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Integritätsentschädigung

Veröffentlicht:
18.10.2018
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Liebes Expertenteam
Herr X hatte im August 2018 einen Unfall, aufgrund dessen das 1. Glied am Rechten Daumen amputiert werden musste. Herr X ist nicht erwerbstätig und über die obligatorische Krankenpflegeversicherung unfallversichert. Meine Recherchen haben folgendes ergeben:
Laut Art. 28 KVG übernimmt bei Unfällen die obligatorische Krankenpflegeversicherung nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe b1 die Kosten für die gleichen Leistungen wie bei Krankheit.
Nach Art. 24 Abs. 1 UVG hat eine VP Anspruch auf eine Integritätsentschädigung. Diese wird nach Art. 24 Abs. 2 entweder mit der IV Rente festgesetzt oder falls kein Rentenanspruch besteht bei der Beendigung der ärztli-chen Behandlung gewährt.
Für die Bemessung der Integritätsentschädigung gelten die Richtlinien des Anhang 3 (Art. 36 Abs. 2 UVV), demnach ergibt sich beim Verlust eines Gliedes des Daumens eine Integritätsentschädigung von 5%.
Nach Art. 25 Abs. 1 UVG wird die Integritätsentschädigung in Form einer Kapitalleistung gewährt. Sie darf den am Unfalltag geltenden Höchstbetrag des versicherten Jahresverdienstes nicht übersteigen und wird entspre-chend der Schwere des Integritätsschadens abgestuft.
Gehe ich richtig in der Annahme dass mit „und wird entsprechend der Schwere des Integritätsschadens abge-stuft“ eben die Richtlinien des Anhang 3 gemeint sind?
Was genau bedeutet „Sie darf den am Unfalltag geltenden Höchstbetrag des versicherten Jahresverdienstes nicht übersteigen“?
Herr X. hat Jura studiert (Masterabschluss), konnte aber bisher seine Ausbildung nie verwerten, da er seit vielen Jahren an einer psychischen Erkrankung leidet. Eine IV Anmeldung wurde gemacht. Aktuell prüft die IV den Krankheitsverlauf und holt deswegen Verlaufsberichte bei den Ärzten ein.
Hat er überhaupt Anspruch auf eine Integritätsentschädigung, wenn er nicht erwerbstätig ist?
Wie ist vorzugehen, wenn Herr X. diese geltend machen will?
Was muss ich sonst noch beachten oder gibt es etwas das ich im Zusammenhang mit dem laufenden IV Ver-fahren beachten muss?
Für die Beantwortung meiner Fragen bedanke ich mich.
Freundliche Grüsse
Luzia Schwegler

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Liebe Luzia
Vor der genauen Beantwortung eine wichtige Rückfrage: War der Klient im Zeitpunkt des Unfalls oder während der Monate zuvor irgendwo erwerbstätig oder in einem Praktikum etc. tätig?
Danke für eine kurze Ergänzung des Sachverhalts.
Peter Mösch

Lieber Peter
Herr X. hat nach seinem Studium (Abschluss 2015) kurze Zeit gejobbt. Im Jahr 2018 war er nicht erwerbstätig oder in einem Praktikum.
Liebe Grüsse
Luzia

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Liebe Luzia
Die Integritätsentschädigung nach UVG (vgl. Art. 24 UVG, Art. 36 Abs. 3 UVV; Anhang 3) wird gewährt, wenn der Versicherte durch den Unfall eine dauernde erhebliche Schädigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Integrität erleidet.
Die Leistung wird aber nur gewährt für Versicherte, also für Personen, welche dem UVG unterstehen.
Dies ist aber nur für Personen der Fall, welche im Zeitraum des Unfalles erwerbstätig waren, einschliesslich der Heimarbeiter, Lernende, Praktikanten, Volontäre, Schnupperlehrlinge (zur Abklärung der Berufswahl bei einem Arbeitgeber) sowie der in Lehr- oder Invalidenwerkstätten tätigen Personen. Oder für Personen, welche als Arbeitslose nach Art. 8 AVIG gelten (vgl. Art. 1a UVG).
Oder die zu jenem Zeitpunkt noch eine Abredeversicherung nach Aufgabe einer früheren Erwerbstätigkeit aufweisen, welche bei der entsprechenden Unfallversicherung für sechs Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder der Aussteuerung abgeschlossen werden kann.
Für Unfälle im Nichterwerbsbereich muss darüber hinaus eine Erwerbstätigkeit von durchschnittlich mehr als acht Stunden pro Woche beim selben Arbeitgeber vorliegen (Art. 13 Abs. 1 UVV).
Da im vorliegenden Fall soweit ersichtlich keine solche UVG-Unterstellung besteht bzw. bestand dürfte auch kein Anspruch auf Integritätsentschädigung nach UVG möglich sein.
Zu prüfen wäre, ob allenfalls Ansprüche gegenüber einer privaten Versicherung bestehen könnte. Dafür müsste er aber eine solche Versicherung, z.B. als Zusatzversicherung zur Krankenkasse, abgeschlossen haben.
Ich hoffe, das dient Dir.
Prof. Peter Mösch Payot