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Gibt es im unten beschriebenen Fall noch Chance auf ALV?

Veröffentlicht:
15.09.2020
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Sie haben am 16.07. eine Frage zur Ausrichtung von ALV durch die Unia beantwortet .

Die Situation ist leider nach wie vor nicht besser. Die Unia besteht auf der Löschung der eigenen Firma im Handelsregister. Ohne diese richtet sie keine Leistungen aus. Auf meine Bitte hin, dies wenigstens zu verfügen, ist die Unia auch nicht tätig geworden. Obschon eine Anfrage, uns auch Informationen zukommen zu lassen, gemacht wurde, erfahren wir nichts, weder von der Unia noch vom RAV. Natürlich müsste ich wieder nachfragen, was aus zeitlichen Gründen noch nicht erfolgt ist. Die Klientin selber hat frustriert aufgegeben sich für ihre Rechte einzusetzen. Sie sagte mir zudem, sie könne auch nicht aus der Firma austreten, da ja noch Schulden beständen. Auch diese Herangehensweise scheint nicht möglich.

Ist es aus Ihrer Sicht aussichtslos, dass die Klientin ALV geltend machen kann?

Frage beantwortet am

Daniel Schilliger

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag Frau Smith

In diesem Admin Link, sind die einzelnen Schritte einer Löschung aufgeführt. Wenn Schulden bestehen wird der Konkurs eröffnet, das kann auch reichen, als Nachweis bei der ALV.

https://www.kmu.admin.ch/kmu/de/home/praktisches-wissen/nachfolge-betriebseinstellung/ende-des-unternehmens/freiwillige-aufloesung/die-einzelnen-schritte.html

Die Frage ist wohl wer die Klientin in diesen wirtschaftlich/rechtlich schwierigen Fragen rund um die Liquidation der Firma (falls sie daran wirklich interessiert ist) und den Abläufen begleiten kann. Ich würde mich mal an das Konkursamt wenden evtl. hat auch die Schuldenberatung Erfahrungen damit.

Betreffend die ALV: Wenden Sie sich an die Vorgesetzte bei der Arbeitslosenkasse, wenn die Sachbearbeitung nichts unternimmt. Daneben bestehen auch die Möglichkeiten einer Aufsichts-, Rechtsverweigerungs- oder Rechtsverzögerungsbeschwerde. Es macht aber meines Erachtens wenig Sinn bei der ALV Druck zu machen, wenn die Klientin ihre Aufgabe (nämlich eindeutige Belege oder Löschung im HR zu organisieren) nicht erledigt hat.

freundlicher Gruss

Daniel Schilliger

Guten Tag Herr Schilliger

Die Klientin hat die Liquidation des Geschäftes im Handelsregister eingetragen. Sie kann sie jedoch nicht weiter vorantreiben, weil ihr die Finanzen fehlen. Etwas weiteres kann sie ja auch gemäss Ihrem Link im Moment nicht tun. Oder sehen Sie eine andere Möglichkeit?

Frage beantwortet am

Daniel Schilliger

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag Frau Smith

Damit erfüllt sie offenbar die Voraussetzungen der ALV. Also müsste bald ein Entscheid zu ihren Gunsten gefällt werden können. Falls sich das weiter verzögert, würde ich empfehlen hartnäckig nachzufragen und allenfalls an die vorgesetzte Person zu gelangen und zu verdeutlichen, dass man nach wie vor Anspruch auf ALE stellt. Nützt das nichts, könnte man eine Aufsichtsbeschwerde oder Rechtsverzögerungsbeschwerde machen, sofern nicht vorher eine negative Verfügung ergeht, die man mit Einsprache anfechten könnte.

Während dem unklaren Verfahren sollte sich die Klientin so verhalten, wie wenn alles schon geklärt wäre. Sie sollte also, weiterhin Arbeitsbemühungen machen und die Arbeitsbemühungsnachweise dem RAV senden. Monatlich sollte sie die Selbsdeklarationsblätter ausfüllen und der ALK zu senden. Damit erfüllt sie die Kontrollpflichten. Zudem vielleicht noch mal schriltich verdeutlichen, dass sie für ein Gespräch beim RAV zur Verfügung steht.

freundlicher Gruss

Daniel Schilliger

Diesen Eintrag zur Liquidation hat die Klientin ja bereits vor längerer Zeit eingereicht. Die mündliche Antwort der Unia war, sie würden erst einsteigen, wenn der Eintrag im Handelsregister gelöscht sei. Leider eben nicht wie erhofft, dass dies zu einer Berechtigung zu ALV führen würde. Eine Verfügung wurde auch nicht ausgestellt, obschon ich dies erfagt habe. 

Was können wir noch tun?

