Guten Tag. Als Beiständin betreue ich einen 21-jährigen Sozialhilfeempfänger, der eine lange Heimgeschichte hat. Ihm wurde durch die IV früher Ausbildungsmöglichkeiten finanziert, die abgebrochen wurden, weil er insbesondere schulisch zu schwach war. Es liegen der IV Berichte über die Zeit der Minderjährigkeit vor. Seit Volljährigkeit konnten jedoch keinen therapeutischen Massnahmen mehr umgesetzt werden. Meines Erachtens ist der Gesundheitsschaden schon in den früheren Akten erkennbar, wenn auch nicht klar deklariert. Die Einstellung der IV-Leistungen erfolgte vor einigen Jahren aufgrund der fehlenden Mitwirkungspflicht aufgrund des Abbruchs des Ausbildungsplatzes, ohne dass eine Einsprache oder Bitte um Rentenprüfung gemacht wurde. Mit bisher versuchen Eingliederungsmassnahmen durch die Sozialhilfe kamen wir nicht weiter. Deshalb möchte ich erneut die Unterstützung der IV beantragen. Wie soll ich hier vorgehen (Antrag auf ein psychiatrisches Gutachten möglich)? In wie weit muss ich neue Belege vorbringen können, die einen IV-relevanten Gesundheitsschaden deklarieren und bis wohin kann ich diese Abklärungen den Sozialversicherungen überlassen? Besten Dank für eine Rückmeldung.
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehret Frau Schatt
Bei einer solchen NEU-Anmelung wird vorab die Frage gestellt werden, ob die IV überhaupt auf das Gesuch eintreten muss.
Das ist der Fall, wenn die relevanten Tatsachen (z.B. bzgl. Gesundheitszustand oder auch - gerade in Ihrem Fall - Eingliederungsfähigkeit und -bereitschaft sich seit dem Entscheid erheblich und wesentlich geändert haben, und wo dies auch glaubhaft gemacht werden kann (vgl. dazu BGE 130 V 66ff.).
Am einfachsten wäre es sicherlich, wenn über einen Arztbericht glaubhaft gemacht werden kann, dass seit dem ablehnenden Entscheid eine Änderungen des Gesundheitszustandes der Fall ist (Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV, Art.17 ATSG). Und wenn entweder neu eine Bereitschaft zur Mitwirkung bei Eingliederungsmassnahmen glaubhaft gemacht werden kann (über eine persönliche schriftliche Erklärung, oder aber die fehlende Eingliederungsfähigkeit möglichst belegt werden kann (z.B. über einen ärztlichen Bericht).
Wenn diese Eintretensvoraussetzungen bestehen, muss in einem solchen Fall der Sachverhalt wiederum umfassend und allseitig überprüft werden. Es können/müssen dann alle Faktoren neu überprüft werden, zu Gunsten oder zu Ungunsten des Klienten, ohne dass eine Bindung an die früheren Entscheide besteht. (Vgl. Urteil des BGer 9C_378/2014 vom 21.10.2014 und Urteil des BGer 8C_237/2014 vom 21.1.2015).
Vor der Neuanmeldung ist ratsam, den damaligen rechtskräftigen IV-Entscheid und sind die entsprechenden Akten zu analysieren und auf die Änderung der Situation seither ist im oben genannten Sinn bei der Anmeldung, ev. in einem Begleitschreiben Bezug zu nehmen.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Prof. Peter Mösch Payot