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Hat der Ehemann Anpsruch auf die Erbschaft der Ehefrau?

Veröffentlicht:
09.02.2022
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Kindes- und Erwachsenenschutz

Guten Tag

Zurzeit erlebe ich folgende Situation:

Ich wurde als Beiständin von einem Ehepaar ernannt. Der Mann ist Rentner und seine Frau ist seit über 10 Jahren arbeitslos. Das Paar lebt seit Jahren von der AHV- und Pensionskassenrente des Ehemannes. Die Ehefrau hat vor ca. 6 Jahren Geld von ihrer Mutter geerbt. Dieses Geld wurde auf ein Sparkonto angelegt, auf welches beide Zugriff haben. Bei finanzieller Knappheit, wurde immer wieder Geld vom Sparkonto bezogen. Da für die monatlichen Ausgaben immer das Einkommen vom Ehemann verwendet wurde, konnte sich dieser nichts ansparen. Zudem befindet er sich zurzeit in einem Pflegeheim. Die Heimrechnungen sind hoch und können von der Rente alleine nicht bezahlt werden. Nun dachte ich mir, dass ich Geld vom Sparkonto dafür verwenden könnte, jedoch möchte die Ehefrau das nicht.

Wie sieht die rechtliche Lage dieser Situation aus?  Ist es tatsächlich so, dass der Ehemann keinen Anspruch auf das Geld der Erbschaft hat, obwohl er seit Jahren für ihren Lebensunterhalt aufkommt?

Vielen Dank schon im Voraus für eine Rückmeldung.

Frage beantwortet am

Karin Anderer

Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz

Grüezi

Nach Art. 159 ZGB verpflichten sich die Ehegatten gegenseitig, das Wohl der Gemeinschaft in einträchtigem Zusammenwirken zu wahren und sie schulden einander Treue und Beistand. Und nach Art. 163 ZGB sorgen die Ehegatten gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie. Das gemeinsame eheliche Einkommen und Vermögen dient als Grundlage, um den ehelichen Unterhalt bestreiten zu können.

Sie haben, sofern Sie auch für die Geltendmachung von Sozialversicherungsleistungen des Ehemanns eingesetzt wurden, einen Anspruch auf Ergänzungsleistungen zu prüfen. Womöglich fliessen keine oder nur reduzierte Ergänzungsleistungen, weil das Renteneinkommen und das Vermögen des Ehepaars bzw. ein Vermögensverzehr in der Berechnung, wo die Ehegattin eingeschlossen ist, berücksichtigt werden (WEL 3142.01 ff.).

So wie der Ehemann die Ehefrau aus seinen Renteneinkommen unterstützt hat, hat die Ehefrau den Ehemann, nach Art. 163 ZGB, aus ihrem Vermögen zu unterstützen.

Unklar ist mir der Umfang Ihrer Beistandschaft, auch ob sie das gesamte Einkommen und Vermögen beider Ehegatten zu verwalten haben. Wenn auch für die Ehefrau eine Einkommens- und Vermögensverwaltung besteht und das Sparkonto unter Ihrer beistandlichen Verwaltung steht, können Sie vom Sparkonto Gelder für die Finanzierung des Lebensunterhalts beider Ehegatten beziehen. Steht das Sparkonto nicht unter Ihrer beistandlichen Verwaltung, müssen Sie sich den Auftrag erweitern lassen oder es sind Eheschutzmassnahmen für den Ehegatten zu prüfen.

Ich hoffe, die Angaben sind hilfreich und ich grüsse Sie freundlich.

 

Luzern, 11.2.2022

Karin Anderer