Guten Tag
Wir führen eine Beistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung für eine verheiratete Frau, die in einem Heim lebt.
Das Ehepaar ist nicht getrennt, der Ehemann wohnt zu Hause mit einem gemeinsamen Kind. Die Ehefrau bezieht eine ganze IV-Rente, das Kind eine IV-Kinderrrente und der Ehemann ist erwerbstätig. Die EL wird in diesen Fällen trotz ungetrennter Ehe gesondert gerechnet, wobei korrekterweise jeweils die Hälfte der Einnahmen des Ehepartners beim jeweils Anderen angerechnet werden.
Da die Einnahmen des Ehemannes höher sind als die der Ehefrau, reichen ihre eigenen Einnahmen nicht ganz für ihren Lebensunterhalt aus (Heimkosten, Krankenkasse, persönliche Auslagen). Die Ehefrau wäre auf einen monatlichen "Ehegattenunterhalt" von ca. CHF 430.- des Ehemannes angewiesen. Die Zusammenarbeit mit dem Ehemann gestaltet sich als äusserst schwierig und er ist nicht bereit, diesen Beitrag zu leisten.
Ist es möglich, ohne ein Eheschutzverfahren anstrengen zu müssen (zu dem beide Ehegatten nicht bereit sind), bei der EL-Stelle zu verlangen dass diese den gesondert ausbezahlten Betrag für den Ehemann (gemäss Rz 4260.01 WEL) der Ehefrau ausbezahlt?
Freundliche Grüsse
G. Heeb
Sozialdienst Lyss
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrter Herr Heeb
A) Die Berechnung, die hier erfolgt ist, erscheint konform mit den Vorgaben der ELV. Art. 3a ELV besagt nämlich, dass bei Ehepaaren, von denen mindestens ein Ehegatte dauernd oder für längere Zeit in einem Heim oder Spital lebt, die jährliche Ergänzungsleistung für jeden Ehegatten nach den Artikeln 4 und 5 gesondert berechnet wird.
Die Auszahlung erfolgt dann entsprechend der Berechnung an den jeweiligen Ehegatten.
Für eine "Drittauszahlung" oder einen Unterhaltsausgleich fehlen im ELG oder in der ELV besondere Normen.
B) Zur Anwendung gelangen könnte aber eventuell Art. 20 ATSG.
Dieser lautet
Art. 20 Gewährleistung zweckgemässer Verwendung
1 Geldleistungen können ganz oder teilweise einem geeigneten Dritten oder einer Behörde ausbezahlt werden, der oder die der berechtigten Person gegenüber gesetzlich oder sittlich unterstützungspflichtig ist oder diese dauernd fürsorgerisch betreut, sofern:
a. die berechtigte Person die Geldleistungen nicht für den eigenen Unterhalt oder für den Unterhalt von Personen, für die sie zu sorgen hat, verwendet oder dazu nachweisbar nicht im Stande ist; und
b. die berechtigte Person oder Personen, für die sie zu sorgen hat, aus einem Grund nach Buchstabe a auf die Hilfe der öffentlichen oder privaten Fürsorge angewiesen sind.
c) Soweit also mit grosser Wahrscheinlichkeit klar erscheint, dass in Ihrem Fall der Ehemann tatsächlich zum Ehegattenunterhalt im von Ihnen genannten Umfang verpflichtet wäre. Und wenn zusätzlich die Ehefrau wegen Fehlen der Erüfllung der Unterhaltspflicht durch den Ehemann auf Sozialhilfe angewiesen ist, so wären die Voraussetzungen gemäss Art. 20 Abs. 1 und 2 beide erfüllt. Und eine Drittauszahlung an die Ehefrau wäre begründbar.
Die Ausgleichskasse kann aber auch darauf pochen, dass unklar ist, ob ein Ehegattenunterhalt in der entsprechenden Höhe geschuldet ist und könnte die Drittzahlung von einem Eheschutzentscheid abhängig machen.
Ein Versuch unter Verwendung des Drittauszahlungsformulars der AHV mit der entsprechenden Begründung (Ehegattenunterhaltspflicht, nicht bereit dazu, nicht in der Lage dazu) wäre es aber wert.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Prof. Peter Mösch Payot