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IV-Berechnung und Anspruch EL für Australierin in der Schweiz

Veröffentlicht:
18.10.2021
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Grüezi Herr Mösch

Es handelt sich um eine Klientin, welche seit drei Jahren in der Schweiz für eine internationale Firma arbeitet und auch in der Schweiz wohnt. Sie hat rückwirkend per 01.10.20 auf Grund einer progredienten Nervenerkrankung eine halbe IV-Rente zugesprochen bekommen. Letzte Woche hat sie nun die Verfügung mit der Berechnung erhalten. Die Rente beträgt nur CHF 136 /Mt. Die Berechnung bezieht sich auf die Beitragszeit in der Schweiz ( 2Jahre und 4 Monate). Die  3jährige Beitragspflicht für einen Rentenbezug erfüllt sie, weil sie vorher einige Jahre in GB bearbeitet hat. In der Schweiz hat sie einen B-Ausweis, sie ist gebürdige Australierin, hat auch dort einige Jahre gearbeitet. Ihr monatliches Nettoeinkommen beträgt rund CHF 4200.- (50% Lohn). Das Krankentaggeld ist Ende November ausgeschöpft. Nun zu meinen Fragen:

- Die Berechnung scheint korrekt zu sein, da sie bis jetzt wenig in der Schweiz einbezahlt hat. Sollte sie aber nicht noch eine Rente aus England bzw. Australien zu Gute haben? Die Krankheit gemäss IV-Verfahren ist ab 30.10.19 anerkannt (erste Krankschreibung). Zu diesem Zeitpunkt war sie in der Schweiz wohnhaft und angestellt.

- Lohnt sich die EL-Anmeldung (Sie hat hohe Krankheitskosten, kein Vermögen über den Richtlinien und wohnt alleine)? Gehe ich richtig in der Annahme, dass die Karrenzfrist von 10 Jahren bei ihr nicht gilt, weil die Schweiz mit Australien ein Sozialversicherungsabkommen hat?

Besten Dank für deine Hilfe!

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag

1. Korrekt ist, dass im vorliegenden Fall aufgrund der kurzen Beitragszeit in der Schweiz nur eine der entsprechenden Rentenskala entsprechende Rente aus der Schweiz geschuldet ist.

2. Es kann sich in diesem Fall tatsächlich lohnen, in England und insb. auch in Australien eine Renten zu beantragen.

3. Bezüglich der Leistungen aus GB dürfte im vorliegenden Fall trotz Brexit noch die Personenfreizügigkeit  nach FZA zur Anwendung gelangen. Das ergibt sich aus dem Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger (Citizens’ Rights Agreement, CRA). Siehe dazu https://www.zas.admin.ch/zas/de/home/bases-legales-et-coordination-internationale/coordination_internationale_securite_sociale/accord_libre_circulation_ue.html

4. Bezüglich australischen Renten sind Wohnzeiten von Bedeutung: Reichen die australischen Wohnzeiten für die Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf eine australische Rente (Mindestwohnzeit von 10 Jahren) nicht aus, werden die schweizerischen Versicherungszeiten angerechnet, als wäre die Person Einwohnerin Australiens gewesen. Allerdings wird eine australische Mindestwohnzeit von 12 Monaten vorausgesetzt, wobei mindestens sechs davon ununterbrochen zurückgelegt worden sein müssen. Schweizerische Versicherungszeiten, für die einer Person Beitragszahlungen zurückvergütet wurden, können allerdings nicht berücksichtigt werden. Der Anspruch auf australische Leistungen unterliegt bestimmten Einkommens- und Vermögensgrenzen, die nicht überschritten werden dürfen.

Für die Regeln und Adressen zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Sozialversicherungsabkommen mit Australien besteht eine hilfreiche Broschüre: https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/sozialversicherungen/int/grundlagen-und-abkommen/sozialversicherungsabkommen/informationen-zu-abkommen0.html

Es kann das Formular verwendet werden unter https://www.zas.admin.ch/zas/de/home/services-en-ligne/particuliers/demande-de-prestation-etrangere/obtenir-un-formulaire-de-prestation-etrangere.html

5. Bezüglich der EL besteht hinsichtlich der Ansprüche eine Karenzfrist von fünf Jahren. Und dann ist bei Vorliegen der wirtschaftlichen Voraussetzungen eine EL in der Höhe höchstens einer ausserordentlichen Rente bis zum Aufenthalt von 10 Jahren möglich. Danach eine "normale" EL.

Ich hoffe, das dient Ihnen. 

Peter Mösch Payot 

Grüezi Peter

Besten Dank für deine Rückmeldung, welche sehr hilft.

Noch eine Nachfrage zu Punkt 4.- Ist es nicht so, dass die Abklärungen über die ZAS laufen und diese die Abklärungen mit dem beiden Ländern vornehmen?

Und noch eine Nachfrage betreffend deiner Aussage, dass schweizerische Versicherungszeiten, für die einer Person Beitragszahlungen zurückvergütet wurden, nicht berücksichtigt werden können. Bedeutet dies, dass bei meiner Klientin nur die Jahre angerechnet werden würden, welche sie nicht AUF war?

Gruess

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Liebe J.

Ja, die Abklärungen laufen grundsätzlich über die ZAS. Deswegen habe ich auch auf das dortige Gesuchsformular verwiesen. 

Die Regelung zur Rückvergütung bezieht sich nicht auf Zeiten der Arbeitsunfähigkeit. Sondern es geht um Fälle, wo jemand aufgrund der (definitiven) Auswanderung nach Australien die Beiträge in die Schweizerische AHV zurückvergütet erhalten hat. Vgl. dazu https://www.zas.admin.ch/zas/de/home/particuliers/les-versements-uniques/remboursement-des-cotisations.html

Ich hoffe, das dient Dir.

Peter Mösch Payot