteht gemäss Art. 17 Abs. 2 IVV – abweichend vom grundsätzlichen Taggeldanspruch nach Abs. 1 – kein Anspruch auf Taggeld. Alleine gestützt auf diese Verordnungsbestimmung müsste der Anspruch Ihres Klienten auf ein Taggeld während der von der IV gewährten Abklärung beruflicher Möglichkeiten verneint werden.
Das BSV hat jedoch das Kreisschreiben über die Taggelder der IV (KSTI) hinsichtlich Taggelder vor und nach der erstmaligen beruflichen Ausbildung per Juli 2022 angepasst und ergänzt. Wie von Ihnen richtig zitiert, sieht das Kreisschreiben in Rz. 0603 nun vor, dass dann ein Anspruch auf Taggeld für die Abklärung vor der erstmaligen beruflichen Ausbildung besteht, wenn die versicherte Person bereits zuvor als erwerbstätig nach Art. 20sexies Abs. 1 IVV galt.
Grundsätzlich untersteht ab dem 1. Januar nach dem 17. Geburtstag auch ein Praktikumslohn der AHV/IV/EO-Beitragspflicht. Für den Erwerbsstatuts hinsichtlich des IV-Taggeldes ist jedoch der Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit massgebend: Als erwerbstätig im Sinne von Art. 20sexies Abs. 1 IVV gelten Versicherte, die unmittelbar vor Beginn ihrer Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG) eine Erwerbstätigkeit ausgeübt haben.
Ich gehe davon aus, dass Ihr Klient mit der Arbeitsunfähigkeit bzw. der Invalidität in das Praktikum gestartet ist. Er wird somit von der ausnahmsweisen Gewährung eines Taggeldes für Abklärungstage vor der erstmaligen beruflichen Ausbildung nicht profitieren können.
Freundliche Grüsse
Daniel Schilliger