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Gibt es Vorlagen für Arbeitsveträge im 24h-Schichtbetrieb?

Veröffentlicht:
04.07.2024
Kanton:
Graubünden
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Guten Tag. Ich suche eine Vorlage für einen Arbeitsvertrag im 24h-Schichtbetrieb im Frauenhaus. Wir haben 2 Mitarbeiterinnen, welche sowohl im Tag- wie auch im Nachtbetrieb arbeiten. Tagsüber haben wir üblicherweise ein fixes Pensum, in der Nacht haben wir Nachtpauschalen. Haben Sie Vorlagen für solche Arbeitsverträge? Vielen Dank.

Frage beantwortet am

Andreas Petrik

Expert*in Arbeitsrecht

Guten Tag

Ich kann Ihnen leider nicht mit einer Vorlage dienen. Sie können jedoch auch für die zwei von Ihnen erwähnten Mitarbeiterinnen die Arbeitsverträge verwenden, die sie für die anderen Mitarbeitenden verwenden.

Betreffend die Vergütung bestehen abgesehen von allfälligen kommunalen oder kantonalen Mindestlohnvorschriften keine Vorgaben. In der Regel wird für unterschieden nach Tag- und Nachtdiensten. Für Bereitschaftsdienste sind oft Pauschalen vorgesehen, wobei bei einem Abruf höhere Ansätze vorgesehen sind. Eine Möglichkeit ist, betreffend die Höhe der Vergütung auf das kantonale Lohnsystem zu verweisen.

Unklarheiten können sich in Bezug auf die Anwendbarkeit des Arbeitsgesetzes ergeben. Es bestehen drei Möglichkeiten:

  • Das Arbeitsgesetz ist nicht anwendbar (Frauenhaus ist der Verwaltung oder bei den Mitarbeiterinnen handelt es sich um «Fürsorgerinnen) im Sinne des Gesetzes
  • Das Arbeitsgesetz gilt
  • Es finden besondere Bestimmungen der Verordnung 2 zum Arbeitsgesetz Anwendung (beim Frauenhaus handelt es sich um ein «Heim» im Sinne der Verordnung)

Ob die Arbeitsgesetz für Mitarbeiterinnen gilt oder nicht, hängt von mehreren Faktoren ab. Nicht in den Anwendungsbereich fällt die öffentliche Verwaltung, öffentlich-rechtliche Anstalten mit Rechtspersönlichkeit sind jedoch dem Gesetz unterstellt.

Vom persönlichen Anwendungsbereich ausgenommen sind etwa «Fürsorger» in Anstalten (Art. 3 lit. 3 ArG). Fürsorger oder Fürsorgerinnen können sich über ein Diplom einer anerkannten Fachausbildungsstätte sozial-pädagogischer oder sozial-psychologischer Richtung ausweisen. Gleichwertige Aus- und Weiterbildungsnachweise werden anerkannt (Art. 12 Abs. 3 ArGV1).

In der Wegleitung des Seco zu Art. 12 Abs. 3 ArGV 1 ist dazu festgehalten: Weiter müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein: Grundausbildung mit einem Diplomabschluss, wie z.B. eine Maturität oder ein eidgenössischer Fähigkeitsausweis gefolgt von einer sechsmonatigen Einführungszeit unter Anleitung einer diplomierten Fachperson. Zudem müssen die hier in Frage stehenden Personen an einer Weiterbildung, die mindestens ein bis drei Tage pro Jahr dauert, teilnehmen.

Eine gleichwertige Aus- und Weiterbildung liegt vor, wenn sie auf die Tätigkeit als Fürsorger oder Fürsorgerin ausgerichtet ist. Ausbildungen ohne diesen Bezug sind nicht relevant. Personen im Fürsorgebereich, die sich nicht ausweisen können, haben sich nach den Arbeits- und Ruhezeitvorschriften des Gesetzes zu richten.

Falls es sich bei den Mitarbeiterinnen um Fürsorgerinnen im Sinne von Art. 12 Abs. 1 ArGV 1 handelt, sind für sie die Arbeits- und Ruhezeitbestimmungen nicht anwendbar.

Liegt keine Ausnahme vom Anwendungsbereich des Arbeitsgesetzes vor, stellt sich al nächstes die Frage, ob es sich beim von Ihnen erwähnten Frauenhaus um ein «Heim» im Sinne von Art. 16 ArGV 2 handelt. Art. 16 Abs. 2 nennt unter anderem Unterkunfts- und Versorgungsheime.

In der Wegleitung dazu unter anderem festgehalten: Als Heime und Internate gelten Institutionen, in denen Erwachsene, Jugendliche oder Kinder untergebracht werden und im weitesten Sinne eine Betreuung erhalten. Die Betreuung der Erwachsenen, Jugendlichen oder Kinder kann je nach Art der Institution in verschiedenster Weise erfolgen. Sie kann alle Lebens-bereiche der Insassen umfassen (z.B. in Alters-, Pflege- und Krankenheimen). Sie kann sich aber auch auf bestimmte Bereiche beschränken (z.B. in Anlern-, Ausbildungs- und Beschäftigungs-heimen, Einrichtungen für betreutes Wohnen). Der Begriff der mit der Betreuung der «Insassen» bzw. der Bewohnerinnen und Bewohner beschäftigten Arbeitnehmenden ist weit gefasst. Es fallen alle Arbeitnehmenden darunter, die Dienstleistungen erbringen, welche den Bewohnerinnen und Bewohnern zugutekommen.

Falls die Ausnahmebestimmung von Art. 16 ArGV 2 nicht zu Anwendung gelangt, es sich beim Frauenhaus also nicht um ein Heim im Sinne der Vorschrift handelt, sind im Wesentlichen folgende Punkte zu beachten:

  • Die Nachtarbeit (von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr) muss bewilligt werden
  • Wird weniger als 25 Nächte pro Jahr gearbeitet, ist ein Lohnzuschlag von 25% geschuldet, werden mehr als 25 Nächste pro Jahr gearbeitet, muss ein Zeitzuschlag von 10% gewährt werden (Art. 17b ArG)
  • Der Zeitzuschlag ist in der Arbeitszeiterfassung auszuweisen
  • Nachtarbeit darf während maximal 9 Stunden geleistet werden, und muss inkl. Pausen innerhalb von einem Zeitraum von 10 Stunden liegen
  • Es ist die Zustimmung der Mitarbeiterin nötig

Falls es sich beim Frauenhaus um eine Institution handelt, die unter Art. 16 Abs. 2 ArGV 2 fällt, finden im Wesentlichen folgende Regelungen Anwendung:

  • Keine Bewilligungspflicht
  • Beschäftigung von Mitarbeiterinnen während sieben aufeinanderfolgenden Tagen
  • Überzeitarbeit auch an Sonntagen
  • Herabsetzung der täglichen Ruhezeit auf 9 Stunden, wobei im Durchschnitt von zwei Wochen die durchschnittliche Ruhezeit 12 Stunden betragen muss
  • Nachtarbeit darf in einem Zeitraum von 12 Stunden geleistet werden, falls den Arbeitnehmerinnen eine Ruhegelegenheit zur Verfügung steht
  • Es müssen nur 12 freie Sonntage gewährt werden
  • Der wöchentliche freie Halbtag kann für einen Zeitraum von 8 Wochen zusammenhängend gewährt werden
  • Die Vorgaben betreffend das Einverständnis der Arbeitnehmerin und betreffend den Lohn- oder Zeitzuschlag gelten auch in diesem Falle

Freundliche Grüsse

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