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Ist dies relevant für die Mandatsführung, kann dies ein Auftrag der KESB (für die Beistandsperson sein)?

Veröffentlicht:
14.03.2023
Kanton:
Graubünden
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Kindes- und Erwachsenenschutz

Guten Tag Frau Anderer

Per Ende Januar 2023 wurde mir per Entscheid der KESB ein Mandat zugeteilt. Es betrifft eine ältere Dame (Frau B.), geschieden vom Herr B. in 1984.

Nun möchte die KESB dass ich die bereits abgeschlossene Erbteilung der Partnerin vom (mittlerweile verstorbenen) Ex-Ehemann UND die nach seinem Ableben kläre. Gerne höre ich von Ihnen ob dies einen Auftrag für mich als Beiständin beinhaltet?  

FALL: In 2007 verstarb die neue Partnerin vom Herr B. und er war ihr Erbe. Nun verstarb Herr B. am 13.9.2020 und verfügte mit einem rechtsgültigen Testament, dass er seine Ex-Frau (unsere Klientin) sein gesamtes Vermögen, mit Ausnahme des Vermögens, das er von seiner im 2007 verstorbene Lebensgefährtin geerbt hat, vererbe. Das geerbte Vermögen der verstorbenen Lebensgefährtin vererbt er deren Bruder.

Gemäss Auskunft vom im Testament eingesetzten Erbenverwalter, einen Notar/Rechtsanwalt aus Neuenburg, ist die Situation abgeschlossen: 

Der Nachlass von Herr B. ist definitiv abgeschlossen, wie es die Annahme- und Entlastungserklärung von Herrn S. S. (Bruder) vom 20.11.2022 belegt. In dieser Erbangelegenheit beträgt der Anteil von Frau B. (unsere Klientin) Null Franken, was in der definitiven Veranlagung der Erbschaftssteuer vom 07.09.2021, ausgestellt von der Steuerbehörde des Kantons Neuchâtel, ersichtlich ist.

Dies wurde von mir der KESB so mitgeteilt.

Nun teilte die KESB/Rechtsdienst uns Folgendes mit:

Es wird eine zustimmungsbedürftige Angelegenheit so oder so geben, somit benötigen wir alle Infos:

Soweit ich erkennen kann, wissen wir bisher einzig, dass Frau B Teil einer zweiköpfigen Erbengemeinschaft ist und einen testamentarischen Anspruch auf den gesamten Nachlass hat, mit Ausnahme des Vermögens, das von der Lebensgefährtin vererbt worden ist (dieses Vermögen soll S.S. erben).

Bisher haben wir keine Übersicht über den Nachlass und darüber, welche Gegenstände auf welchen Erben fallen.

Hilfreich wäre sicherlich eine Information darüber, was genau Herr B. im 2007 von seiner Lebensgefährtin geerbt hat und wie sich das Vermögen von B. zum Zeitpunkt des Todes bemass und seither veränderte. Der Willensvollstrecker müsste diese Information liefern können, ansonsten hätte er nicht zum Schluss kommen können, dass kein Vermögen übrigbleibt.

Für uns wäre sowohl eine faktisch durchgeführte Erbteilung wie auch ein Erbteilungsvertrag ein zustimmungsbedürftiges Geschäft. Hierbei verlangt jedoch das Amtsgericht (in Deutschland, Wohnsitz des Erben S.S.) eine notarielle Erbauseinandersetzung, weswegen es ohnehin ein formelles Geschäft geben wird.

Ich würde aus Sicht der Beistandsperson alle nötigen Unterlagen über die Zusammensetzung der Erbmasse vom Willensvollstrecker verlangen und betonen, dass ohne die Zustimmung der KESB eine Erbteilung noch nicht erledigt sein kann.

Dem Rechtsvertreter von S.S. könnte zudem mitgeteilt werden, dass wir keine Informationen darüber haben, ob der Miteigentumsanteil an der Eigentumswohnung in N. (Deutschland) ihm zufallen soll. Ohne solche Informationen kann das Grundstückgeschäft (Bzw. die partielle Erbteilung (?)) nicht beurteilt werden. Ohnehin sollte eine vollständige Erbteilung angestrebt werden, mit welcher sich die Erben vollständig auseinandergesetzt betrachten.

Besten Dank für Ihre geschätzte Antwort. Ich hoffe, ich konnte Ihnen den Fall klar genug schildern und meine Anliegen erläutern. Sollte es weitere Einzelheiten oder Details brauchen, stehe ich Ihnen dazu natürlich gerne, und auch telefonisch, zu Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen aus Graubünden

Frage beantwortet am

Karin Anderer

Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz

Grüezi

Das Willensvollstrecker-Mandat dauert bis zur Erbteilung und endet mit dem Vollzug der Erbteilung. Deshalb die Frage: Wurde der Nachlass verteilt und liegt ein Erbteilungsvertrag vor? Der Willensvollstrecker muss dazu Auskunft geben können und Ihnen den Erbteilungsvertrag vorlegen. Wenn ja: Erfolgte die Erbteilung vor der Errichtung der Erwachsenenschutzmassnahme? Und wenn ja, dann ist die Angelegenheit abgeschlossen, es sei denn, dass ein begründeter Verdacht auf Unsorgfalt des Willensvollstrecker besteht und bei der Frau im Zeitpunkt der Unterzeichnung Willensmängel oder Urteilsunfähigkeit vorlagen. In diesem Fall müsste eine Rechtsanwältin/ein Rechtsanwalt eingesetzt werden.

Wenn die Erbteilung noch nicht erfolgt ist, was in der beschriebenen Fallkonstellation seltsam wäre (die KESB aber davon ausgeht oder den Sachverhalt bereits schon erhoben hat?) dann muss die Erbteilung noch vollzogen werden. Ob das Geschäft zustimmungspflichtig ist, hängt davon ab, ob die Frau in ihrer Handlungsfähigkeit diesbezüglich eingeschränkt oder ob sie diesbezüglich urteilsunfähig ist (Art. 416 Abs. 2 ZGB; die KESB geht davon aus?). Beim Willensvollstrecker wäre nachzufragen, warum die Erbteilung noch nicht erfolgt ist und ob und wann mit dem Erbteilungsvertrag noch zu rechnen wäre (unter Hinweis auf eine mögliche Zustimmungspflicht der KESB).

Dem Bruder der Lebenspartnerin, der noch Dokumente von der Frau benötigt, sollte man behilflich sein, soweit möglich. Auch hier könnte Ihnen der Willensvollstrecker Auskunft geben.

Die Angelegenheit ist m.E. nicht genügend abgeklärt und es stellt sich die Frage, warum die KESB, die über juristisch geschultes Personal verfügt, das nicht besser abgeklärt hat. Die notwendigen Informationen hätte sie direkt beim Willensvollstrecker beschaffen und Ihnen dann den Auftrag konkreter erteilen können. Berufsbeistandspersonen sind in der Regel nicht mit komplexen Erbangelegenheiten zu betrauen, schon gar nicht im internationalen Kontext.

Ich hoffe, die Angaben helfen Ihnen vorerst weiter. Sie können sich gerne wieder melden.

Luzern, 19.3.2023

Karin Anderer

Guten morgen Frau Anderer,

Ich hatte aus Versehen das Thema geschlossen ohne eine "Dankeschön" an Sie.

Die Antwort hat mich, uns, weitergeholfen und ich bedanke mich herzlich für Ihre kompetente Rückmeldung.

mit freundlichen Grüssen