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GAV Bäcker - kein Lohnzzuschlag bei Sonntagsarbeit

Veröffentlicht:
22.11.2021
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Guten Tag

Im GAV Bäcker finden sich zwar ausführliche Regelung zur Vergütung/Zuschlägen bei Nachtarbeit, aber keine für Arbeiten am Samstag, Sonntag oder Feiertagen.

Heisst diese Nicht-Nennung dass keine Zuschläge geschuldet sind, d.h. die Vergütung des Samstags-/Sonntagsverkaufs in einer Bäckerei ist im Grundlohn enthalten?

Der Zuschlag von 50% lt Arbeitsgesetz gilt ja wohl nicht für Betriebe, wo die Sonntagsarbeit "dazu gehört"?
 

Merci im Voraus

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Guten Tag

Gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt: Das Arbeitsgesetz (ArG) und damit verbunden die Vorschriften zur Sonntagsarbeit inkl. Entschädigungen sind grundsätzlich auch auf Bäckereibetriebe anwendbar.

Samstagsarbeit ist der Arbeit an den übrigen Wochentagen gleichgestellt.

Sonntagsarbeit ist grundsätzlich bewilligungspflichtig, wobei zwischen dauernder und vorübergehender Sonntagsarbeit differenziert werden muss (Art. 19 ArG). Bei vorübergehender Sonntagsarbeit ist ein Lohnzuschlag von 50% geschuldet (bei regelmässiger Sonntagsarbeit nicht, weil hier der Zuschlag implizit schon im Grundlohn enthalten ist).

Zur Abgrenzung zwischen vorübergehender und dauernder Sonntagsarbeit:

Sonntagsarbeit ist vorübergehend, wenn sie bei sporadisch vorkommenden Einsätzen nicht mehr als sechs Sonntage, gesetzliche Feiertage inbegriffen, pro Betrieb und Kalenderjahr umfasst (Art. 40 Abs. 3 lit. a Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz, ArGV 1). Ebenfalls vorübergehend ist Sonntagsarbeit, wenn sie aus maximal drei Monate d.h. bis zu 12 Sonntagen befristet ist und einen einmaligen Charakter aufweist (Art .40 Abs. 3 lit. b ArGV 1, vergl. auch SEOC Weigleitung, ArGV 1, 140-2. 

Alle anderen Sonntagsarbeitsformen gelten als "dauerende Sonntagsarbeit".

Art. 27 ArG fest, dass bestimmte Gruppen von Betrieben oder Arbeitnehmer durch Verordnung ganz oder teilweise von den Vorschriften der Art. 9-17a, 17b Abs. 1, 18-20,21,24, 25 31 und 36 ArG ausgenommen werden können. Der Bundesrat hat von dieser Kompetenz Gebrauch gemacht und die Verordnung 2 zum Arbeitsgsetz (ArGV 2) erlassen. Nach Art. 1 dieser Verordnung sind die möglichen Abweichungen von den gesetzlichen Arbeits- und Ruhezeitvorschriften in den nachfolgenden Artikeln festzuhalten.

Weiter relevant ist Art. 4 Abs. 2 ArGV 2, demnach darf  der Arbeitgeber  Arbeitnehmende ohne behördliche Bewilligung ganz oder teilweise am Sonntag beschäftigen wobei Art. 12 ArGV 2 zu bebachten ist (Anzahl freier Sonntage pro Jahr). Die SECO-Wegleitung zur ArGV 2 hält fest: "Dieser  Artikel  befreit  lediglich  von  der  Bewilli- gungspflicht.  Alle  anderen  Bestimmungen  
des Gesetzes und der Verordnung 1 zur Nacht-, Sonntagsarbeit  und  zum  ununterbrochenen  Betrieb bleiben ohne Einschränkung anwendbar." Das bedeutet, dass bei vorübergehender Sonntagsarbeit der Zuschlag von 50% geschuldet ist.

Art. 27 ArGV 2 hält fest:

1 Auf Bäckereien, Konditoreien, Confiserien und die in ihnen mit der Herstellung von Bäckerei‑, Konditorei- oder Confiseriewaren beschäftigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sind die Artikel 4 an zwei Tagen pro Woche für die ganze Nacht, für die übrigen Tage ab 1 Uhr sowie für den ganzen Sonntag sowie die Arti­kel 10 Absätze 4 und 5, 11, 12 Absatz 2 und 13 anwendbar.35

2 Auf die Verkaufsgeschäfte in Bäckereien, Konditoreien, Confiserien und das in ihnen beschäftigte Verkaufspersonal sind Artikel 4 Absatz 2 für den ganzen Sonntag sowie die Artikel 12 Absatz 2 und 13 anwendbar.

3 Bäckereien, Konditoreien oder Confiserien sind Betriebe, die Bäckerei‑, Kondito­rei- oder Confiseriewaren herstellen, einschliesslich der dazugehörigen Verkaufs­geschäfte, sofern diese überwiegend selbst hergestellte Produkte verkaufen.

Auch hierzu hält das SECO fest:

Die  übrigen  arbeitsgesetzlichen  Bestimmungen zur  Nacht-  und  Sonntagsarbeit  sind  einzuhalten (vgl. Kommentar Art. 4 ArGV 2). Das bestärkt die These, wonach der Zuschlag von 50% bei vorübergehender Sonntagsarbeit geschuldet ist, nicht aber bei regelmässiger Sonntagsarbeit.

Aus den vorangehenden Ausführungen entnimmt sich: Der Zuschlag von 50% ist bei bloss vorübergehender Sonntagsarbeit geschuldet, bei dauerender Sonntagsarbeit nicht.

Zu ihrer weiteren Informationen finden Sie hier noch ein Dokument über die in Bäckereien anwendbaren Arbeitsgesetzvorschriften: https://www.gr.ch/DE/institutionen/verwaltung/dvs/kiga/dokumentation/gesetze/Documents/Arbeitszeiten%20B%C3%A4ckerei%20IB.pdf

Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen

Kurt Pärli