Guten Tag
Meine Klientin beendete ihre Ausbildung im Rahmen einer IV-Massnahme im Oktober 2023. Nach Abschluss der Ausbildung konnte sie im Betrieb weiterarbeiten. Sie arbeitete mit einem 100% Pensum, erhielt jedoch in Absprache mit der IV einen Leistungslohn von 50%. Nach Abschluss der Ausbildung erhielt sie zudem ein Coaching über die IV (Eingleiderungsmassnahme). Diese Eingliederungsmassnahme wurde Mitte März 2024 beendet (die Arbeit im Betrieb führte meine Klientin weiter). Nach Abschluss der Eingliederungsmassnaheme wurde der Rentenanspruch geprüft.
Mit IV-Vorbescheid erhielt sie nun eine Rentenzusprache ab 1. März 2024.
Auf meine Nachfrage bei der IV, weshalb der Rentenanspruch nicht ab Abschluss der Ausbildung (Oktober 2023) besteht, wurde mir mitgeteilt, dass der Entscheid auf Art. 28 Abs. 1a des IVG beruht. Ich überlege mir nun, einen Einwand zu schreiben. Macht dies Sinn? Falls ja, wie kann ich den Einwand rechtlich begründen?
Vielen Dank für Ihre Antwort!
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Guten Tag!
Der Voraussetzungen für den Anspruch auf eine IV-Rente sind in Art. 28 IVG geregelt.
Der Artikel lautet
"Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
a. ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können;
b. während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG) gewesen sind; und
c. nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind.
Mit Blick auf den hier in Frage stehenden BEGINN des Anspruchs sind folgende sechs Aspekte entscheidend:
- Der Anspruch auf eine IV-Rente kann frühestens beginnen, wenn eine Arbeitsunfähigkeit mind. ein Jahr ununterbrochen besteht (so genanntes Wartejahr)
- Der Anspruche auf eine IV-Rente kann frühestens beginnen sechs Monate NACH der Anmeldung für IV-Leistungen (Art. 29 Abs. 1 IVG)
- Der Anspruch auf eine IV-Rente kann im Weiteren erst beginnen, wenn kein Anspruch auf IV-Taggeld mehr besteht oder bestand (Art. 29 Abs. 2 IVG)
- Eine Rente wird erst zugesprochen, wenn die Möglichkeiten zur Eingliederung im Sinne von Artikel 8 Absätze 1bis und 1ter ausgeschöpft sind (Art. 28 Abs. 1bis IVG)
und
- Ein Rentenanspruch kann erst entstehen, wenn eine wesentliche Verbesserung durch medizinische Massnahmen nicht mehr erwartet werden kann (siehe BGE 148 V 397)
Der Anspruch auf eine IV-Rente beginnt dann, wenn alle diese Voraussetzungen gegeben sind, auf den BEGINN des entsprechenden Monats (Art. 29 Abs. 3 IVG).
Mit diesem Schema können Sie die Erfolgschancen in Ihrem Fall beurteilen.
Beste Grüsse
Prof. Peter Mösch Payot
1bis Eine Rente nach Absatz 1 wird nicht zugesprochen, solange die Möglichkeiten zur Eingliederung im Sinne von Artikel 8 Absätze 1bis und 1ter nicht ausgeschöpft sind.207