Sehr geehrter Herr Pärli,
soweit mir bekannt, gibt es - zumindest im OR keine gesetzliche Regelung für betriebliche Abwesenheit aufgrund von ambulanten Untersuchungen. Die meisten Firmen halten ihre Mitarbeiter an, diese in die Freizeit zu verlegen. Mein Klient hat ein IV-Teilrente und arbeitet gemäss Arbeitsvertrag 50 %. Aktuell hat er gesundheitliche Probleme, weshalb er um weitere 20 % krank geschrieben ist. Sein gegenwärtiges Arbeitspensum beträgt 30 %, die Differenz zum tatsächlichen Arbeitspensum wird von der Krankentaggeldversicherung finanziert. Mein Klient arbeitet demnach an 2 Wochentagen, einmal 1, einmal 1/2 Tag. Gibt es eine gesetzliche Regelung für Abwesenheiten, wenn er an diesen Arbeitstagen noch zu ambulanten Untersuchungen gehen muss? Er ist dann nicht krankgeschrieben. Der Arbeitgeber vertritt die Ansicht, dass diese Untersuchungen in die arbeitsfreie Zeit gelegt werden sollten oder vor- resp. nachgeholt werden müssen. Gibt es hierfür eine gesetzliche Regelung?
Besten Dank für Ihre Rückantwort & freundliche Grüsse
Anja Keller
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Sehr geehrte Frau Keller
Gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Nach Art. 329 Abs. 3 hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die „übliche freien Stunden und Tage“ , darunter werden nach der Lehre auch Arztbesuche subsumiert. Bei der Beurteilung, ob ein Anspruch auf Arzt- und/oder Therapiebesuch während der Arbeitszeit besteht, kommt es auf die konkreten Umstände an. Wenn jemand 100% arbeitet und die Therapie nur während der Arbeitszeit angeboten wird, ist der Anspruch in der Regel zu bejahen, wobei auch immer geprüft werden muss, ob die Termine nicht auch in die Freizeit gelegt werden können (zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen gilt es abzuwägen). In vielen Betrieben finden sich auf der Ebene Betriebsreglemente Vorschriften wie mit Arzt- und Therapiebesuche umzugehen ist. Auch ist möglich, dass ein GAV dazu Bestimmungen enthält.
Wenn jemand wegen akuter Schmerzen oder sonstigen dringenden Gründen zum Arzt muss, besteht ein Anspruch auf Lohnfortzahlung während dieser Zeit im Rahmen von Art. 324a OR.
Im vorliegenden Fall liegt soweit ersichtlich keine Aktutsituation vor, diesfalls ist zu prüfen, ob ein Anspruch auf Festlegung der ambulanten Therapien in der Arbeitszeit besteht. Angesichts dessen, dass ein Teilzeitpensum vorliegt und ohne besondere medizinische (oder organisatorische) Notwendigkeit, die Untersuchungen genau am für die Arbeit vorgesehenen Tag durchzuführen, kann dem Arbeitnehmer zugemutet werden die Untersuchung in der Freizeit durchführen zu lassen.
Genügen Ihnen diese Auskünfte?
Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
Kurt Pärli
Besten Dank, Herr Pärli für Ihre prompte Antwort, die mir sehr weiterhilft.
Freundliche Grüsse
Anja Keller