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Intake Miete übernorm

Veröffentlicht:
22.09.2022
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag

Wir haben einen Jungen Erwachsen Schweizer als Neuanmeldung erhalten. Er ist im September 2022 von der Türkei nach Zürich gekommen. Seine Kindheit und Schulbildung hat er in der Türkei verbracht.

Er hat in unserer Gemeinde eine viel zu teure Wohnung gemietet. Ziel ist es, dass seine Mutter (Türkin) und die minderjährige Schwester (CH) ebenfalls in die CH kommen und mit in der Wohnung leben. Auch für einen 3 Personenhaushalt ist die Wohnung zu teuer. Aufgrund des MiGra müssen aber die Mutter und Tochter für die Einreise warten.

Weil der KL derzeit kein Einkommen und Möbel hat, wohne er bei bekannten in einer anderen Gemeinde.

 

Der Mietvertrag hat eine Mindestlaufzeit von 1 Jahr (August 2023).

 

Wenn der KL Anspruch auf WSH hat, wie hoch ist dann sein Mietanteil?

Müssen wir die Miete komplett übernehmen oder wird er als 1 von 3 angerechnet, auch wenn derzeit die Mutter und Schwester nicht dort wohnen aber bereits im Mietvertrag drin sind? (nicht bei EWK gemeldet)

Muss die Miete jeweils für 6 Monate gemäss SKOS oder 1 Jahr übernommen werden gemäss Mietvertrag?

Dürfen wir die Auflage machen, dass er sich eine günstigere Wohnung suchen muss, trotz der Mindestlaufzeit von 1 Jahr?

Kann der Mietvertrag vorzeitig beendet werden, sofern der KL einen Nachmieter findet?

Ist allenfalls auch eine Ablehnung des Gesuchs möglich, weil sich der KL nicht in unserer Gemeinde Aufhält möglich?

Besten Dank k und freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Melanie Studer

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Ich gehe bei meiner Antwort aufgrund Ihrer Angaben davon aus, dass sich Ihre Gemeinde im Kanton Zürich befindet.

Zum Mietanteil: Die Sozialhilfe bemisst sich nach dem Tatsächlichkeits- und Gegenwärtigkeitsprinzip. Das heisst, massgeblich ist der effektive/tatsächliche aktuelle Bedarf. Das heisst für die Übernahme der Miete, muss die aktuelle Lebenssituation des Klienten betrachtet werden – es dürfen keine künftigen, hypothetischen, Entwicklungen berücksichtigt werden. Zurzeit bildet er alleine eine Unterstützungseinheit und er lebt alleine in einer (zu teuren) Wohnung. Abzuklären ist, ob seine Mutter und Schwester aufgrund der im Mietvertrag getroffenen Vereinbarung respektive einer unter den dreien getroffenen Abrede, die zwei noch nicht ortsanwesenden bereits einen Teil der Miete zahlen müssen und ob sie tatsächlich einen Teil an die Miete leisten. Die Anmeldung bei der Einwohnerkontrolle ist grundsätzlich keine Voraussetzung, um mietvertragliche Verpflichtungen eingehen zu können. Das ist jedoch in erster Linie eine miet- resp. vertragsrechtliche Frage, die ich hier nicht abschliessend beurteilen kann.

