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IV Anmeldung nach Kündigung?

Veröffentlicht:
30.07.2020
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Sehr geehrte Damen und Herren

Ich habe eine Klientin 60 J. alt und seit Ende Juli zu 100 AUF geschreiben. Die Klietnin erhielt ende Juni die Diagnose einer chronischen Krankheit, kündigte aber aufgrund diverser gesundheitlicher Bescwerden bereits anfangs Juni per Ende September. Die Klientin ist seit ca. 4 jahren zu 40% angestelle. Vorher war sie bei 60% hatte aber aufgrund Rückenprobleme auf 40% reduziert.

 

Meine Frage ist nun: Wie gehen wir bezüglich einer IV Anmeldung vor? hat dieses noch erfolgschancen? Muss nun die KTG  greifen und läuft diese auch noch über die Kündigung hinaus?

Vielen Dank im Voraus für das Beantworten meiner Fragen.

Freudliche Grüsse

Frage beantwortet am

Andreas Petrik

Expert*in Arbeitsrecht

Sehr geehrter Herr Hefti

Es stellen sich mehrere Fragen, die teilweise in einem Zusammenhang stehen.

Krankentaggelder: Die Pflicht, eine Krankentaggeldversicherung abzuschliessen, kann im Einzelarbeitsvertrag vereinbart oder in einem Gesamtarbeitsvertrag vorgesehen sein. Besteht eine Versicherung auf privatrechtlicher Grundlage (Versicherungsvertragsgesetz), besteht grundsätzlich auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Leistungspflicht. In aller Regel werden die Versicherungen auf privatrechtlicher Grundlage abgeschlossen. Besteht hingegen eine öffentlichrechtliche Versicherung (KVG), enden die Taggeldleistungen mit dem Arbeitsverhältnis. Es besteht die Möglichkeit, in die Einzeltaggeldversicherung überzutreten. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitnehmer über den bestehenden Versicherungsschutz zu informieren, mit anderen Worten kann vom Arbeitgeber die Herausgabe der Police verlangt werden. Falls die Versicherung die Taggeldleistungen mit der Begründung einstellt, dass für eine angepasste Tätigkeit eine Arbeitsfähigkeit besteht, ist zu prüfen, ob diese auch zumutbar ist und ob eine hinreichende Übergangsfrist gewährt wurde (3 bis 5 Monate). Gegen die Zumutbarkeit sprechen ein nicht stabiler Gesundheitszustand und allenfalls das Alter.

Invalidenversicherung: Da ein allfälliger Rentenanspruch frühestens sechs Monate nach der Anmeldung entsteht, ist eine frühzeitige Anmeldung zu empfehlen. Die Invalidenversicherung würde bis zum Erreichen des ordentlichen Rentenalters Rentenleistungen - auch rückwirkend - erbringen. Die Erfolgschancen hängen in erster Linie davon ab, ob ein Invaliditätsgrad von mindestens 40% erreicht wird. Das bedeutet, dass aufgrund des Gesundheitsschadens eine Erwerbseinbusse von mindestens 40% vorliegen muss. Relevant ist einerseits das Einkommen das bisher erzielt wurde und andererseits das Einkommen, das mit einer dem Leiden angepassten Tätigkeit theoretisch noch verdient werden könnte.

Krankentaggelder und Invalidenversicherung: Die Versicherungen verpflichten die Versicherten in aller Regel im Rahmen der allgemeinen Vertragsbedingungen, sich bei der Invalidenversicherung anzumelden. Auch vor diesem Hintergrund ist eine Anmeldung zu empfehlen.

Arbeitslosenversicherung und Invalidenversicherung: Ist aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigung unklar, ob eine Person vermittlungsfähig ist, muss die Arbeitslosenversicherung Vorleistungen erbringen. Voraussetzung ist, dass eine Arbeitsfähigkeit von 20% einer Vollzeitbeschäftigung durch einen Arzt bescheinigt wird, eine Anmeldung bei der Invalidenversicherung erfolgt ist und sich die betroffene Person bereit erklärt, eine zumutbare Tätigkeit auch anzunehmen. Ich erlebe häufig, dass sich betroffenen Personen keine 20%-Arbeitsfähigkeit attestieren lassen wollen. Aufgrund der Tatsache, dass die Krankentaggelder nach einer gewissen Zeit enden und sich die Abklärungen der Invalidenversicherung in die Länge ziehen können, ist der Bezug von Arbeitslosentaggeldern häufig der einzige Ausweg vor der Sozialhilfe. Falls die Invalidenversicherung eine Rente spricht werden die von der Arbeitslosenversicherung zu Unrecht ausgerichteten Leistungen mit der Invalidenrente verrechnet. Eine weitere Rückforderung erfolgt nicht.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine IV-Anmeldung unbedingt zu empfehlen ist, die Erfolgschancen auf eine Rente der Invalidenversicherung unter anderem von der Schwere der gesundheitlichen Beeinträchtigung und dem bisherigen Einkommen abhängen, die Krankentaggelder bei Vorliegen einer relevanten Arbeitsunfähigkeit in aller Regel auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus weiter ausgerichtet werden und auch eine Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung erfolgen sollte.

Freundliche Grüsse

Andreas Petrik