Folgender Sachverhalt hat sich in der Beratungsstelle ergeben: AHV-Rentner (zuvor IV-Bezüger mit Anspruch auf mittelschwere HE zur IV - somit Besitzstand) beansprucht viel Alltagshilfen wie Spitex, Hauswirtschaftliche Hilfe, Fahrdienste und Wohnbegleitung etc.. Er hat Anspruch auf EL. Die Krankheits- und Behindeerungskosten überstiegen 2022 Fr. 25'000.--. Die Ausgleichskasse lehnt nun sämtliche weiterführenden Kosten mit der Erklärung "Quotenüberschuss" ab.
ELG Art. 14 Abs. 4 regelt die Erhöhung bei schwerer Hilflosigkeit. Ebenso wird darauf hingewiesen, dass der Bundesrat die Erhöhung bei mittelschwerer HE regelt.
Konsultiere ich die ELV finde ich folgende Regelung:
Art. 19b Erhöhung des Höchstbetrages
1 Für zu Hause lebende Personen mit einem Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung der IV oder der Unfallversicherung erhöht sich der Betrag nach Artikel 14 Absatz 3 Buchstabe a Ziffer 1 ELG bei mittelschwerer Hilflosigkeit auf 60 000 Franken, soweit die Kosten für Pflege und Betreuung nicht gedeckt sind durch die Hilflo-senentschädigung und den Assistenzbeitrag der AHV oder der IV.
Einen Assistenzbeitrag hatte der Rentner nicht.
BGS 831.3 - Reglement über die Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten bei den Ergänzungsleistungen (RKEL) hält fest:
§ 1
Grundsatz
1
Ausgewiesene Krankheits-, Behinderungs- und Hilfsmittelkosten im Sinne von Artikel 14 Absatz 1 ELG werden bis zur Höhe der Kosten einer wirtschaftlichen und zweckmässigen Ausführung rückerstattet.
2
Die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn (nachstehend AKSO genannt) kann die Wirtschaftlichkeit und Zweckmässigkeit überprüfen lassen.
§ 2
Höchstbeträge
1
Die Höchstbeträge, die für Krankheits-, Behinderungs- und Hilfsmittelkosten zusätzlich zur jährlichen Ergänzungsleistung vergütet werden können, entsprechen den in Artikel 14 Absätze 3 bis 5 ELG festgelegten Beträgen.
Artikel 14 Abs. 3 vom ELG besagt, dass der Bundesrat die Erhöhung bei mittelschwerer HE regelt.
Müssste der betroffene Versicherte nun nicht Anspruch auf die Erhöhung der Rückvergütung Krankheits- und Behinderungskosten auf Fr. 65'000.-- erhalten?
Ich danke für die fachliche Einschätzung
Frage beantwortet am
Nadja D'Amico
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Guten Tag
Sie haben die massgebenden Bestimmungen bereits gut wiedergegeben. Nachfolgend ergänze und präzisiere ich Ihre Ausführungen.
1.
Die Finanzierung der Krankheits- und Behinderungskosten zusätzlich zur jährlichen EL obliegt den Kantonen. Das ELG ist in diesem Bereich als Rahmengesetz ausgestaltet und enthält in Art. 14 ELG von den Kantonen zu beachtende Mindestvorgaben. Die Kantone dürfen in ihren Ausführungsbestimmungen hinsichtlich Krankheits- und Behinderungskosten Höchstgrenzen unter Beachtung der Mindestansätze nach Art. 14 Abs. 3 bis 5 ELG festgelegen:
Die kantonalen Höchstbeträge dürfen für zu Hause lebende, alleinstehende Personen den Betrag von Fr. 25 000 nicht unterschreiten (Abs. 3 Bst. a Ziff. 1). Haben solche Personen einen Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung der IV oder UV, erhöht sich der Mindestbetrag bei schwerer Hilflosigkeit auf Fr. 90 000, soweit die Kosten für Pflege und Betreuung durch die Hilflosenentschädigung und den Assistenzbeitrag der AHV oder der IV nicht gedeckt sind (Abs. 4). Bei mittelschwerer Hilflosigkeit erhöht sich der Mindestbetrag auf Fr. 60 000 (Abs. 4 in Verbindung mit Art. 19b ELV). Der Betrag wird auch bei Bezügerinnen und Bezügern einer Hilflosenentschädigung der AHV, die vorher eine Hilflosenentschädigung der IV bezogen haben, erhöht (Abs. 5).
