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IV-Anmeldung bei durchschnittlicher Arbeitsunfähigkeit unter 40%

Veröffentlicht:
22.10.2020
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag

Eine Klientin leidet unter einer Schizophrenie und fällt deswegen jedes Jahr zwischen 4-8 Wochen am Stück aus. Sie hat zwei Anstellungen bei verschiedenen Arbeitgebern - 40% und 30% . Damit sie sich gesundheitlich nicht noch mehr destabilisiert, erhält sie vom ersten Vorgesetzten nur einfache Tätigkeiten und sicher keine neuen zugeteilt. Da sie schnell verunsichert ist, ist der Führungsaufwand relativ hoch. Es handelt sich faktisch um eine angepasste Tätigkeit mit viel Goodwill des Vorgesetzten. Mit dem zweiten Vorgesetzten ist das Verhältnis eher angespannt und sie rechnet mit einer Kündigung. Die krankheitsbedingten Ausfalltage sind unter 40% pro Jahr. Jedoch ist die Einschränkung aufgrund der Schilderungen des Vorgesetzten dauerhaft. Welche weiteren Argumente für die Prüfung eines Leistungsanspruchs bei der IV können vorgebracht werden?

Vielen Dank,

Judith Lorenz

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Liebe Frau Lorenz

Die Invalidenversicherung wird in einem Fall wie dem vorliegenden primär prüfen, ob und inwieweit Eingliederungsmassnahmen geeignet und notwendig erscheinen, um eine insb. Invalidität zu reduzieren bzw. zu vermeiden (Art. 8 IVG).

Falls hier eine mögliche Rente in Frage steht, ist zu beachten, dass dafür im Sinne von Art. 28ff. IVG Folgendes entscheidend ist:

-        eine dauerhafte medizinisch-technische Arbeitsunfähigkeit durch einen Gesundheitsschaden. Diese ist primär durch medizinische und arbeitsagogische Gutachten festzustellen. Und:

-        eine durch diese Arbeitsunfähigkeit erfolgende Erwerbsunfähigkeit, also eine Erwerbseinbusse (Art. 8 ATSG).

Spezialregeln gelten unter anderem für die Berechnung der Invalidität für Frühinvalide und Geburtsgebrechen (Art. 40 Abs. 3 IVG).

Eine mögliche Invalidität im von Ihnen genannten Fall ist nicht unmöglich. Entscheidend ist, welchen Umfang das Valideneinkommen hat. Entscheidend ist, ob ein hypothetisches Einkommen für den Fall, dass keine Gesundheitseinschränkung bestünde) genug hoch ist, dass die Erwerbseinbusse durch die Gesundheitsbeeinträchtigung mindestens 40% beträgt.

Ob das hier der Fall ist, ist unter anderem abhängig von der Vorgeschichte des Betroffenen, insb. auch vom allfälligen Einkommen vor der gesundheitlichen Beeinträchtigung. Eine IV-Rente ist also nicht ausgeschlossen.

Ich hoffe, das dient Ihnen.


Prof. Peter Mösch Payot