Übernahme Mietzins/Wohnungswechsel: Das Vorgehen bei einer überhöhten Miete bei Unterstützunsbeginn sind die Kosten grundsätzlich so lange zu übernehmen, bis eine zumutbare Möglichkeit eine günstigere Wohnung zu beziehen vorhanden ist (vgl. SKOS-RL C.4.1. Abs. 3); eine Frist von 6 Monaten ergibt sich aus den RL nicht. Eine Auflage eine günstigere Wohnung zu suchen, dürfen Sie machen, sofern der Wohnungswechsel zumutbar ist (hier sprechen wohl wenig Gründe dagegen). Sie müssen eine angemesse Frist setzen. Auch nach der Frist ist jedoch eine Reduktion der Kosten nur möglich, wenn ein Wohnungswechsel möglich gewesen wäre, wenn also eine günstigere (zumutbare) Alternative zur Verfügung gestanden hätte (siehe dazu auch die Ausführungen im Sozialhilfehandbuch des Kantons Zürich, Kap. 7.2.04). Aufgrund der nun langen Vertragsdauer, respektive langen Kündigungsfrist, ist zusätzlich zu verlangen, dass Bestrebungen unternommen werden, eine Nachmieterschaft zu finden (vgl. dazu die Erläuterungen b zu SKOS-RL C.4.1.). Gem. Art. 264 OR ist der Mieter von seinen vertraglichen Pflichten befreit, wenn er einen zumutbaren neuen Mieter vorschlägt, der zahlungsfähig ist und bereit, den Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen. Gegebenenfalls ist der Klient im Rahmen der persönlichen Hilfe bei der Erfüllung dieser Auflagen zu unterstützen.

Betreffend die fehlenden Möbel: Grundsätzlich ist gemäss den SKOS-RL eine minimale Wohnungseinrichtung als Situationsbedingte Leistung zu gewährleisten (SKOS-RL, C. 6.6. Abs. 1.). Dabei kann es sich um eine «einfach Grundausstattung» handeln, es ist aber gemäss der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Zürich (Urteil VB.2012.00658, E. 4.2) um eine zwingend zu übernehmende Leistung. Dies insbesondere bei Personen die bis anhin über keine eigenen Möbel verfügt haben (vgl. Sozialhilfehandbuch des Kantons Zürich, Kap. 8.1.25). Das Sozialhilfehandbuch nennt «insbesondere Bett, Schrank, Tisch, Stühle» als Bestandteil einer Grundausstattung.

Zur Zuständigkeitsfrage: Die Zuständigkeit bestimmt sich im interkantonalen Verhältnis, also zwischen zwei Kantonen, gem. dem Bundesgesetz über die Zuständigkeit (ZUG); falls es sich um die Frage handelt, welche Gemeinde innerhalb des Kantons Zürichs zuständig ist, bestimmt sich die Zuständigkeit nach § 32 ff. des Sozialhilfegesetzes des Kantons Zürichs. Inhaltlich entsprechen sich die Regelungen jedoch. Zuständig ist also in erster Linie diejenige Gemeinde (respektive derjenige Kanton) in dem sich eine Person mit der Absicht des dauernden Verbleibens aufhält (Wohnsitz); nur so lange die Wohngemeinde nicht feststeht, ist die Aufenthaltsgemeinde zuständig (§ 33 SHG/ZH; analog Art. 12 Abs. 2 ZUG i.V.m. Art. 11 Abs. 1 ZUG).

Die Wohnsitzbegründung nach ZUG resp. SHG bedingt objektiv den Aufenthalt einer Person in einer Gemeinde/Kanton und subjektiv die Absicht des dauernden Verbleibs. Im von Ihnen geschilderten Fall scheint die subjektive Absicht des dauernden Verbleibs des Klienten in Ihrer Gemeinde auf den ersten Blick durch das Anmieten einer Wohnung in Ihrer Gemeinde grundsätzlich gegeben. Ein Indiz für das Erfüllen des objektiven Elements wäre zudem die polizeiliche Anmeldung in Ihrer Gemeinde. Zudem schliesse ich aus der Sachverhaltsschilderung, dass er v.a. wegen der fehlenden Wohnungseinrichtung sich zurzeit nicht in der Wohnung in Ihrer Gemeinde aufhält. Auf diese hätte er jedoch, wie oben erläutert, Anspruch. In dieser Konstellation darauf zu schliessen, es fehle am Aufenthalt in Ihrer Gemeinde wäre m.E. unzulässig.

Ich hoffe, Ihnen dienen diese Angaben.

Beste Grüsse

Melanie Studer