Gemäss § 2 des Reglements über die Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten bei den Ergänzungsleistungen des Kantons Solothurn (RKEL, BGS 831.3) entsprechen die Höchstbeträge, die für Krankheits-, Behinderungs- und Hilfsmittelkosten zusätzlich zur jährlichen Ergänzungsleistung vergütet werden können, den in Art. 14 Abs. 3 bis 5 ELG festgelegten Beträgen. Somit entsprechen im Kanton Solothurn die Höchstbeträge der Krankheits- und Behinderungskosten den bundesrechtlichen Mindestansätzen.
2.
Anspruch auf die Erhöhung der Ansätze nach Art. 14 Abs. 4 ELG haben nur Personen mit invaliditäts- bzw. unfallbedingten Einschränkungen und nicht solche mit (vorwiegend) altersbedingter Hilflosigkeit. Vor diesem Hintergrund und im Sinne von Abs. 5 des Art. 14 ELG wird der Mindestbetrag bei Personen mit einer Hilflosenentschädigung der AHV nur erhöht, wenn diese bereits eine Hilflosenentschädigung der IV bezogen haben bzw. die Hilflosenentschädigung im Rahmen der Besitzstandwahrung durch eine solche der AHV abgelöst worden ist.
Dies ist bei Ihrem Klienten der Fall. Somit hat er grundsätzlich Anspruch auf Erhöhung des Mindestbetrags von Fr. 25 000 auf Fr. 60 000, sofern die vergütbaren Krankheits- und Behinderungskosten nicht anderweitig gedeckt sind (Art. 14 Abs. 4 und 5 i.V.m. Art. 19b ELV).
3.
In welchem Umfang ihr Klient seine Krankheits- und Behinderungskosten über die EL abrechnen kann, hängt also zusätzlich davon ab, ob er diese mit anderen Versicherungsleistungen (oder selbstredend mit einem Einnahmeüberschuss) decken kann. Bundesrechtlich vorgesehen ist, dass in den Fällen nach Art. 14 Abs. 4 ELG (Erhöhung Mindestbeitrag) die Hilflosenentschädigung und ein allfälliger Assistenzbeitrag zu berücksichtigen sind.
Im Kanton Solothurn präzisiert § 4 RKEL das Verhältnis der Krankheits- und Behinderungskosten zu anderen Leistungen wie folgt: Anspruch auf Vergütung der Krankheits- und Behinderungskosten besteht nur, soweit nicht andere Versicherungen für die Kosten aufkommen (Abs. 1). Erhöht sich der Betrag der Kostenvergütung nach Artikel 14 Absatz 4 ELG oder Art. 19b ELV, so wird die Hilflosenentschädigung der IV oder UV von den ausgewiesenen Pflege- und Betreuungskosten abgezogen. Der Höchstbetrag nach Art. 14 Abs. 3 ELG darf jedoch nicht unterschritten werden (Abs. 2). Hat die Krankenversicherung für ihre Vergütung von Pflege- und Betreuungskosten zu Hause die Hilflosenentschädigung der IV oder UV angerechnet, so wird die Hilflosenentschädigung im Umfang der Anrechnung nicht von den ausgewiesenen Kosten abgezogen (Abs. 3).
4.
Ihr Klient bezieht eine Hilflosenentschädigung mittleren Grades im Besitzstand, d.h. aktuell Fr. 1 225 im Monat bzw. Fr. 14 700 im Jahr. Dieser Betrag wird von den Kosten für Pflege und Betreuung abgezogen, wobei der Höchstbetrag von Fr. 25 000 garantiert ist. In anderen Worten muss Ihr Klient zur Finanzierung der Pflege und Betreuung zu Hause ab Fr. 25 000 die Hilflosenentschädigung heranziehen. Dies hat die Ausgleichskasse womöglich mit dem «Quotenüberschuss» gemeint. Erst wenn die Kosten für Pflege und Betreuung die Hilflosenentschädigung übersteigen, wird der Mindestbetrag auf Fr. 60 000 erhöht.
Ist das verständlich? Aus der Verfügung der Ausgleichskasse sollte hervorgehen, wie sich die Vergütung der Krankheits- und Behinderungskosten zusammensetzt. Erheben Sie Einsprache, wenn die Begründung fehlt oder falsch ist.
Freundliche Grüsse
Nadja D’Amico