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hypothetisches Einkommen angerechnet bei Witwe mit Arbeitsunfähigkeit

Veröffentlicht:
08.10.2018
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag
Ich betreue eine Klientin im Rahmen der Sozialhilfe. Sie wird ergänzend zur Witwenrente unterstützt. Früher erhielt sie Ergänzungsleistungen, aber da Ihre Kinder fremdplatziert worden sind, wurde ihr ein hypothetisches Einkommen (und bei den Kindern hypothetische Kinderzulagen) angerechnet. Sie ist zu 100% krankgeschrieben und daher nicht vermittlungsfähig beim RAV. Es wurde eine Anmeldung bei der IV gemacht. Der Entscheid ist noch ausstehend.
Ist es rechtens, dass die EL ein hypothetisches Einkommen anrechnet, obwohl meine Klientin nicht vermittlungsfähig ist?
Gibt es einen Weg, wie sie die Kinderzulagen geltend machen kann?
Besten Dank für Ihre Rückmeldung.
Freundliche Grüsse
Sonja Nicoli

Frage beantwortet am

Daniel Schilliger

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag Frau Nicoli
Gestützt auf Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG sind Einkünfte, auf die verzichtet worden ist, als Einkommen anzurechnen. Verzichtet eine Witwe auf eine zumutbare Erwerbstätigkeit, wird bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen zur AHV/IV ein hypothetisches Erwerbseinkommen angerechnet. Die Höhe ist abhängig vom Alter (vgl. Art. 14 b ELV).
Auf die Anrechnung ist zu verzichten, wenn die Arbeitsaufnahme z.B. wegen familiären Betreuungspflichten nicht zumutbar ist. Daher wurde bisher darauf verzichtet. Durch die Fremdplatzierung ist dieser Grund weggefallen und es der Witwe daher grundsätzlich zumutbar eine Arbeit zu suchen und an zu treten. Wenn sie regelmässige Arbeitsbemühungen macht und sich (als Stellenlose) beim RAV anmeldet, kommt sie der Schadenminderungspflicht nach und die EL muss künftig auf die Anrechnung eines hypothetischen Einkommens verzichten.
Die Arbeitssuche muss aber effektiv zumutbar sein. Die EL ist diesbezüglich an einen IV-Entscheid gebunden. Wenn noch kein IV-Entscheid vorliegt, müsste diese Zumutbarkeit genauer abgeklärt werden. Informieren Sie die EL über die laufende IV-Anmeldung. Dann müssen sie versuchen, die Arbeitsunfähigkeit mit einem fundierten Arztbericht nachzuweisen. Vielleicht befinden sich hilfreiche Berichte bereits im IV-Dossier (ihre Klientin kann dieses anfordern). Wenn eine volle Arbeitsunfähigkeit ausgewiesen ist, darf die EL bis zum Erlass des IV-Entscheides kein hypothetisches Einkommen anrechnen. Bei teilweiser AUF können sie versuchen die Höhe des hypothetischen Einkommens zu verhandeln.
Zu den Kinderzulagen: Ihre Klientin wird bei der AHV wohl als Nichterwerbstätige gelten. Der Anspruch von Kinderzulagen bei Nichterwerbstätigen ist an die Voraussetzung geknüpft, dass das steuerbare Einkommen den anderthalbfachen Betrag einer maximalen vollen Altersrente der AHV nicht übersteigt und keine Ergänzungsleistungen zur AHV/IV bezogen werden (Art. 19 Abs. 3 FamZ). Solange also ein Anspruch auf EL besteht, können ihr keine Kinderzulagen ausgerichtet werden.
Freundlicher Gruss
Daniel Schilliger