Zum Inhalt oder zum Footer

Ist der 13 Monatslohn geschuldet bei einem "falschen" Arbeitsvertrag

Veröffentlicht:
28.01.2022
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Sehr geehrte Damen und Herren

Mein Klient (Kt. ZH) arbeitete im Detailhandel. Der Arbeitsvertrag ist auf dem Standartarbeitsvertrag des Gastgewerbes ausgestellt. Unter Punkt 10 des Arbeitsvertrages betreffend 13. Monatslohn steht, dass sich der 13. Monatslohn nach Art. 12 L-GAV richtet. 

In den ersten Lohnabrechnungen ist der vertraglich abgemachen Nettolohn ausgewiesen und ausbezahlt.  Rückwirkend wird der vertraglich abgemachte Bruttolohn (Monatslohn) nun gekürzt und ein Anteil 13. Monatslohn ist auf den Lohnabrechnungen ersichtlich. Der Auszahlungsbetraf entspricht jeweils dem vertraglich abgemachten Nettolohn.

Der Arbeitgeber zieht zudem mit der letzten Lohnzahlung zuviel bezogene Ferien ab. Die Ferien August wurden vom Arbeitgeber bewilligt. Der Arbeitgeber hat das Arbeitsverhältnis auf Ende November gekündigt. 

Kann sich mein Klient auf den "falschen" Arbeitsvertrag abstützen und den 13. Monatlsohn einfordern?

Darf der Arbeitgeber zuviel bezogene bewilligte Ferien vom Lohn abziehen?

Vielen Dank für Ihre Antwort. 

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Guten Tag

gerne beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Ausgangspunkt des Falles bildet die vertragliche Vereinbarung. Diese sieht vor, dass ein 13. Monatslohn nach Art. 12 L-GAV richte.

 

Art. 13. L-GAV hält fest:

Monatslohn

  1. Der Mitarbeiter hat Anspruch auf den 13. Monatslohn im Ausmass von 100% eines Bruttomonatslohnes.

  2. Für ein unvollständiges Arbeitsjahr besteht ein anteilsmässiger Anspruch. Der anteilsmässige Anspruch entfällt, wenn das Arbeitsverhältnis im Rahmen der Probezeit aufgelöst wird.

  3. Basis für die Berechnung des 13. Monatslohnes ist der durchschnittliche monatliche Bruttolohn im Berechnungszeitraum.
    Erfolgt die Auszahlung des 13. Monatslohnes jeweils Ende Monat oder zusammen mit dem Stundenlohn, beträgt die Entschädigung 8,33%.

  4. Der 13. Monatslohn ist spätestens jedes Jahr mit dem Dezemberlohn oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu bezahlen.

Damit steht fest, dass Ihr Klient Anspruch auf einen 13. Monatslohn hat.

Nun ist zu fragen, welcher Monatslohn im Vertrag vereinbart wurde. Annahme: Es wurden 4000.-- Brutto pro Monat vereinbart und es wurde dieser Lohn abzüglich der Sozialversicherungsbeiträge ausgerichtet. In dieser Situation schuldet der ARbeitgeber auf jeden Fall einen zusätzlichen Monatslohn von Brutto 4000. Der Arbeitgeber muss diesen 13. Lohn spätestens im Dezember ausrichten, er kann aber auch jeden Monat einen Zwölftel zum normalen Lohn hinzuzahlen.

Es könnte sein, dass der Arbeitgeber den im Vertrag festgelegt Lohn "inkl. 13. Monatslohn" verstanden hat. Diesfalls hätte dies im Vertrag aber auch klar so erkennbar sein müssen. Wenn der Arbeitgeber den ursprünglichen Vertrag ändern will, darf er das, er muss diesfalls aber während der Dauer der vertraglichen Kündigungsfrist noch den ursprünglich vereinbarten Lohn entrichten und darf die Anpassugn erst danach vornehmen.

Falls mehr Lohn ausbezahlt wurde, als im Vertrag vereinbart ist und wenn die Arbeitgeberin innert kurzer Zeit reagiert, wäre eine Verrechnung zuviel bezahlen Lohnes zulässig. Aus 2-3 falschen Lohnzahlungen resultiert noch keine stillschweigende Vertragsanpassung zu Gusnten des Arbeitnehmers.

Zu ihrer zweiten Frage des Abzuges zuviel bezogener Ferien:

Die Mehrheit der Lehre und die meisten Gerichte gehen grundsätzlich davon aus, dass der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmenden Rückforderungsrecht hat.Es finden sich im Gesetz keine Anhaltspunkte, die ein Rückforderungsrecht der Arbeitgeberin begründen könnten. Ein solches Rückforderungsrecht kann allerdings vertraglich vereinbart werden (im L-GAV findet sich keine solche Regelung).  Würde der Arbeitsvertrag eine solche Regelung vorsehen, . bestünde die Möglichkeit, die vereinbarte Rückforderung mit dem letzten Lohnanspruch des Arbeitnehmenden zu verrechnen oder aber einen Lohnrückbehalt nach Art. 323a OR zu vereinbaren.
Eine Rückforderung der Ferien ist nach der Praxis auch in Konstellationen möglich, in denen der Ferienbezug auf Wunsch des Arbeitnehmers zustande kam und der ARbeitnehmer danach das Arbeitsverhältnis kündigte. Vorliegend erfolgte die Kündigung indes durch den Arbeitgeber.

Prima vista ist der Abzug der zu viel bezogenen Ferien unzulässig.

Genügen Ihnen diese Auskünfte? Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen

Kurt Pärli