Guten Tag Miteinander
Ich habe einen Klienten, welcher rechtskräftig verurteilt ist und eine mehrjährige Haftstrafe in einer forensisch/psychiatrischen Institution verbüssen muss (kleine Verwahrung). Wir als Sozialdienst entrichten ein Taschengeld und kommen für die Krankheitskosten auf. Wir haben uns nun gefragt, ob wir für den Klienten eine IV Anmeldung machen können, da diverse Gutachten seine psychischen Erkrankungen belegen? Zahlt die IV überhaupt Rentenleistungen während der Verbüssung einer Haftstrafe?
Besten Dank für Ihre Rückmeldung,
lieber Gruss
Fabienne Mattmann
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Liebe Frau Mattmann
Eine Invalidität und eine entsprechende Anmeldung ist im Prinzip auch möglich, wenn eine Person im Straf- und Massnahmenvollzug ist. Schwierig wird es sein, die notwendigen Abklärungen während des Vollzugs überhaupt durchzuführen. So z.B. ob und wie eine externe Begutachtung überhaupt möglich ist. Solche Fragen können je nach Massnahmenregime und je nach dem, welche Abklärungen wie notwendig sind, die Feststellung der Invalidität deutlich erschweren oder verunmöglichen. Im letzteren Fall kann dann im Zweifel keine Prüfung vorgenommen werden. Ob vor diesem Hintergrund eine Anmeldung trotzdem sinnvoll sein kann hängt davon ab, wie flexibel das Massnahmenregime ist (bekäme er Ausgang für eine externe Begutachtung) und welche Abklärungen für eine allfällige Leistung notwendig wären.
Auf der Leistungsseite ist Folgendes zu beachten: Berufliche Massnahmen oder Eingliederungsmassnahmen sind je nach Straf- und Massnahmenregime eh nicht oder nur sehr beschränkt möglich. Wobei entsprechende Unterstützung (etwa eine Arbeitsvermittlung), soweit sie überhaupt in Fragen kommen würde, auch über den Straf- und Massnahmenvollzug bzw. die Bewährungshilfe emöglicht werden könnte. So dass in diesem Bereich die IV-Anmeldung kaum eine Mehrressource darstellt.
Überdies und vor allem gilt Art. 21 Abs. 5 ATSG: Während des Straf- oder Massnahmenvollzugs werden Leistungen an den Versicherten eingestellt, also sistiert. Hingegen würden allfällige Leistungen an Dritte (namentlich allfällige IV-Kinderrenten) an diese Dritten ausbezahlt.
Fazit: Ausser es besteht Aussicht auf Leistungen für Dritte (IV-Kinderrente) macht eine IV-Anmeldung während des Straf- und Massnahmenvollzugs kaum Sinn. Und wäre im Übrigen bei engen Regimes des Vollzuges schwierig bis unmöglich in der Durchführung.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Prof. Peter Mösch Payot