Lieber Peter
Es geht um eine Klientin (58J.), welche vor zwei Jahren an einem Karzinom erkrankt ist. Sie ist seit über 10 Jahren bei ihrem Arbeitgeber zu 100% angstellt. Sie war ein Jahr 100% krank geschrieben, anschliessend hat man das Pensum in Absprache mit ihrem Onkologen sehr rasch von 20% auf 50% und dann auf 70% erhöht.- Innhalb eines halben Jahres. Meine Klientin war von Anfang an sehr motiviert und wollte unbedingt wieder schnell zurück an den Arbeitsplatz.
Die IV-Anmeldung wurde im November 2018 eingereicht. Seither ist Seitends der IV nur ein Telefonat mit der Klientin gelaufen und zwei Anrufe mit dem Arbeitgeber. Mitte Oktober 2020 läuft das Krankentaggeld aus. Aus finanziellen Sorgen hat sich die Klientin dann an mich (betriebliche Sozialberatung der Firma) gewandt. Ich habe dann versucht, bei der IV zu intervenieren und zumindest Integrationsmassnahmen zu erwirken. Sie haben dies zur Kenntnis genommen.
Am 18.09.20 hat die IV einen Vorbescheid geschickt, die Rente wird- wie erwartet- abgelehnt, IV-Grad von 30%.
Nach einem Standortgespräch mit Klientin, Arbeitgeber und IV stellt sich nun die Frage der Einsprache. Ist es möglich, eine Einsprache gegen den Entscheid zu machen, auch wenn man nicht die Rente in Frage stellt (die Klientin arbeitet nach wie vor 70% und möchte eigentlich gerne mehr arbeiten, die Frage ist, ob sie dies aus med. Sicht schaffen kann) sondern das Vorgehen der IV? Ich möchte gerne einen Schritt zurück gehen und vor der Rentenprüfung Integrationsmassnahmen im Sinne von einem Aufbau/Belastbarkeitstraining haben von sechs Monaten mit einem entsprechenden Taggeld. So fülle ich die Lücke, welche das fehlende Krankentaggeld hinterlässt, gebe der Klientin so mehr Zeit, um die Aufstockung des Pensums zu versuchen und dem Arbeitgeber die finanziellen Mittel, um diesen Versuch mitzutragen. Natürlich unter der Voraussetzung, der Onkolge unterstützt dieses Vorhaben. Wie beurteilst du einen entsprechenden Einwandung an die IV?
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Liebe Jelena
Ein Rentenanspruch der IV verlangt unter anderem, dass von Integrationssmassnahmen und Massnahmen beruflicher Art keine Verbesserung mehr erwartet werden kann. Vgl. Art. 29 Abs. 1 lit. a IVG.
Es kann also mit dem Einwand sehr wohl verlangt werden, dass andere gesetzliche Leistungen, namentlich die genannten Integrationsmassnehmen geprüft bzw. gesprochen werden.
Im Rechtsbegehren ist zu verlangen:
1. Es seien geeignete Eingliederungsmassnahmen zu sprechen sind, namentlich Integrationsmassnamen mit den entsprechenden akzessorischen Leistungen
2. Es seien zum Entscheid die notwendigen Abklärungen zu treffen bzgl. der Geeignetheit und Notwendigkeit von Eingliederungsmassnahmen
3. Es sei Akteneinsicht zu gewähren.
4. Es sei eine angemessene Nachfrist zur Ergänzung des Einwandes zu gewähren.
Als Begründung sind die Aspekte aufzuführen, die Dir bekannt sind, die für die Notwendigkeit von Integrations- und Eingliederungsmassnahmen sprechen mit Blick auf die Vermeidung oder Verhinderung einer möglichen zukünftigen Verschlechterung des möglichen Invalideneinkommens.
Im Weiteren kann - wenn tatsächlich nie eine Abklärung gemacht wurde (was aus den Akten ersichtlich wird) - verlangt werden, dass die notwendigen Abklärungen mit Blick auf die nötigen Eingliederungsmassnahmen als gesetzliche Leistungen vorgenommen werden.
Der Einwand ist zu unterzeichnen von der versicherten Person oder von Eurer Stelle, dann aber mit Vollmacht der KlientIn.
Ich hoffe, das dient Dir.
Peter Mösch Payot