Liebe Expertenteam
Frau X. bezieht ergänzend zur IV Rente Sozialhilfe (kein Anspruch auf EL). Rentenbeginn Dez. 2015, vom Sozialamt wird sie seit März 2016 unterstützt. Nun wurde die Höhe der Rente aufgrund der Scheidung und dem Splitting neu Berechnet und Frau X erhält eine Nachzahlung.
Nachträglich bezahlte Sozialversicherungsleistungen sind unter Berücksichtigung der Zeitidentität mit der Sozialhilfe zu verrechnen. Im Fall von Frau X kann die Sozialhilfe die IV Rentennachzahlung ab März 2016 direkt verrechnen. Die Nachzahlung der Monate Dezember 15, Januar und Februar 16 steht grundsätzlich Frau X zu. Die Gemeinde hat nun mitgeteilt, dass die Nachzahlung für die 3 Monate als Einnahmen anzurechnen sind, was bedeuten würde, dass Frau X. einen Einnahmeüberschuss hat und dadurch die Sozialhilfe eingestellt würde. Kann die Gemeinde Sozialversicherungsleistungen die nachträglich für eine Periode bezahlt werden in welcher Frau X. nicht unterstützt wurde in der Gegenwart als Einnahme anrechnen? Besten Dank für Ihre Antwort.
Freundliche Grüsse
Luzia Schwegler
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Sehr geehrte Frau Schwegler
Vielen Dank für Ihre Frage. Ich beantworte diese gerne wie folgt:
In Abs. 2 von § 2 des Gesetzes über die Sozialhilfe des Kantons Schwyz (SHG, BG 380.100) wird unter dem Titel Subsidiarität festgehalten, dass Sozialhilfe nur dann gewährt wird, wenn die hilfesuchende Person sich nicht selbst helfen kann und Hilfe von dritter Seite nicht oder nicht rechtzeitig erhältlich ist. In § 15 SHG wird dieser Grundsatz wiederholt, wenn dort steht, dass Anspruch auf Unterstützungsleistungen hat, wer für seinen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen mit gleichem Wohnsitz nicht hinreichend oder rechtzeitig aus eigenen Mitteln aufkommen kann.
Es stellt sich somit die Frage, wann jemand bedürftig ist nach dem Sozialhilferecht und vorliegend insbesondere, welche Einnahmen bei der Berechnung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen sind. Nach § 6 der Sozialhilfeverordnung des Kantons Schwyz (SHV, BG 380.111) gehören zu den eigenen Mitteln u.a. alle Einkünfte und Versicherungsleistungen. Die IV-Rentennachzahlung stellt eine Versicherungsleistung dar und ist deshalb grundsätzlich als Einnahme anzurechnen. In der Lehre wird präzisiert, dass alle Einnahmen, die während der Unterstützung zufliessen, als Einnahmen anzurechnen sind (Guido Wizent, Die sozialhilferechtliche Bedürftigkeit, Zürich/St. Gallen 2014, S. 421). Als Konsequenz sind auch Nachzahlungen während der Unterstützung als Einnahmen zu qualifizieren (Guido Wizet, a.a.O., S. 421). Um stossende Ergebnisse zu vermeiden, kann dann eine Ausnahme vom Zuflussansatz gemacht werden, wenn die unterstützte Person sich vor der Unterstützungsaufnahme zwecks Bestreitung ihres Lebensunterhalts nachweislich verschuldet hat (Guido Wizent, a.a.O., S. 421).
Aus obigen Ausführungen folgt meiner Meinung nach klar, dass die vorperiodischen - und somit nach § 25 SHG nicht rückforderbaren - IV-Nachzahlungen während der Unterstützung zugeflossen sind und somit als Einnahmen anzurechnen sind und die Klientschaft - vorübergehend - abzulösen ist, wenn sie unter Berücksichtigung dieser Einnahmen nicht mehr bedürftig ist, d.h. ihr sozialhhilferechtliches Existenzminimum für mindestens ein Monat gedeckt ist. Wird ihr Existenzminimum nicht für mindestens einen Monat gedeckt, so sind Nachzahlungen zumindest auf der Einnahmenseite anzurechnen. Davon abgesehen werden kann allenfalls, wenn die Klientschaft beweist, dass sie für die Bestreitung des Lebensunterhalts im Dezember 2015 und Januar/Februar 2016 Schulden gemacht hat, die sie nun mit der Nachzahlung zurückbezahlen muss.
Zusammenfassend: Ich bin der Meinung, dass die Sozialhilfe rechtlich korrekt handelt, wenn sie die Unterstützungsleistungen einstellen will, falls die Klientin aufgrund der Nachzahlungen - vorübergehend - nicht bedürftig ist. Entgegenhalten lässt sich allenfalls, falls dies so ist, dass die Klientin in der fraglichen Zeit Schulden zur Deckung des Lebensunterhalts gemacht hat und diese nun zurückbezahlen muss.
Ebenfalls ergänzend ausführen möchte ich, dass die Sozialhilfe die Klientin wieder in Unterstützung aufnehmen muss, sobald die Nachzahlungen aufgebraucht sind, auch wenn dies früher ist, als die Sozialhilfe dies berechnet hat.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen zu können.
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach
Sehr geehrte Frau Loosli
Besten Dank für Ihre Ausführungen.
Freundliche Grüsse
Luzia Schwegler