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrte Frau Smith

Tatsächlich muss sehr gut dokumentiert werden, was und dass die Versicherte alles zur Liquidation der Unternehmung beigetragen hat und dazu ergänzen eine Bestätigung (z.B. seitens des Sozialdienstes), dass  eine Löschung oder weitere Schritte aus finanziellen Gründen nicht möglich sind. Wenn insoweit alles mögliche gemacht wurde gilt Folgendes:

Damit sollte ein letztes Mal schriftlich mit einer kurzen Fristsetzung (ca. 7 Tage) eine Verfügung der Arbeitslosenkasse verlangt werden (falls die anderen informellen Interventionen (siehe Antworten von Daniel Schilliger) nichts gefruchtet haben. Darin ist darauf hinzuweisen, dass ohne eine Verfügung eine Rechtsverweigerungsbeschwerde eingereicht werde.

Falls Sie allerdings den in der vorherigen Antwort genannten vorgeschlagenen Schritt der Intervention bei den Vorgesetzen noch nicht getan haben sollten, so lohnt sich dies hier vorab.

Sollte weiterhin nichts geschehen rate ich Ihnen zu einer solchen Rechtsverweigerungsbeschwerde beim kantonalen Versicherungsgericht. Sie sollten mit der Beschwerde den Sachverhalt kurz beschreiben und die Unterlagen, welche die Bemühungen zur Löschung des Unternehmens im HR und die Unmöglichkeit weiterer Schritte wegen der finanziellen Situation dokumentieren, beilegen. Am besten lassen Sie die Beschwerde direkt durch die Klientin unterschreiben. Wenn sie selber unterschreiben: Vollmacht nicht vergessen.

Sie können die Beschwerde umschreiben mit:

Titel: Rechtsverweigerungs-/Rechtsverzögerungsbeschwerde

Begehren:

- Es sei die Rechtsverweigerung/Rechtsverzögerung durch die XY-Arbeitslosenkasse festzustellen.

- Es sei die XY-Arbeitslosenkasse anzuweisen, unverzüglich den Anspruch auf die Arbeitslosenentschädigung zu prüfen und eine entsprechende Verfügung zu erlassen.

Begründung:

- Sachverhalt

- Darstellen (und mit Belegen versehen), welche Schritte getan wurden und weswegen weitere Schritte nicht möglich sind.

Ich hoffe, das dient Ihnen.

Prof. Peter Mösch Payot 

Guten Tag

Nun hat die Unia verfügt. In der Verfügung wird ersichtlich, dass die Klientin als Liquidatorin mit Einzelschriftberechtigung dieser Firma eingetragen ist. Aus diesem Grund geht die Unia davon aus, dass die Frau, weil sie weiterhin die Entscheidungsfindung im Betrieb bestimme und massgeblich beeinflussen könne, keinen Anspruch auf ALE habe. Sie müsste vorher aus der Firma austreten bzw. ihre arbeitgeberähnliche Stellung endgültig aufgeben. 

Meine Frage ist, kann sie dies überhaupt? Wer würde eine verschuldete Firma übernehmen wollen? Und wie könnte sie diese aufgeben, wenn noch Schulden bestehen? Wie könnte sie sie liquidieren ohne Konkurs anzumelden? Und wie könnte sie den Konkurs von Sozialhilfe zahlen?

Es sieht so aus, dass die Klientin einfach früher hätte ihre Firma schliessen sollen, vor Corona, bevor sie in die Schulden geriet.... Doch wer konnte Corona schon voraussehen...

Besten Dank für Ihre Bemühungen und Ihre erneute Stellungnahme!

 

Freundliche Grüsse

Anita Smith

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrte Frau Smith

Wenn sie als Liquidatorin eingesetzt ist, so wurde offenbar die Auflösung der Unternehmung im Sinne des OR (Art. 763 OR) eingeleitet. Das hat tatsächlich zur Folge, dass die Liquidatorin Organstellung hat und so weiterhin eine massgebliche Stellung im Betrieb.

Soll hier ein Anspruch auf Arbeitslosentaggelder entstehen ist es unabdingbar, dass entweder als Liquidatorin eine Drittperson eingesetzt wird, oder dass ein Konkursverfahren eingeleitet wird. Dies führt genau so zur Auflösung der Unternehmung. Einfach in einem staatlichen Verfahren mit der Beteiligung der Konkursverwaltung als Liquidator (Art. 237 SchKG). U.U. wäre auch eine Nachlasstundung möglich mit einem Sachwalter (Art. 318 i.V.m. Art. 305 SchKG). 

Weitergehende Informationen und Unterstützung wäre beim Konkursamt oder einer Beratungsunternehmung für Firmenliquidationen einzuholen. Ev. kann auch eine Schuldenberatungsstelle weiterhelfen.

Freundliche Grüsse

Peter Mösch Payot